Auswärtiges Amt

»Keine Gleichsetzung der Siedlerbewegung mit der Hamas«

Deutschland will extremistische Siedler aus dem Westjordanland nicht mehr einreisen lassen Foto: IMAGO/IlluPics

Erst legte Washington vor, dann zogen mehrere europäische Regierungen, darunter auch die Bundesregierung, nach. Gewalttätige oder »extremistische« israelische Siedler im Westjordanland sollen künftig an der Einreise gehindert werden und keine Visa mehr erhalten.

Zuvor hatte schon Belgiens Premierminister Alexander De Croo, ein Liberaler, gesagt, man sehe doch seit Längerem schon, dass »die Siedler am westlichen Jordanufer vorherige Abkommen nicht respektieren und die Palästinenser von dort vertreiben.« Wer von den Siedlern wegen Gewalttaten verurteilt worden sei, »kommt künftig in unser Land nicht mehr herein«, so De Croo weiter. »Was wir im Nahen Osten sehen, wie dort mit unschuldigen Bürgern umgegangen wird, können wir nicht einfach so geschehen lassen, ohne dass wir reagieren und Maßnahmen treffen.« 

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Auch Antony Blinken war deutlich. »Wir haben die israelische Regierung darauf hingewiesen, dass sie mehr tun muss, um extremistische Siedler, die gewalttätige Angriffe auf Palästinenser im Westjordanland verübt haben, zur Verantwortung zu ziehen. In der vergangenen Woche habe ich in Israel deutlich gemacht, dass die Vereinigten Staaten bereit sind, ihre eigenen Befugnisse auch anzuwenden.« Daher, so Blinken weiter, führe das State Department eine neue Politik der »Visabeschränkung« ein.

Die ziele auf Personen, »von denen angenommen wird, dass sie an der Untergrabung des Friedens, der Sicherheit oder der Stabilität im Westjordanland beteiligt sind, unter anderem durch die Begehung von Gewalttaten oder von anderen Handlungen, die den Zugang der Zivilbevölkerung zu grundlegenden Dienstleistungen und lebensnotwendigen Gütern unangemessen einschränken.  Auch unmittelbare Familienangehörige dieser Personen können von diesen Einschränkungen betroffen sein.«

Die Namen derjenigen, denen die Einreise in die Vereinigten Staaten verwehrt wird, sollen aber nicht vorab publik gemacht werden, hieß es aus dem State Department. Damit wolle man mögliche Straftäter von Gewalttaten abhalten. Im Westjordanland leben zahlreiche amerikanische Staatsbürger.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte, Berlin begrüße es, dass die USA »nun konkrete Maßnahmen in Form von Einreisebeschränkungen ergreifen« würden. Es sei »wichtig, diese Debatte auch auf EU-Ebene voranzutreiben.« Am Montag werde sich auch der Rat der EU-Außenminister des Themas annehmen.

Entscheidungen über die Einreise ausländischer Staatsbürger sind zwar traditionell Sache der Mitgliedsstaaten und nicht der Europäischen Union. Dennoch bemühen sich die 27 EU-Staaten, in der Nahostpolitik eine gemeinsame Linie zu finden. Das klappt aber nicht immer, könnte im vorliegenden Fall aber Teil eines »ausgewogenen Gesamtpakets« der EU sein.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Dass ausgerechnet Deutschland zu den Vorreitern eines Visastopps für israelische Siedler zählt, verblüffte auch den Zentralrat der Juden, der nicht mit Kritik sparte. »Die Problematik der extremistischen Siedler im Westjordanland ist eine innenpolitische Herausforderung Israels und sollte auch als solche behandelt werden. Es trägt nicht zum Frieden bei, dass ausgerechnet die Partei dieser Extremisten in der israelischen Regierung vertreten ist, und das haben wir auch immer wieder angemahnt. Wir warnen aber ausdrücklich vor einer Gleichsetzung der Siedlerbewegung mit der Hamas, die eine islamistische Terrororganisation ist und an globale Islamistennetzwerke andockt«, so der Zentralrat in einer Reaktion am Donnerstag.

Mit der Entscheidung an sich hat der Dachverband kein Problem. »Dass die USA aus einer Position der klaren Haltung vor der UN und als größter militärischer Unterstützer Israels hier klar benennt, dass die extremistischen Siedler Benzin in das Feuer der Hamas gießen, ist absolut richtig. Deutschland und die EU sind nicht in dieser Position und sollten keine Rosinenpickerei betreiben.«

Wie viele Personen am Ende tatsächlich von einem solchen Visa-Bann betroffen wären, ist auch deshalb unklar, weil die genauen Kriterien für den Ausschluss noch nicht bekannt sind. Die Sprecherin der Werteinitiative, Anna Staroselski, sagte auf X (Twitter), dem Vorstoß des Auswärtigen Amtes fehle es »an begrifflicher und inhaltlicher Schärfe«. Es sei falsch, alle Israelis, die im Westjordanland lebten, als »radikale« oder »extremistische Siedler« zu bezeichnen, auch wenn diese Personen nie straffällig oder gewalttätig geworden seien.

Deutschland

Rechtsextremismus beunruhigt Deutsche stärker als Zuwanderer

Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu, während die Angst vor Rechtsextremismus bei Deutschen ohne Migrationshintergrund besonders hoch ist. Was verrät die neue KAS-Studie noch?

 09.12.2025

Medien

Äußerst ungewöhnlicher Schritt: Irans Staatssender gesteht Fehler bei Kriegsberichterstattung ein

Nach dem Krieg gegen Israel gesteht der Präsident des iranischen Staatssenders eine Falschmeldung ein. Die Hintergründe

 09.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 09.12.2025

Naher Osten

Bericht: Keine Rolle für Tony Blair bei Gaza-Friedensrat

Anstelle Blairs ist der bulgarische Diplomat und ehemalige Nahostgesandte Nickolay Mladenov im Gespräch, wie die »Financial Times« vermeldete

 09.12.2025

Frankfurt am Main

Lufthansa Cargo stoppt Militärtransporte nach Israel

Während die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem eine Annäherung erleben, ist dies im Luftfahrt-Bereich nicht der Fall. Warum?

 08.12.2025

Berlin

Presseschau zum Israel-Besuch von Kanzler Friedrich Merz

Wie bewerten deutsche Leit- und Regionalmedien Merz‘ Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu?

 08.12.2025

Toronto

Miriam Mattova aus Uber geworfen, weil sie Jüdin ist

»Was passiert ist, ist nicht nur ein unangenehmer Moment. Es ist eine Erinnerung daran, warum es wichtig ist, sich zu äußern«, sagt das Model

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Jerusalem

Ein neuer Sound?

Unterwegs mit Bundeskanzler Friedrich Merz bei seiner Antrittsreise in Israel

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025