Justiz

Sachsenhausen-Prozess geht in die Schlussphase

Wegen der eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten fand der Prozess in Brandenburg an der Havel, in der Nähe seines Wohnortes, statt. Foto: picture alliance/dpa

Der NS-Prozess gegen einen früheren mutmaßlichen Wachmann des KZ Sachsenhausen in Brandenburg an der Havel geht in die Schlussphase. Der Vorsitzende Richter Udo Lechtermann stellte den Abschluss der Beweisaufnahme und das Plädoyer der Staatsanwaltschaft für Dienstag in Aussicht. Am 2. Juni, dem vorläufig letzten geplanten Prozesstag, könnte dann das Urteil gesprochen werden. (AZ: 11 Ks 4/21)

Am Vortag ist das Schlussplädoyer der Verteidigung vorgesehen. Zuvor waren sechs Verhandlungstermine im April und Mai wegen Erkrankungen des Angeklagten aufgehoben worden. Die Staatsanwaltschaft wirft Josef S. Beihilfe zum grausamen und heimtückischen Mord in mehr als 3500 Fällen vor. Der Angeklagte war den Ermittlungen zufolge in der Zeit zwischen dem 23. Oktober 1941 und dem 18. Februar 1945 SS-Wachmann in Sachsenhausen. Der in Litauen geborene Baltendeutsche bestreitet dies. Zahlreiche Unterlagen sprechen jedoch dafür.

verteidigung Die Verteidigung erklärte am Montag vor Gericht eigene Anträge für erledigt, wonach fünf weitere SS-Männer als Zeugen befragt werden sollten. Nach Informationen des Gerichts sind diese Männer inzwischen verstorben, nicht willens oder in der Lage, Angaben zu machen. Das Gericht beschränkte mit Einverständnis der betreffenden Anwälte die Zahl der Nebenkläger.

»Die Kammer ist weit davon entfernt, das Schicksal auch nur eines Menschen, der in dieser Maschinerie zu Tode gekommen ist, geringzuschätzen«, betonte der Vorsitzende Richter. Die Behandlung der betreffenden Anträge würde jedoch den Rahmen des Verfahrens sprengen.

Der Angeklagte Josef S. war am Montagmorgen zunächst nicht vor Gericht erschienen. Nach einer Überprüfung durch einen Gerichtsmediziner nahm er an der Verhandlung teil.

revision Nebenklageanwalt Thomas Walther rechnet nach eigenem Bekunden trotz Verzögerungen damit, dass das Verfahren fristgemäß abgeschlossen wird und damit »zu einem guten Ende« kommt. Eine von der Verteidigung im Fall einer Verurteilung angekündigte Revision werde erfahrungsgemäß zwischen sieben und zehn Monaten in Anspruch nehmen.

Angesichts des Dienstausweises des Angeklagten sowie Urkunden und einer Äußerung von dessen Mutter über seine Anwesenheit in Sachsenhausen als Teil der SS »wird die Schuldfrage mit einem klaren Ja zu beantworten sein«, sagte der Nebenklageanwalt.

Nebenklageanwalt Thomas Walther rechnet nach eigenem Bekunden trotz Verzögerungen damit, dass das Verfahren fristgemäß abgeschlossen wird.

Der frühere Chefermittler der Ludwigsburger Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen betonte, wichtig sei die Tatsache, »dass festgestellt wird, was in Sachsenhausen geschehen ist in einem Gerichtsverfahren, welches nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchgeführt worden ist«. Das Gericht habe in dieser Hinsicht »absolut alles richtig gemacht«, sagte Walther. Der Prozess sei in einer unaufgeregten Atmosphäre geführt worden.

Im KZ Sachsenhausen waren zwischen 1936 und 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende von ihnen wurden ermordet oder kamen auf andere Weise ums Leben.

Der Prozess hatte Anfang Oktober vergangenen Jahres begonnen. Er findet nicht in Neuruppin, sondern in der Nähe des Wohnortes des Angeklagten in Brandenburg an der Havel statt, weil Josef S. laut Gutachter nur wenige Stunden am Tag verhandlungsfähig ist. epd

  

Meinung

Schlechte Zeiten für Frankfurts Juden

Durch die Radikalisierung der israelfeindlichen Szene ist die jüdische Gemeinschaft der Mainmetropole zunehmend verunsichert. In der Stadtgesellschaft interessiert das jedoch nur wenige

von Eugen El  01.09.2025

Kooperation

Bundesarchiv arbeitet mit Sinti und Roma bei NS-Akten zusammen

Es geht um Akten, die den Massenmord an Sinti und Roma belegen. Sogar nach dem Krieg dienten sie noch für rassistische Forschung. Nun gibt es eine Vereinbarung für ihre Nutzung

von Norbert Demuth  01.09.2025

Jerusalem

Deutsche Studierende gehen trotz Krieg nach Israel

Seit den 70er-Jahren absolvieren Theologiestudierende ein Studienjahr in Jerusalem. Auch jetzt findet das mit Bundesmitteln geförderte Programm an der Dormitio-Abtei statt - wenngleich mit verminderter Teilnehmerzahl

von Burkhard Jürgens  01.09.2025

Barcelona

Israelfeindliche Aktivisten starten neue Flottille in Richtung Gaza

Erneut wollen die Teilnehmer Israels Gaza-Seeblockade durchbrechen. Nach früheren Fehlschlägen soll es nun mit vielen kleinen Booten klappen. Greta Thunberg ist wieder dabei

 01.09.2025

Nahost

Deutscher Beauftragter für Menschenrechte reist nach Israel

Lars Castellucci macht sich ein persönliches Bild von der Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten. Ein Augenmerk liegt darauf, wo deutsche Hilfe möglich ist - und wo sie behindert wird

 01.09.2025

Rotes Meer

Huthi greifen Öltanker an

Das Schiff gehört einem israelischen Milliardär

 01.09.2025

Washington D.C.

USA verweigern Palästinensern Visa

Ein internes Schreiben von Außenminister Marco Rubio legt fest, dass sogenannte Nicht-Einwanderungsvisa für Antragsteller mit palästinensischem Pass generell zu verweigern sind

 01.09.2025

Appell

Nennt ihre Namen!

Deutschland redet geradezu obsessiv über Israel. Über den angeblichen »Völkermord.« Über die Siedlungen. Aber über die deutschen Geiseln spricht fast niemand. Es ist, als existierten sie nicht mehr

von Andreas Büttner  31.08.2025 Aktualisiert

Meinung

Das Gerücht über Israel

Die Geschichte des Antisemitismus ist eine Geschichte der Lüge. Was früher dem Juden als Individuum unterstellt wurde, wird nun Israel als Nation vorgeworfen

von Daniel Neumann  01.09.2025 Aktualisiert