»Nordadler«

Seehofer geht gegen Neonazi-Gruppierung vor

Im Zuge des bundesweiten Verbots der rechtsextremistischen Vereinigung »Nordadler« hat es auch eine Razzia im südniedersächsischen Herzberg am Harz gegeben. Foto: dpa

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die vor allem online aktive Neonazi-Gruppierung »Nordadler« verboten. In Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Brandenburg und Niedersachsen rückten am Dienstagmorgen insgesamt rund 300 Polizisten zu Razzien bei sieben führenden Vertretern der Gruppe an. Das Bundesinnenministerium rechnet der vor allem online agierenden rechtsextremistischen Gruppe mehrere Dutzend Mitglieder zu.

Innerhalb der ersten Stunden wurden laut Ministerium weder Waffen noch Sprengstoff gefunden, allerdings ein Baseballschläger. »Beschlagnahmt wurden in erster Linie PCs, Laptops und Handys«, sagte ein Sprecher. »Darüber hinaus wurden NS-Literatur, Reichskriegsflaggen und andere Devotionalien wie Stahlhelme gefunden.« Es habe weder Festnahmen noch Zwischenfälle gegeben. »Die Betroffenen zeigten sich überwiegend kooperativ.«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

»Vereine und Gruppierungen, die Hass und Hetze verbreiten und die Wiedererrichtung eines nationalsozialistischen Staates herbeisehnen, werde ich verbieten«, erklärte Seehofer. »Rechtsextremismus und Antisemitismus haben bei uns keinen Platz, weder in der realen noch in der virtuellen Welt.«

Die Gruppe verfolgt nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums eine nationalsozialistische Ideologie und firmiert auch unter den Bezeichnungen »Völkische Revolution«, »Völkische Jugend«, »Völkische Gemeinschaft« und »Völkische Renaissance«. Die Rechtsextremisten bekennen sich demnach zu Adolf Hitler und anderen wichtigen Vertretern des Nazi-Regimes und nutzen einschlägige Symbole und Sprache.

Unter diesen unterschiedlichen Namen verbreitet »Nordadler« völkische Propaganda im Internet und in Chatgruppen. »Der Anführer der Gruppe versucht hier gezielt jüngere Internetnutzer anzuwerben, zu indoktrinieren und damit Verfassungsfeinde zu schaffen«, so das Innenministerium, das sich bemüht, die Seiten zu sperren und zu löschen. Auf einschlägigen Internetauftritten wurde Israel am Dienstag noch als »Terrorstaat« bezeichnet. In lyrischen Wortgirlanden wurde da gewarnt vor »halb-dunklen Gewässern der Ungewissheit und der Heuchelei«, und bekräftigt, man wolle einen Beitrag leisten, »dass die guten deutschen Seelen nicht ins Verderben gerissen werden, von einer falschen Flamme, einem falschen Geist«.

Die Gruppe wird als ausgeprägt antisemitisch beschrieben. Der Anführer habe in einer öffentlichen Gruppe des Messenger-Dienstes Telegram Sympathien geäußert für den Anschlag auf die Synagoge in Halle, so das Ministerium. Die Gruppierung habe eine aggressive Grundhaltung, die sich etwa in Fantasien über Gewalt gegen Polizisten ausdrücke.

Beim Attentat von Halle hatte ein 28-jähriger Deutscher im vergangenen Oktober versucht, in ein jüdisches Gotteshaus einzudringen. Als das misslang, tötete er auf der Straße und in einem Döner-Imbiss zwei Menschen. Er muss sich ab Juli vor Gericht verantworten.

Das Verbot von »Nordadler« ist laut Ministerium das 20. Verbot einer rechtsextremistischen Vereinigung durch einen Bundesinnenminister und das dritte in diesem Jahr. Im Januar wurde der Verein »Combat 18« verboten und im März die Reichsbürger-Vereinigung »Geeinte deutsche Völker und Stämme«.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Mathias Middelberg (CDU), lobte das Verbot. »Wer trotz des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs den Nationalsozialismus auch heute noch verherrlicht und antisemitische Anschläge wie den in Halle gutheißt, muss die ganze Härte des demokratischen Rechtsstaats zu spüren bekommen«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. dpa

Jubiläum

Stimme der Demokratie

Vor 75 Jahren wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Heute hat das Gremium vielfältige Aufgaben und ist unverzichtbarer Teil dieses Landes

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Meinung

Sánchez missbraucht ein Radrennen für seine Israelpolitik

Dass Spaniens Regierungschef die Störer der Vuelta lobte, ist demokratieschwächend und gehört zu seinem Kalkül, Israel weltweit zu isolieren

von Nicole Dreyfus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Zentralrat

Schuster: Zwei-Staaten-Lösung nach Friedensverhandlungen mit Israel

Ein jeweils selbstständiger Staat Israel und Palästina - dafür spricht sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland aus. Unter bestimmten Voraussetzungen

von Leticia Witte  17.09.2025

Köln

Antisemitische Ausschreitungen bei Kreisliga-Spiel

Spieler des Vereins Makkabi wurden offenbar beschimpft, bespuckt und körperlich attackiert

 17.09.2025

Antisemitismus

Berliner Treitschkestraße wird am 1. Oktober umbenannt

Der Straßenname erinnert künftig an die im KZ Theresienstadt gestorbene ehemalige Direktorin des früheren jüdischen Blindenheims von Steglitz, Betty Katz (1872-1944)

 17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Ahmetovic: Berlin muss Weg für Israel-Sanktionen freimachen

Der SPD-Politiker fordert, dass die schwarz-rote Koalition ihre »Blockadehaltung« beendet und die Vorschläge von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für konkrete Maßnahmen gegen den jüdischen Staat unterstützt

 17.09.2025