Machtfrage

Schutzengels Mut

Wenn sich der Bundesadler für den Glauben stark machen will, dann muss er vor allem Courage zeigen. Foto: imago / Fotolia (Montage)

Volker Kauder geht es um Großes: Der Vorsitzende der CDU/ CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat vor Kurzem gefordert, Deutschland solle »Schutzmacht der Religionsfreiheit« werden. Alle, die für Demokratie und Menschenrechte eintreten, werden dieses Vorhaben unterstützen. Religionsfreiheit ist Bestandteil des Grundgesetzes und der Verfassungen der westlichen Staaten.

Daher könnte Kauders Vorstoß ein Beweggrund für rechtsstaatlich verfasste Staaten sein, den deutschen Wunsch nach einer ständigen Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat zu unterstützen. Zudem ist diese Überlegung ein Signal der Hoffnung für alle religiösen Minderheiten. Deutschland als glaubwürdige Schutzmacht der Religionsfreiheit würde deren Aussicht verbessern, in Zukunft ihren Glauben ohne Drangsalierungen ausüben zu können.

Toleranz Wie dringend geboten ein solches Vorhaben ist, zeigte sich vergangene Woche. In Pakistan wurde der Minister für religiöse Minderheiten auf offener Straße ermordet – hingerichtet, vermutlich von Taliban. Sein »Vergehen«: Der Katholik Shahbaz Bhatti hatte sich für Änderungen an einem Gesetz gegen Gotteslästerung ausgesprochen. Es stellt Blasphemie (zum Beispiel die Entweihung des Korans) unter Todesstrafe. Bhattis Einsatz für mehr Toleranz hat ihn offenkundig das Leben gekostet.

Ohne Zweifel ist die Religionsfreiheit weltweit bedroht. Und auf der Hand liegt, durch wen: Bei einer Menschenrechts-Konferenz der UN legten die islamischen Länder einen Antrag vor. An die Stelle der Religionsfreiheit soll künftig der Schutz der Religion treten. Schutz der Religion? Das heißt im Klartext: Zementierung des Islam und nicht Schutz des einzelnen Gläubigen. Die Folge wäre beispielsweise, dass ein Einzelner nicht mehr konvertieren dürfte. Nach dem Motto »Einmal Muslim, immer Muslim«. Doch der Kern der Religionsfreiheit ist nun mal, dass das religiöse Bekenntnis des Individuums als unverletzlich zu gelten hat.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Keineswegs. Denn die 57 islamischen Staaten sind ein wichtiger politischer Machtfaktor, auch bei den Vereinten Nationen. Diese Länder und ihre Regierungen repräsentieren mehr als eine Milliarde Muslime. Sie verfügen über die größten Energiereserven der Welt. Eine Reihe von Golfstaaten, insbesondere Saudi-Arabien, kann deshalb wirtschaftlich erheblichen Druck ausüben.

Bahai Die fundamentalistischen Regime werden sich also nicht davon abhalten lassen, den Glauben ihrer Bürger zu kontrollieren, den Islam zu verbreiten und gleichzeitig religiöse Minderheiten wie Christen, Bahais und Juden zu unterdrücken, nur, weil demokratische Politiker im Westen dies fordern.

Zudem haben die muslimischen Staaten ein Zweckbündnis mit atheistischen Diktaturen, zum Beispiel China, geschlossen. In der formal kommunistischen Volksrepublik werden Religionen aber unterdrückt –nicht nur das Christentum, sondern auch der Islam. Doch das stört die muslimischen Staaten offenbar wenig.

Denn übergeordnetes taktisches Ziel dieser unheiligen islamisch-kommunistischen Allianz lautet schlicht: Eine Intervention der westlichen Staaten zugunsten der freien Religionsausübung muss in ihrem Machtbereich mit allen Mitteln unterbunden werden.

Druck Deutschland als Schutzmacht der Religionsfreiheit? Das kann nur funktionieren, wenn in Sachen Toleranz glaubwürdiger politischer und wirtschaftlicher Druck ausgeübt wird. Denn von edlen freiheitlichen Absichtserklärungen allein werden sich weder Iran noch Saudi-Arabien beeindrucken lassen. Immerhin: Einige arabische Staaten dulden christliche Minderheiten – sie müssen allerdings immer wieder mit Verfolgung und Übergriffen rechnen. Anfang des Jahres wurden 23 Kopten in Ägypten ermordet.

Oder die Türkei: Dort werden zwar 150.000 Christen toleriert. Doch ihre Rechte sind stark begrenzt. Ankara, das in die EU will, könnte daher eine Vorreiterrolle in der islamischen Welt übernehmen: gleiche Rechte für alle Religionsgemeinschaften im eigenen Land. Dieser Gedanke der Freiheit sollte allen muslimischen Schwestern und Brüdern schmackhaft gemacht werden.

Deutschlands Funktion als Schutzmacht dürfte indes nicht nur für Christen gelten. Die in der arabischen Welt lebenden Juden wurden nach der Gründung Israels fast vollständig vertrieben. Viele, die heute noch dort leben, werden diskriminiert. Und wie will Deutschland den unterdrückten Tibetanern helfen? Als Schutzengel der Religionsfreiheit kann die Bun- desregierung nur glaubwürdig sein und Erfolg haben, wenn sie eine selbstbewusste, unerschrockene Außenpolitik betreibt. Gutes Gelingen!

Der Autor ist Historiker und Schriftsteller. Zuletzt erschien seine Autobiografie »Deutschland wird dir gefallen« (Aufbau).

Berlin

»UNRWA ist Teil des Problems«

Israels Botschafter Ron Prosor präsentiert Informationen zur engen Verbindung der Terrororganisation Hamas mit dem UN-Palästinenserhilfswerk

 28.03.2024

Halle / Frankfurt

DFB lässt proisraelisches Plakat bei Länderspiel abhängen

Plakat mit der Aufschrift »Bring them Home now« sei nicht genehmigt und entgegen UEFA-Regularien gewesen

 28.03.2024

Sachsen

Trotz antisemitischer Vorfälle: Leipziger Friedenspreis geht an »Handala«-Gruppierung

Die »pro-palästinensische Gruppierung« steht immer wieder wegen antisemitischer Vorfälle in der Kritik

 27.03.2024

Analyse

Allein

Der Jude unter den Staaten: Wie Israel von der Weltgemeinschaft verleumdet und im Stich gelassen wird

von Maria Ossowski  27.03.2024

Manchester Airport

Überlebende des 7. Oktober bei Einreise beschimpft

»Wir müssen sicherstellen, dass Sie hier nicht dasselbe tun wie in Gaza«, sagt ein Grenzbeamter zu den Israelis

von Imanuel Marcus  27.03.2024 Aktualisiert

USA/Israel

US-Verteidigungsminister empfängt israelischen Amtskollegen

»Wir den Kampf in Gaza nicht beenden, bevor wir alle Verschleppten nach Hause bringen«, erklärt Joav Gallant

 27.03.2024

Bundesregierung

Charlotte Knobloch fordert Rauswurf von Kulturstaatsministerin Roth

IKG-Chefin und Schoa-Überlebende: »Was passiert ist, war einfach zu viel«

 26.03.2024

Berlin

Nach Angriff auf jüdischen Studenten: Hochschulgesetz wird verschärft

Möglichkeit der Exmatrikulation wurde zuvor von Rot-Grün-Rot abgeschafft

 26.03.2024

Deutschland

Einbürgerungstests: Das sind die Fragen zu Israel und jüdischem Leben

»Wer unsere Werte nicht teilt, kann keinen deutschen Pass bekommen«, sagt Innenministerin Faeser

 26.03.2024