Justiz

Sucharit Bhakdi wegen Volksverhetzung angeklagt

Der umstrittene Mediziner Sucharit Bhakdi bei einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Wien im Februar Foto: imago images/SEPA.Media

Der umstrittene Mediziner Sucharit Bhakdi muss sich vor Gericht wegen des Verdachts der Volksverhetzung verantworten. Das gab die schleswig-holsteinische Generalstaatsanwaltschaft am Donnerstag bekannt.

Der seit 2012 emeritierte Medizinprofessor, der in Kiel lebt, gehörte in den letzten zwei Jahren zu den führenden Köpfen der Coronaleugnerszene in Deutschland. Gemeinsam mit seiner Frau, der Biochemikerin Karina Reiß, hat er in jüngster Zeit mehrere Bücher zur Corona-Epidemie veröffentlicht.

JUDEN UND ISRAEL In einem Videointerview im vergangenen Jahr hatte Bhakdi die Behauptung aufgestellt, Israel sei wegen seiner Impfkampagne die »Hölle auf Erden«. Weiter sagte er, die Juden seien ein »Volk, das geflüchtet ist aus diesem Land, aus diesem Land, wo das Erzböse war, und [sie] haben ihr Land gefunden, haben ihr eigenes Land in etwas verwandelt, was noch schlimmer ist, als Deutschland war«. Das »Schlimme an den Juden«, sagte Bhakdi weiter, sei, dass sie sehr lernfähig seien. »Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt – und umgesetzt.«

Die Aussagen Bhakdis wurden weithin als antisemitisch gewertet. Umstritten war zunächst aber, ob sie strafrechtlich von Relevanz seien. Die Staatsanwaltschaft Kiel verneinte dies und vertrat die Auffassung, die Äußerungen Bhakdis überschritten »nicht die Schwelle zu einer gemäß § 130 Abs. 1 StGB (Volksverhetzung) verfolgbaren Straftat«.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Nach Protesten gegen diesen Entscheid zog die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein das Verfahren an sich und führte eigene Ermittlungen durch. Diese sind nun zum Abschluss gekommen. Bhakdi wird sich nun beim Amtsgericht Plön wegen des Verdachts der Volksverhetzung in zwei Fällen verantworten müssen, wie die Behörde mitteilte.

ZWEI FÄLLE Ihm werde zur Last gelegt, »im Rahmen eines im Internet veröffentlichten Interviews im April 2021 im Zusammenhang mit kritischen Äußerungen über die Impfpolitik Israels mit generalisierenden Aussagen auch gegenüber in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden zum Hass aufgestachelt und diese als religiöse Gruppe böswillig verächtlich gemacht zu haben«, teilte die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig mit.

Außerdem wird dem 76-Jährigen vorgeworfen, anlässlich einer Wahlkampfveranstaltung am 24. September 2021 in Kiel eine Rede gehalten zu haben, in der er die Zulassung von COVID-19-Impfstoffen in Verbindung mit einem »Endziel« bezeichnete und von einem »zweiten Holocaust« sprach. Dadurch, so die Ermittler, werde das Schicksal von Juden unter der NS-Herrschaft verharmlost.

Bhakdi trat zur Bundestagswahl für die Kleinstpartei »Die Basis« an, die es aber nicht ins Parlament schaffte.

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Vor 80 Jahren

Zentralrat der Juden: Nürnberger Prozesse waren Wendepunkt

Es waren hochrangige NS-Kriegsverbrecher, die vor 80 Jahren in Nürnberg vor Gericht standen. Was diese Prozesse aus Sicht des Zentralrats der Juden bedeuten - auch heute

von Leticia Witte  21.11.2025

Paris

EJC warnt vor wachsender Radikalisierung junger Menschen im Netz

»Hass ist viral gegangen«, sagt Moshe Kantor, der Präsident der Organisation

 21.11.2025