Einspruch

Rechtsstaat in der Krise

Ronen Steinke Foto: dpa

Das Vertrauen in die Polizei ist groß, so sagen immer wieder Umfragen. Größer als das Vertrauen in die Presse, in die Wissenschaft, in viele andere Institutionen des öffentlichen Lebens. Das klingt beruhigend. Aber das ist es nicht. Es ist beschwichtigend.

Man muss genauer hinsehen. Das Vertrauen mancher Teile der Bevölkerung in die Polizei ist größer als das anderer. Und es sind gerade die Minderheiten in der Gesellschaft, die Marginalisierten, die diesen Staat so dringend auf ihrer Seite wissen sollten, die dieses Vertrauen heute am wenigsten haben.

Grundrechte Die allerwenigsten Betroffenen von antisemitischen Attacken bringen es übers Herz, zur Polizei zu gehen. Nur in 20 Prozent der Fälle erstatten sie Anzeige. So gering ist das Vertrauen, das hat in der vergangenen Woche erst wieder eine Studie der EU-Agentur für Grundrechte offenbart. So groß ist die Vertrauenskrise, in der dieser Rechtsstaat steckt, in dem Woche für Woche neue rechtsextreme Vorfälle aus den Reihen der Polizei ans Licht kommen.

Bundesinnenminister Seehofer hat schon Recht: Es braucht jetzt keine wissenschaftliche Untersuchung, die beziffert, wie stark rassistische Vorurteile in der Polizei verbreitet sind. Solche Umfragen sind immer methodisch angreifbar. Da füllen Beamte einen Fragebogen aus. Wie ehrlich, ist eine Frage. Welche Schlüsse die Forscher ziehen, ist eine weitere Frage. Schlimmstenfalls sieht am Ende nur jeder Beobachter seine schon vorher bestehende Meinung bestätigt.

Aber Horst Seehofer hat es natürlich in der Hand, etwas viel Effektiveres zu tun, ebenso wie übrigens seine 16 Länderkollegen. Die rechtsextreme Szene in Deutschland wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Reichsbürger-Stammtische, Neonazi-Konzerte: Dazu gibt es Akten, auch Namenslisten. Wenn die Verfassungsschützer nun die Erlaubnis bekämen, die Personallisten der Polizei einmal dagegen abzugleichen – dann wäre dies nicht Ausdruck eines üblen Generalmisstrauens, sondern rechtsstaatlich das Mindeste.

Der Autor ist Redakteur der »Süddeutschen Zeitung«.

Meinung

BSW und AfD: Zwei Ausprägungen desselben autoritären Denkens

Sahra Wagenknecht und ihre Partei nähern sich den Rechtsextremen immer weiter an. Spätestens jetzt ist klar: Am BSW gibt es nichts Progressives

von Igor Matviyets  09.07.2025

Meinung

»Demokratie leben« braucht eine Inventur

Die Idee hinter dem Förderprogramm des Bundes mag gut sein, die Umsetzung ist es nicht. Viel zu oft profitieren Extremisten und Israelhasser von den öffentlichen Geldern

von Lennart Pfahler  08.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  08.07.2025

Michael Roth

Warum Jean Asselborn nicht mehr mein Freund ist

Luxemburgs langjähriger Außenminister verbreitet bei Tilo Jung Verschwörungstheorien über Israel. Nun kündigt ihm ein sozialdemokratischer Weggefährte die Freundschaft

von Michael Roth  07.07.2025 Aktualisiert

Meinung

New York: Zohran Mamdani und der Clash der Generationen

Der Bürgermeisterkandidat der Demokraten wurde nicht zuletzt wegen seiner antizionistischen Haltung gewählt. Während er unter jungen jüdischen New Yorkern Unterstützer hat, stehen die älteren überwiegend fest an Israels Seite

von Hannes Stein  06.07.2025

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Kommentar

Liebe statt Tod

Die israelische Armee kämpft für unsere Freiheit, auch die der verlorenen Seelen auf dem Glastonbury-Musikfestival, die den Tod israelischer Soldaten gefordert haben

von Frank Schmiechen  03.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025

Meinung

Die Erforschung von Antisemitismus braucht Haltung und Strukturen

Damit die universitäre Wissenschaft effektiv zur Bekämpfung von Judenhass beitragen kann, muss sie zum einen schonungslos selbstkritisch sein und zum anderen nachhaltiger finanziert werden

von Lennard Schmidt, Marc Seul, Salome Richter  02.07.2025