Berlin

Holocaust-Überlebende appellieren: Geht zur Europawahl

Überlebende der Schoa und des Zweiten Weltkriegs haben zum Bekenntnis für die Demokratie bei der Europawahl am 9. Juni aufgerufen. Mit einem offenen Brief, der am Dienstag in Berlin veröffentlicht wurde, fordern sie Erstwählerinnen und Erstwähler zur »Wahl gegen den Rechtsruck« auf. »Wir konnten es damals nicht verhindern«, betonten sie: »Aber ihr könnt es heute.« Die Demokratie müsse gegen ein weiteres Erstarken rechtsextremer Parteien verteidigt werden.

Der Brief ist unter anderem von den Auschwitz-Überlebenden Leon Weintraub, Eva Umlauf und Eva Szepesi unterzeichnet. Sechs der insgesamt acht Erstunterzeichnenden im Alter von 81 bis 102 Jahren wurden mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Viele der unterzeichnenden Zeitzeugen hätten ihr Leben dem Kampf gegen das Vergessen gewidmet und engagierten sich dafür, dass gerade junge Menschen den Wert der Demokratie verstehen und sich aktiv dafür engagieren, hieß es weiter.

In dem offenen Brief mit dem Titel »Nie wieder ist jetzt« heißt es unter anderem, »gebt der Demokratie eine Chance, geht wählen«. Für Millionen junger Menschen werde die Europawahl die erste Wahl in ihrem Leben sein, »für viele von uns könnte es die Letzte sein«. Nun müsse gemeinsam gezeigt werden, dass das Bekenntnis des »Nie wieder« keine Phrase sei, sondern ein Versprechen, das für immer Gültigkeit habe.

Für Millionen junger Menschen werde die Europawahl die erste Wahl in ihrem Leben sein, »für viele von uns könnte es die Letzte sein«

Die Nationalsozialisten seien seinerzeit nicht durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen, sondern auf demokratischem Weg, heißt es weiter in dem offenen Brief: »Zu viele haben sie unterschätzt, sie nicht ernst genommen.« So sei in wenigen Jahren aus der Demokratie eine Diktatur geworden. Dies müsse nun auch durch die Beteiligung an der Europawahl verhindert werden.

Die 81-jährige Psychotherapeutin und Kinderärztin Eva Umlauf betonte, sie trage die in Auschwitz von der SS eintätowierte Nummer bis heute »als Erinnerung, als Mahnung«. Die Zeit der NS-Verbrechen dürfe nie wiederkommen. »Um das zu verhindern, sage ich den jungen Menschen heute: Ihr seid die Zukunft«, erklärte sie: »Nutzt Eure Stimme und helft mir und anderen, dass unsere Erinnerungen nur Erinnerungen bleiben und nie wieder zurückkehren.« Ein weiterer Aufstieg der AfD müsse verhindert werden, sagte Umlauf.

Der 98-jährige Arzt Leon Weintraub, der per Video aus Frankfurt am Main zugeschaltet war, appellierte an die Erstwählerinnen und Erstwähler: »Gebraucht Eure Stimme für die Zukunft, für den Frieden, für die Demokratie.« Derzeit würden die Gedanken der Nazis zunehmend aggressiv und mit lauter Stimme wieder aufgegriffen, sagte er. Diese Kräfte dürften nicht erneut an die Macht kommen.

Die 95-jährige Ruth Winkelmann, die die NS-Verbrechen in einem Versteck in einer Berliner Kleingartenanlage überlebte, sagte, sie hoffe, dass Europa demokratisch bleibe. »Frei kann man nur sein in einer Demokratie«, sagte sie. Deshalb sei eine Beteiligung an der Wahl und jede Stimme für demokratische Parteien wichtig.

Der offene Brief werde von der globalen Bürgerbewegung Avaaz koordiniert, die sich vor den Europawahlen gegen ein Erstarken des Rechtsextremismus und für die Erhöhung der Wahlbeteiligung einsetze, hieß es.

Israel

Ein zarter Neuanfang

Bei seinem Antrittsbesuch in Jerusalem wollte Bundeskanzler Friedrich Merz das zuletzt stark belastete Verhältnis zum jüdischen Staat kitten. Ist es ihm gelungen? Eine Analyse

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 07.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025

Justiz

Gericht bestätigt Verbot der Parole »From the river to the sea«

Ein von der Stadt Bremen erlassenes Verbot sei rechtmäßig, entschied nun das Verwaltungsgericht Bremen

 07.12.2025

Yad Vashem

Merz: »Wir werden die Erinnerung lebendig halten«

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche für Kanzler Merz. Der zweite Tag in Israel beginnt für ihn mit dem Besuch eines besonderen Ortes

 07.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 07.12.2025

Simi Valley

»Vorbildliche Verbündete«: Hegseth nennt Israel und Deutschland

Die Signale, die jüngst aus den USA in Richtung Europa drangen, waren alles andere als positiv. Der US-Verteidigungsminister findet nun allerdings nicht nur Lob für den jüdischen Staat, sondern auch für einige EU-Staaten

 07.12.2025

Soziale Medien

Musk nach Millionenstrafe gegen X: EU abschaffen

Beim Kurznachrichtendienst X fehlt es an Transparenz, befand die EU-Kommission - und verhängte eine Strafe gegen das Unternehmen von Elon Musk. Der reagiert auf seine Weise

 07.12.2025

Jerusalem

Merz: Deutschland wird immer an der Seite Israels stehen

Der Bundeskanzler bekräftigt bei seiner Israel-Reise die enge Partnerschaft. Am Sonntag besucht er die Yad Vashem und trifft Premierminister Netanjahu

von Sara Lemel  07.12.2025 Aktualisiert