Nachruf

Trauer um Benjamin Ferencz

Benjamin Ferencz sel. A. Foto: imago/ZUMA Press

Nachruf

Trauer um Benjamin Ferencz

Der 103-Jährige war der letzte noch überlebende Ankläger der Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse

von Gaby Mahlberg  09.04.2023 14:52 Uhr

Der Chefankläger bei den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen, Benjamin Ferencz, ist tot. Er starb am Freitag in einer Betreuungseinrichtung in Florida, wie US-Medien am Samstag (Ortszeit) unter Berufung auf seinen Sohn Don Ferencz berichteten. Der letzte noch überlebende Ankläger der Prozesse wurde 103 Jahre alt. »Die Welt hat einen Anführer im Kampf für die Gerechtigkeit für Opfer von Genozid und damit verbundenen Verbrechen verloren«, schrieb das US-Holocaust-Museum bei Twitter.

Ferencz wurde 1920 im damals ungarischen Siebenbürgen als Sohn orthodoxer Juden geboren und wanderte als Kind mit seinen Eltern in die USA aus. Er wuchs in bescheidenen Verhältnissen in New York auf und studierte dank eines Stipendiums später an der Elite-Universität Harvard. Der Jurist war nicht einmal 30 Jahre alt, als er Nazi-Kriegsverbrechern in Nürnberg den Prozess machte.

Vom 20. November 1945 an mussten sich in Nürnberg führende Nationalsozialisten und damit erstmals in der Geschichte Vertreter eines Unrechtsregimes vor Gericht verantworten. Die alliierten Siegermächte stellten 21 ranghohe Kriegsverbrecher wie Adolf Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß und Reichsmarschall Hermann Göring vor ein internationales Gericht. Der Prozess endete nach fast einem Jahr mit zwölf Todesurteilen.

Ferencz war Chefankläger in einem der zwölf sogenannten Nachfolgeprozesse, die von 1946 bis 1949 auf das Verfahren gegen die Hauptkriegsverbrecher folgten. 24 führende SS-Leute klagte er unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen an. Vor den Prozessen war er als US-Soldat bei der Befreiung mehrerer Konzentrationslager dabei. Die Sühnung der deutschen Kriegsverbrechen wurde zu seinem großen Lebensthema.

»Es gab bei den Nazis Anweisungen, bei einer Mutter, die ein Baby hält, durch das Baby zu schießen, weil man so beide auf einmal umbringen kann. Das sind Horrorgeschichten, aber sie sind wahr und wir müssen uns mit ihnen beschäftigen, damit sie nicht noch mal passieren«, sagte Ferencz in einem Interview der Deutschen-Presse Agentur im Jahr 2020. »Ich habe das Gefühl, für die Opfer zu sprechen, für ermordete Männer, Frauen und Kinder. Kleinkinder, deren Köpfe an Bäumen zerschellten.«

Vor allem für ein deutsches Publikum sei wichtig, was er zu sagen habe, betonte Ferencz damals: »Ich habe erlebt, dass aus eigentlich anständigen Menschen Massenmörder werden können. Krieg kann das machen. Krieg zerstört jede Form von Moral und wurde trotzdem jahrhundertelang glorifiziert. Ich habe mein Leben damit verbracht, diese Ansicht umzudrehen und dafür zu sorgen, dass das, was immer glorifiziert wurde, als das schreckliche Verbrechen gesehen wird, das es ist.«

Die historische Rolle des Juristen geht über die Bedeutung der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse hinaus. Denn Ferencz fügte nicht nur den Begriff »Genozid« in die Gerichtspraxis ein, er gilt auch als einer der Geburtshelfer des Internationalen Strafgerichtshofs. Mit fast 90 Jahren eröffnete er 2009 symbolisch das erste Plädoyer der Anklage des Gerichts in Den Haag.

»Bens beständiges Streben nach einer friedlicheren und gerechteren Welt umspannte fast acht Jahrzehnte und hat die Art, wie wir auf die schlimmsten Verbrechen der Menschheit reagieren, für immer bestimmt«, sagte die Direktorin des US-Holocaust-Museums. »Er hat in Nürnberg Geschichte geschrieben und tat dies auch weiterhin während seines außerordentlichen Lebens.«

In seiner 2020 erschienenen Biografie formuliert Ferencz selbst es so: »Wir müssen das Recht aller Menschen in jedem einzelnen Land schützen, in Frieden und Würde zu leben. Das ist mein Ziel. Wenn ihr dieses Ziel auch habt: Tut dafür, was immer ihr könnt.«

Berlin

Deutsch-Israelische Gesellschaft kritisiert geplante deutsche Millionenhilfen für UNRWA

Volker Beck: »Hilfe darf nicht über einen Kanal erfolgen, der in die terroristischen Aktivitäten der Hamas verstrickt war und ist«

 18.11.2025

Deutschland

»Das ist Verrat am Vaterland«

Unionsfraktionschef Jens Spahn äußert sich einmal mehr klar zur AfD

 18.11.2025

Riad/Washington

USA liefern F-35-Kampfjets an Saudi-Arabien

Bislang wurden diese in der Region nur an den engen Verbündeten Israel abgegeben

von Christoph Meyer, Cindy Riechau, Franziska Spiecker  18.11.2025

USA

Clinton-Minister zieht sich wegen Kontakt zu Epstein zurück

Der Skandal um den verstorbenen Sexualstraftäter zieht weitere Kreise. Ein früherer Minister kündigt nun wegen seiner persönlichen Beziehung zu Epstein Konsequenzen an

 18.11.2025

New York

UN-Sicherheitsrat billigt Trumps Gaza-Plan

Die Resolution erhält 13 Stimmen, Russland und China enthalten sich. Trump: Es ist ein Moment wahrhaft historischen Ausmaßes

 18.11.2025

Auszeichnung

»Fair auf Israel blicken, ohne Schaum vor dem Mund«

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat den Augsburger Friedenspreis erhalten. In seiner Dankesrede warb er für einen unvoreingenommenen Blick auf den jüdischen Staat

 17.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  17.11.2025

Berlin

Bundesregierung hebt Stopp der Rüstungsexporte nach Israel wieder auf

Die Waffenruhe in Gaza hält seit mehr als fünf Wochen. Die Bundesregierung nimmt das zum Anlass, ihre massiv kritisierte Entscheidung aus dem Sommer rückgängig zu machen

von Michael Fischer  17.11.2025

USA

Kehrtwende? Trump empfiehlt Abstimmung über Epstein-Akten

Der Fall des Sexualstraftäters lässt den US-Präsidenten nicht los. Vor einer Abstimmung im Repräsentantenhaus gibt er einen überraschenden Rat an seine Partei

von Anna Ringle  17.11.2025