Meinung

Rechtsgeschichte und Gerechtigkeit

Am 20. September 2016 hat der Bundesgerichtshof die Revision Oskar Grönings gegen das Lüneburger Urteil vom 15. Juli verworfen. Am 28. November wurde die Entscheidung veröffentlicht. Am 20. Februar 1969 hatte der Bundesgerichtshof die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil im »Großen Frankfurter Auschwitz-Prozess« aus dem Jahr 1965 verworfen und zugleich das institutionalisierte Wegschauen der Justiz auf die »industrialisierte Tötungsmaschinerie« von Auschwitz eingeleitet.

»Rechtsgeschichte« wurde geschrieben. Das wird von beiden Verfahren gesagt. Wenn wir damit die hohe Bedeutung dieser Entscheidungen für die vergangenen fünf Jahrzehnte beschreiben wollen, müssen wir auch auf diese verlorenen 50 Jahre blicken.

tatgehilfen Der Jurist liest den BGH-Beschluss vom 20. September 2016 in dem Bewusstsein, eine sehr sorgfältige und umfassende Beschreibung der allgemeinen Regeln zu erfahren, die seit Bestehen der Bundesrepublik für Tatgehilfen von Haupttätern nach Begehung von beliebigen Verbrechen gelten. Ohne jegliche Differenzierung sind diese Grundsätze auf die Massenverbrechen an einem Tatort Auschwitz anzuwenden.

Es gehört zum Alltag deutscher Schwurgerichte, Gehilfen abzuurteilen, die Verbrechen beliebiger Täter an beliebigen Tatorten gefördert und unterstützt haben. Was führt zu der hohen Bedeutung, die der Entscheidung im Verfahren gegen Gröning zugeschrieben wird? Ist es nur der Name »Auschwitz« und die unvorstellbar hohe Zahl der Mordopfer?

Ich denke dass die Bedeutung wesentlich durch einen Begriff geprägt ist, der in den Entscheidungen der Gerichte allenfalls als Zitat von Zeugen oder Nebenklägern, aber nicht in der Rechtsanwendung eine Rolle spielt: »Gerechtigkeit«.

Gerechtigkeit Und hier begegnen wir in den vergangenen 50 Jahren der Abschaffung von Gerechtigkeit für unzählige Mordopfer der Schoa durch den Totalverlust an selbstverständlicher Rechtsanwendung in der strafrechtlichen Verfolgung von Tausenden der Tatgehilfen von Auschwitz und all der anderen Vernichtungsorte der SS.

Jahrzehnte des Verlusts von Gerechtigkeit auf allen Ebenen der deutschen Justiz adelt eine Entscheidung vom 20. September 2016 nun als bedeutenden Teil unserer Rechtsgeschichte.

Dem Juristen steht es gut zu Gesicht, die rechtsphilosophischen Begriffe von Gerechtigkeit und Rechtsgeltung oder den Unterschied zwischen »Recht und Moral« nicht aus dem Auge zu verlieren. Kritik an eingefahrenen Wegen des Wegschauens kann in der Demokratie bei um sich greifendem Rechtspopulismus auch aktuell wieder an Bedeutung gewinnen.

Der Autor hat als Rechtsanwalt zahlreiche Nebenkläger in Prozessen gegen NS-Straftäter vertreten, beispielsweise im Lüneburger Auschwitz-Prozess. Bis zu seiner Pensionierung war Walther Richter und Staatsanwalt, unter anderem in der Zentralen Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg.

Teheran

Iran schießt mit russischer Hilfe drei Satelliten ins All

Im Mullah-Staat machen Gerüchte über einen möglichen neuen Militärkonflikt mit Israel die Runde. Mit Raumfahrtprojekten will das Land Stärke demonstrieren

 28.12.2025

Berlin

Mehr Demonstrationen mit Nahost-Bezug

Auf den Straßen der Hauptstadt ist 2025 weniger demonstriert worden, die Kundgebungen mit Bezug zum Nahen Osten haben jedoch zugenommen

 28.12.2025

Berlin

»Jeder sollte sich überlegen, ob er mit dem Teufel ins Bett geht«

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hält Koalitionen mit der AfD auf Länderebene für gefährlich

 27.12.2025

Genua

Italien geht gegen mutmaßliches Hamas-Netzwerk vor

Die Ermittler decken ein Netzwerk zur Unterstützung der islamistischen Terrororganisation auf

 27.12.2025

Berlin

Wadephul: Keine deutsche Beteiligung an Gaza-Stabilisierungstruppe

Er sei dafür, »dass Deutschland eine vermittelnde Rolle einnimmt, um der Sicherheit Israels Rechnung zu tragen«, so der Außenminister

 26.12.2025

Istanbul

Türkei nimmt 115 mutmaßliche IS-Mitglieder fest

Die Verdächtigen sollen Anschläge während der Weihnachts- und Neujahrszeit geplant haben

 25.12.2025

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt. Die Bundesregierung protestiert

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025