Wiesbaden

»Über das Unsägliche sprechen«

Die Vergangenheit nicht vergessen, in der Gegenwart leben, für die Zukunft hoffen ...» Das Zitat des Schoa-Überlebenden und langjährigen ZWST-Direktors Max Willner (1906–1994) dient als Motto der Wanderausstellung Führende Persönlichkeiten aus 100 Jahren Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.

Am Montagabend wurde die Ausstellung im Hessischen Landtag eröffnet. Zugleich fand dort eine Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus statt. Unter den etwa 130 Gästen waren zahlreiche hessische Landtagsabgeordnete und Staatsminister. Frankfurts Bürgermeister und Kämmerer Uwe Becker kam ebenso nach Wiesbaden wie Benjamin Bloch und Aron Schuster von der ZWST.

überlebende Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sprach als Gastredner bei der Gedenkfeier. «In Deutschland hat sich über die Jahrzehnte eine beeindruckende Erinnerungskultur herausgebildet. Es gilt, Errungenschaften dieser Kultur zu bewahren und zugleich neue Wege zu beschreiten», sagte Schuster.

«Sich als Teil der Verantwortungsgemeinschaft zu sehen – das muss in Deutschland unser Ziel für die nachfolgenden Generationen bleiben, egal wo die familiären Wurzeln liegen», fügte der Zentralratspräsident hinzu. Schuster wies darauf hin, dass manche Kinder von Überlebenden der NS-Verfolgung unter den Traumata ihrer Eltern gelitten hätten, «unter dem bleiernen Schweigen in der Familie».

Häufig könnten erst die Enkel einen Zugang zu den Überlebenden gewinnen. «Erst der größere Abstand macht es möglich, über das Unsägliche zu sprechen. Schon allein deshalb wäre das Schlechteste, was wir tun könnten, einen Schlussstrich zu ziehen.»

Eine ganz wichtige Voraussetzung für das Aufrechterhalten der Erinnerungskultur sei ein profundes Wissen über den Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg und die Schoa. Dabei könnten Gedenkstätten eine wichtige Rolle spielen.

pflichtbesuche Schuster erneuerte seinen Vorschlag, Besuche in den Gedenkstätten zur Pflicht für Schüler zu machen. Er habe «wenig Verständnis dafür, wenn mir von allen Ecken nur entgegenschallt, warum solche Pflichtbesuche nicht gehen». Schuster fragte: «Können die zuständigen Minister in den Ländern und die Gedenkstätten nicht zunächst einmal prüfen, wie es gehen könnte? Könnten wir nicht erst einmal in Pilotprojekten Erfahrungen sammeln, bevor wir Nein sagen?»

Das Gleiche gelte für Gedenkstätten-Besuche von Asylbewerbern. «Ich bin davon überzeugt, dass dies in den Integrationskursen einen wichtigen Beitrag dazu leisten könnte, den neu bei uns lebenden Menschen unsere Sicht auf die Nazi-Vergangenheit und unsere Werte nahezubringen», sagte der Zentralratspräsident. epd/ja

Rechtsextremismus

Fragezeichen nach skurriler Rede bei AfD-Jugendkongress 

Wer steckt hinter dem mysteriösen Auftritt des Mannes, der mit einer Rede im Hitler-Stil den Gründungskongress der AfD-Jugend aufmischte? Ihm droht der Parteiausschluss

von Jörg Ratzsch  01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Das Ausmalbuch "From the river to the sea" in einer Buchhandlung in Zürich.

München

Hugendubel streicht antisemitisches Kinderbuch aus Sortiment

»Sofort nach Kenntnisnahme über dessen Existenz« sei das Malbuch entfernt worden, heißt es aus dem Unternehmen

 01.12.2025

Berlin

Karoline Preisler bei Marsch gegen Antisemitismus

»Es ist ganz besonderer Marsch, weil Männer Frauen und Kinder, Menschen aus ganz Deutschland und darüber hinaus zusammengekommen sind«, sagt die Juristin und Politikerin

 01.12.2025

Potsdam

Anne Frank mit Kufiya: Jüdische Gemeinde fordert Ausstellungs-Stopp

Eine Ausstellung im Museum Fluxus+ will Ähnlichkeiten zwischen Palästinensern und Israelis aufzeigen. Doch die Darstellung zieht Kritik aus der Jüdischen Gemeinde und von Brandenburgs Antisemitismusbeauftragten auf sich

 01.12.2025

Interview

»Nach dem Waffenembargo gibt es einiges zu kitten«

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter über den Antrittsbesuch des Bundeskanzlers in Israel, Siedlergewalt im Westjordanland und die Kooperation mit dem Mossad

von Joshua Schultheis  01.12.2025

Hamburg

So reagiert die Politik auf den Rücktritt Stefan Hensels

Wegen der vorzeitigen Amtsaufgabe des Antisemitismusbeauftragten macht die CDU dem rot-grünen Senat schwere Vorwürfe. Der Erste Bürgermeister lobt dagegen die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Beauftragten

von Joshua Schultheis  01.12.2025

Verteidigung

Deutschland stellt Arrow 3 in Dienst

Erstmals kommt das Raketenabwehrsystem außerhalb Israels zum Einsatz

 01.12.2025