Judenhass

Toronto erinnert an Christie Pits Riot

Jahrzehnte später leben im Christie Pits Park Obdachlose. Auch kommt es hier zu Demonstrationen. Foto: IMAGO/Pond5 Images

Die kanadische Stadt Toronto gedenkt diesen Monat Juden und Angehörigen anderer Minderheiten, die im Rahmen eines antisemitisch-rassistischen Gewaltausbruchs vor 90 Jahren verletzt wurden. Im Jahr 1933, nur Monate nach Hitlers Machtübernahme in Berlin, kam es im Christie Pits Park zu den schlimmsten ethnischen Ausschreitungen in der Geschichte Kanadas.

»Wir versuchen, die jungen Juden Torontos und die jungen Italiener Torontos zu ehren, die zusammenkamen, um Nein zu den Nazi-Sympathisanten zu sagen, die immer versuchten, die neuen Einwanderer anzugreifen«, erklärte Stadtrat Mike Colle, der in kanadischen Medien zitiert wurde. »Deshalb halten wir es für wichtig, diesen Tag zu begehen.«

Gefahren des Hasses Colle organisierte eine Gedenkveranstaltung am Mittwoch (Ortszeit), bei der es neben einem Baseball-Spiel ein Klezmer-Konzert gab. Essen und Familienaktivitäten wurden angeboten. Die Besucher sollten die Verbindung zwischen Juden und nichtjüdischen Italienern feiern. Zudem sollte bei dem Event auf die Gefahren des Hasses hingewiesen werden. Auch heute sind die Juden von Toronto die am meisten von Hassverbrechen betroffene Minderheit der Stadt.

Für die Organisation Ontario Jewish Archives äußerte sich deren Direktorin Dara Solomon: »Angesichts des aktuellen Klimas des zunehmenden Judenhasses ist es wirklich wichtig, die Menschen an dieses historische Ereignis zu erinnern - und daran, dass solche Dinge in einer gesetzestreuen Gesellschaft passieren können, wenn man dem Hass freien Lauf lässt.«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

An Schulen in Toronto entstand kürzlich ein Theaterstück, das Schülern auf den Christie Pits Riot und dessen Lehren aufmerksam machen soll. Die Produktion soll nun durch die gesamte Provinz Ontario touren.

Italienische Einwanderer Die Gewalt begann am 16. August 1933 nach einer Softball-Partie. Fans des St. Peter’s Team, das vorwiegend aus katholischen Sportfans bestand, beschimpften jüdische Mitglieder des gegnerischen Teams Harbord Playground. Schnell bekämpften sich die Hasser und jüdische Fans, die von italienischen Einwanderern unterstützt wurden. Aus diesen ethnischen Gruppen bestand auch die Harbord-Mannschaft.

Der Mob der Judenhasser bestand zu einem nicht unerheblichen Teil aus Mitgliedern des Swastika Clubs, der unmittelbar nach der Machtübernahme der Nazis im fernen Deutschland gegründet wurde. Seine Mitglieder trugen Hakenkreuz-Abzeichen und bedrohten die jüdische Community. Eine Atmosphäre des Hasses entstand.

Dieser Club und vergleichbare Organisationen wollten die jüdische Bevölkerung in Toronto vom öffentlichen Leben ausschließen. Von den kanadischen Nazis wurde diese auch für die als Great Depression bekannte, schwere Wirtschaftskrise verantwortlich gemacht - ganz nach dem Vorbild der deutschen Nationalsozialisten, die »die Juden« ebenfalls zum Sündenbock für das Übel der Welt machten - und dies zunehmend heute wieder tun.

Arme Arbeiterfamilien Damals bestand die jüdische Community in Toronto vorwiegend aus armen Arbeiterfamilien. Ihre Angehörigen begaben sich in den Sommermonaten oft an Badestellen am Ontariosee, um sich nach der Arbeit oder nach der Schule abzukühlen. Auch dies war den Nazis des Swastika Clubs ein Dorn im Auge. Juden forderten dessen Auflösung, da sie sich bedroht fühlten. Nach Protesten gegen den Hass und Aufmärschen der Nazis eskalierte die Situation zusehends.

Warnungen, wonach es bei dem Ballspiel am 16. August 1933 zu »Problemen« kommen könnte, wurden von der örtlichen Polizei ignoriert. Dann kam es zum Gewaltausbruch. Nach einem Bericht des Toronto Daily Star wuchs plötzlich ein »Heil Hitler« schreiender, großer Mob heran, der Juden angriff. Viele Menschen, darunter auch unbeteiligte Augenzeugen, wurden verletzt.

Nach den Ausschreitungen sprach sich der Bürgermeister von Toronto, William James Stewart, gegen die Zurschaustellung von Hakenkreuzen aus, woraufhin eine Deeskalation erfolgte. Seit 2008 erinnert eine Gedenktafel im Christie Pits Park an die Ereignisse von 1933.

Ums Leben kam niemand beim Christie Pits Riot. Die antisemitischen und rassistischen Ausschreitungen gegen Juden und nichtjüdische Einwanderer aus Europa zeigen jedoch, wie schnell Vorurteile und offen zur Schau getragener Hass zu Gewalt führen können.

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Der Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

München

LMU sagt Veranstaltung zu palästinensischer Wissenschaft ab

Die Universität verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass es erhebliche Zweifel gegeben habe, »ob es sich um eine wissenschaftliche Veranstaltung auf dem erforderlichen Niveau gehandelt hätte«

 19.11.2025

Internet

Expertin: Islamisten ködern Jugendliche über Lifestyle

Durch weibliche Stimmen werden auch Mädchen von Islamistinnen verstärkt angesprochen. Worauf Eltern achten sollten

 19.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Religion

Rabbiner: Macht keinen Unterschied, ob Ministerin Prien jüdisch ist

Karin Priens jüdische Wurzeln sind für Rabbiner Julian-Chaim Soussan nicht entscheidend. Warum er sich wünscht, dass Religionszugehörigkeit in der Politik bedeutungslos werden sollte

von Karin Wollschläger  19.11.2025

Riad/Istanbul

Scheinbar doch kein Treffen zwischen Witkoff und Hamas-Führer

Es geht um die Umsetzung der nächsten Schritte des Trump-Plans. Den zentralen Punkt der Entwaffnung der Hamas lehnt die Terrororganisation ab

 19.11.2025 Aktualisiert

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025