27. Januar

Saul Friedländer hält Rede im Bundestag

Er hat den Holocaust überlebt und sich jahrzehntelang damit auseinandergesetzt, wissenschaftlich und emotional. Nun wurde bekannt, dass der tschechisch-israelische Historiker und Schoa-Überlebende Saul Friedländer im Deutschen Bundestag die Rede zum Gedenken an die Opfer des NS-Terrors halten wird. Das bestätigte der Deutsche Bundestag am Dienstag der Jüdischen Allgemeinen.

Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus wird bundesweit am 27. Januar begangen und erinnert an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch sowjetische Truppen an diesem Tag. In diesem Jahr findet die Rede ausnahmsweise am 31. Januar statt.

AUSCHWITZ Friedländer wurde 1932 in Prag als Kind deutschsprachiger Juden geboren. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht floh er 1939 mit seiner Familie nach Frankreich. Seine Eltern versteckten den Jungen – der als Pavel geboren wurde – in einem katholischen Internat, bevor sie selbst in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden.

Seine Eltern versteckten ihren Sohn während der NS-Zeit in einem katholischen Internat.

Friedländers Eltern hatten zuvor einer Taufe ihres Sohnes zum Christentum zugestimmt. Langsam fand der Junge jedoch den Weg zurück zu seiner ursprünglichen Identität. Mit der Gründung des Staates Israel 1948 wanderte er dorthin aus. Dabei gab er sich auch den Namen Saul, auf Hebräisch Schaul.

Als Friedländers bekannteste Arbeit gilt das zweibändige Standardwerk Das Dritte Reich und die Juden, das auf Deutsch 1998 und 2006 veröffentlicht wurde. Darin sammelte er Dokumente, Studien und Analysen, aber auch persönliche Schicksale, Tagebuchaufzeichnungen, Briefe und Erinnerungen.

VERTREIBUNG Der Historiker vertritt unter anderem die These, dass die Absicht der Nationalsozialisten zur Vernichtung der Juden nicht mit Beginn des Zweiten Weltkriegs, sondern erst von Herbst 1941 an in den Vordergrund trat. Im Zuge des Krieges gegen die Sowjetunion sei man von einer Politik der Vertreibung zu einer Politik der Vernichtung übergegangen.

Mit der Gründung des Staates Israel 1948 wanderte Friedländer dorthin aus.

Für seine Werke erhielt Friedländer unter anderem den Geschwister-Scholl-Preis, den Pulitzer-Preis und 2007 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. »Saul Friedländer hat den zu Asche verbrannten Menschen Klage und Schrei gestattet, Gedächtnis und Namen geschenkt«, begründete der Börsenverein des Deutschen Buchhandels damals seine Entscheidung. »Er hat den Ermordeten die ihnen geraubte Würde zurückgegeben, deren Anerkennung die Grundlage des Friedens unter den Menschen ist.«

Zu Friedländers frühen Arbeiten gehört auch eine Studie über Papst Pius XII. und das Dritte Reich (deutsch 1965). 2012 veröffentlichte er Franz Kafka, ein Buch über den ebenfalls aus Prag stammenden jüdischen Schriftsteller, in dessen Leben Friedländer viele Parallelen zu seiner eigenen Biografie sieht.

PROUST Aktuell arbeitet der emeritierte Geschichtsprofessor an einem Buch über den französischen Schriftsteller Marcel Proust. »Ein Freund fragte mich: Warum Proust?«, sagte Friedländer im vergangenen Jahr über sein Projekt. »Meine Antwort war: Um in einer Welt der Schönheit zu enden und nicht mit diesen schrecklichen Themen, mit denen ich mich mein ganzes Leben befasst habe.«

Der bundesweit begangene Gedenktag wurde 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog eingeführt. Am 27. Januar 1945 hatten sowjetische Truppen das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Dort waren von 1940 bis 1945 etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet worden. Insgesamt wurden in den NS-Konzentrations- und Vernichtungslagern sowie von Erschießungskommandos rund sechs Millionen Juden ermordet.

Im vergangenen Jahr hielt die Schoa-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch die Gedenkrede. In den Jahren zuvor berichteten unter anderem Ruth Klüger, Marcel Reich-Ranicki, Elie Wiesel, Schimon Peres und Simone Veil von ihrem Schicksal während des Holocaust. An der Gedenkstunde des Bundestages nimmt neben den Staatsspitzen traditionell auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland teil.  ppe/dpa

Niedersachsen

Moscheen in Hannover mit »Israel«-Schriftzügen besprüht

Unbekannte haben »Israel«-Schriftzüge auf mehrere Moscheen in Hannover geschmiert. Niedersachsens Antisemitismus-Beauftragter und die jüdische Gemeinde reagieren entsetzt

 11.12.2025

Berlin

Erstmals Chanukka-Feier im Bundestag

Zur Feier werden unter anderem der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein und Zentralrats-Geschäftsführer Daniel Botmann erwartet

 11.12.2025

Block-Prozess

Mutmaßlicher Entführer-Chef: Aussage gegen sicheres Geleit

Hat Christina Block den Auftrag erteilt, ihre Kinder aus Dänemark zu entführen? Der mutmaßliche Chef der Entführer äußert sich dazu als Zeuge vor Gericht

 11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von Janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025