Meinung

»The Wall« gegen die Wand gefahren

Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):

Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.

Fliegende Schweine sind seit dem Album »Animals« ein Markenzeichen der Band Pink Floyd. Noch heute, nachdem die Band schon längst nicht mehr auftritt, lässt Ex-Frontmann Roger Waters am Ende seiner Show »The Wall Live« einen borstigen Paarhufer aufsteigen, als Symbol für Hass und Unterdrückung, das dann vom Publikum zerstört wird. Auf Waters’ Schwein sind Firmenlogos und politische Slogans zu sehen – und ein Davidstern. Waters, der ohnehin gerne und hart Israel attackiert, benutzt ein offensichtliches Symbol des Antisemitismus.

davidstern Vor seinem Düsseldorfer Konzert hat die dortige jüdische Gemeinde zu einem Boykott aufgerufen. Die Anti-Defamation League in den USA hingegen hat das Schwein als unglücklich gewählt bezeichnet, aber nicht als antisemitisch. Und Konzertveranstalter Marek Lieberberg sagt bedauernd, Waters bleibe stur und wolle auf das Schwein nicht verzichten. Stattdessen hat er es noch mit einem Kreuz und einem Halbmond bemalt. So wird die unangenehme Verschweinung Israels in eine unscharfe und banale Kritik der organisierten Religion umgewandelt, quasi zum oh-so-gefährlichen Gegenstück zu »Coexist« mit den gleichen Symbolen, die U2 bei ihren Konzerten zeigt. Aber so wenig, wie Bono bislang den Weltfrieden errungen hat, so wenig werden Roger Waters’ Auftritte in Berlin und Düsseldorf in dieser Woche den Staat Israel vernichten.

Das ist beruhigend, aber die schmerzhafte Assoziation zur »Judensau« bleibt. Dass Waters’ Tournee ein Erfolg wird, hängt vermutlich nicht mit seiner Schweineaktion zusammen. Die Menschen kommen trotz der antisemitischen Symbolik. Dieses »trotz« ist wichtig. Das Problem ist nämlich nicht das Schwein. Es ist der Blödsinn, der üblicherweise ignoriert wird, solange der Ton stimmt, oder mit dem mythischen Label »politisch streitbar« versehen wird, damit man noch Markt- und Schockwert aus dem letzten Müll pressen kann.

Dabei hat »The Wall« mit Aufmerksamkeitstrash eigentlich nicht viel zu tun. Das Album war, als es 1979 erschien, ein intimes Statement zu Entfremdung und Verlust. Bei allem Gitarrengegniedel gab es selten schönere Songs über den traurigen Wunsch nach Wärme. Heute aber gibt es bei Waters nur noch Überwältigung ohne Rücksicht. Er schreibt mit seiner Show die Geschichte des eigenen Albums um. Das ist der eigentliche Skandal.

Der Autor ist freier Journalist in Berlin.

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  04.05.2025

Brandenburg

1200 Menschen gedenken der Befreiung des KZ Ravensbrück

28.000 Menschen wurden in dem Konzentrationslager während der Schoa getötet

 04.05.2025

Umfrage

48 Prozent der Deutschen für AfD-Verbot

61 Prozent der Befragten halten die Partei außerdem für rechtsextrem

 04.05.2025

Meinung

Noch Zweifel?

Auch vor der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem war ihre antidemokratische Haltung offenkundig. Jetzt muss das Verbotsverfahren gegen die Partei endlich in die Wege geleitet werden

von Monty Ott  02.05.2025

München

Anschlag auf jüdisches Zentrum 1970: Rechtsextremer unter Verdacht

Laut »Der Spiegel« führt die Spur zu einem inzwischen verstorbenen Deutschen aus dem kriminellen Milieu Münchens

 02.05.2025

Meinung

Israelfeinde gegen Pressefreiheit

Journalisten sind immer häufiger Anfeindungen von »propalästinensischen« Aktivisten ausgesetzt. Das ist auch ein Angriff auf das Fundament unserer Gesellschaft

von Erica Zingher  02.05.2025

Interview

»Deutschlands Vorbildrolle steht radikal infrage«

Oliver von Wrochem über 80 Jahre Kriegsende, eine stärker werdende AfD und NS-Gedenkstätten als gesellschaftspolitische Akteure

von Sebastian Beer  02.05.2025

Auszeichnung

Margot Friedländer erhält Großes Verdienstkreuz

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erhält das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik. Steinmeier würdigt ihr Lebenswerk als moralische Instanz

 02.05.2025

Berlin

Was bedeutet die neue Einstufung für die AfD?

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Schritt des Verfassungsschutzes, die gesamte Partei als gesichert rechtsextrem einzustufen

von Anne-Beatrice Clasmann  02.05.2025