Waffenhandel

Schweres Geschütz

Ziel Israel? Scud-Raketen haben eine Reichweite von bis zu 700 Kilometern und können problemlos Städte im Heiligen Land treffen. Foto: Reuters

Sie ist 11,25 Meter lang, hat einen Durchmesser von knapp 90 Zentimeter und wiegt nahezu 6.500 Kilogramm. Eine Scud-Rakete ist kein Leichtgewicht. Genau diese Waffe soll Israels nördlicher Nachbar Syrien in den vergangenen Wochen an die islamistische Terrororganisation Hisbollah geliefert haben. Beweise dafür gibt es bisher nicht. Dennoch warnte der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak, dass sich mit dieser jüngsten Aufrüstung das strategische Gleichgewicht zwischen der Schiitenmiliz und Israel verschiebe. Die Boden-Boden-Raketen könnten auch gegen die israelische Luftwaffe eingesetzt werden.

Aus dem Nachbarland Libanon, wo die Hisbollah mit in der Regierung sitzt, kam prompt das Dementi: Premierminister Saad Hariri nannte die Raketenlieferung eine »Lüge«, auch Armeechef Jean Kahwaji will von Scud-Raketen nichts wissen. Inzwischen zweifeln sogar Sicherheitsexperten in Tel Aviv an der Meldung, die Hisbollah habe aus Damaskus Scuds erhalten. Denn diese Waffen seien für den Einsatz durch Guerillatruppen nicht geeignet: zu sperrig und schwierig zu betanken.

Billig »Es ist in der Tat technisch und logistisch nicht so einfach, solche großen Raketen einfach mal von A nach B zu transportieren«, sagt Pieter D. Wezeman vom »Stockholm International Peace Research Institute« (SIPRI) im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. Der Experte für Waffenverbreitung betont, dass die Scudraketen nicht nur über die Landesgrenze transportiert, sondern auch an der UN und der israelischen Armee vorbei geschmuggelt werden müssen. »Und das wäre schon aufgefallen.« Allerdings, sagt Wezeman, sei es generell leicht, sich Waffen auf dem Weltmarkt zu verschaffen und sie weiterzuverkaufen. »Rüstungsgüter sind nicht besonders teuer, und man findet immer jemanden, der korrupt genug ist und mal ein Auge zudrückt.«

Wie im Herbst 2009, als die israelische Marine den unter karibischer Flagge fahrenden Frachter »Francop« mit bis zu 300 Tonnen Waffen und Munition an Bord im Hafen von Haifa festhielt. Die Lieferung war als zivile Fracht getarnt und sollte laut israelischen Angaben vom Iran an die Hisbollah gehen, darunter Kurzstreckenraketen vom Typ Katjuscha. Doch inzwischen hat die Hisbollah aufgerüstet: Sie verfügt zum Beispiel über Mittelstreckenraketen vom Typ Fateh-110 mit einer Reichweite bis zu 200 Kilometern.

Iran-Connection Eine besondere Rolle bei der Aufrüstung der Islamisten spielt offenbar der Iran. Vor vier Jahren hatte ein Hisbollah-Vertreter der BBC gesagt, Teheran verfüge sogar über eigene Truppen im Libanon. Der libanesische Finanzminister sagte damals dem britischen Nachrichtensender, dass Geld aus dem Iran direkt an die Hisbollah fließe. Das Land gilt auch als Quelle für Waffen. Aber auch aus China, so wird vermutet, werden vereinzelt Raketen geliefert. Und im Zusammenhang mit der möglichen Lieferung von Scud-Raketen an die Terroristen weisen israelische Beobachter darauf hin, dass sich kürzlich Irans Präsident Machmud Ahmadinedschad mit Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah beim syrischen Präsidenten Baschar al-Assad getroffen habe.

Drogenhandel Ob Iran oder China: Der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld betont, dass der Waffenhandel – legal oder illegal – auf der ganzen Welt floriere: »Das ist eine größere Industrie als der Handel mit Nahrungsmitteln.« Er kenne kein Land, das nicht mit Waffen Geschäfte mache, ob im Stück oder in Einzelteile zerlegt. »Terroristische Organisationen bauen sich ihre Waffen oft selbst zusammen, wie die Hamas es mit den Kassams im Gazastreifen tut«, sagt der Forscher. Woher genau diese Teile kämen, das ließe sich zumeist nicht feststellen. Ein offenes Geheimnis ist aber, woher Oranisationen wie Hamas oder Hisbollah das Geld bekommen, um sich Raketen und ähnliche Waffensysteme zu kaufen oder den Schmuggel zu finanzieren: Sowohl Pieter D. Wezeman von SIPRI als auch Militärhistoriker Martin van Creveld sind sich sicher, dass Spenden eine zentrale Rolle spielen, aus den eigenen Reihen und aus dem Iran. »Andere Terrororganisationen wie die Taliban in Afghanisten beschaffen sich Geld mit dem Handel von Drogen, sagt van Creveld. Auch Raubüberfälle dienten der Finanzierung: »Das haben schon die russischen Kommunisten vor dem Ersten Weltkrieg gemacht.« Van Creveld warnt aber davor, den immer noch unbestätigten syrischen Waffenschmuggel allzu hoch zu bewerten: »Die Hisbollah kann sich mit der israelischen Armee nicht vergleichen. Wir haben einen großen Verteidigungsetat und eine sehr gut ausgerüstete Armee.«

Und was ist mit der ultimativen Waffe, der Atombombe, über die der Iran wohl bald verfügen wird? Laut van Creveld ist das keine ernsthafte Bedrohung für Israel. »Wir haben das, was man braucht, um sich zu verteidigen.« Einen militärischen Erstschlag schließt der Historiker deshalb kategorisch aus. Israel werde oft als kriegslüsternes Land bezeichnet, sagt van Creveld. »Doch alles, was wir wollen, ist Ruhe!« Nur in »Ausnahmesituationen«, greife man zu den Waffen – um sich zu wehren.

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

 30.04.2025

Bern

Schweiz verbietet Terrororganisation Hamas

Deutschland hat die Terrororganisation schon kurz nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 verboten. Die Schweiz zieht jetzt erst nach

 30.04.2025

Den Haag

USA rechtfertigen vor UN-Gericht Israels Blockade humanitärer Hilfe

Israel habe ein berechtigtes Sicherheitsinteresse, sagt der Rechtsvertreter aus Washington D.C.

 30.04.2025

Regierung

Mit Davidstern ins Kabinett

Karin Prien wird Deutschlands erste Bundesministerin mit jüdischen Wurzeln. Erst seit wenigen Jahren spricht die CDU-Politikerin öffentlich über ihre Familiengeschichte

von Michael Thaidigsmann  30.04.2025

Iran

Mullahs lassen angeblichen Mossad-Informanten hinrichten

Die Zahl der Hinrichtungen hat in den vergangenen Jahren drastisch zugelegt

 30.04.2025

Buenos Aires

Argentinien stellt Dokumente über geflohene Nazis online

Viele hochrangige Nationalsozialisten flohen nach dem Zweiten Weltkrieg vor Strafverfolgung – vor allem nach Südamerika. In Argentinien sind Dokumente zu den NS-Tätern nun digital zugänglich

 30.04.2025

Hanau

Antisemitisches Plakat an Schule: Staatsschutz ermittelt

In einem angrenzenden Park gab es eine Veranstaltung der Jüdischen Gemeinde. Besteht ein Zusammenhang?

 30.04.2025

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025