Österreich

Rechtsextreme FPÖ erhält Auftrag zur Regierungsbildung

Bundespräsident Alexander Van der Bellen (l.) mit Herbert Kickl Foto: picture alliance / ALEX HALADA / picturedesk.com

Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat der rechtsextremen FPÖ offiziell den Auftrag zur Bildung einer Regierung erteilt. Das teilte das Staatsoberhaupt bei einer Pressekonferenz in Wien mit. Parteichef Herbert Kickl solle Gespräche mit der konservativen ÖVP aufnehmen, sagte Van der Bellen. Damit könnte die FPÖ erstmals in Österreich das Kanzleramt übernehmen.

Das Land brauche gerade in der aktuell wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage eine arbeitsfähige Regierung. Kickl habe ihm in dem Gespräch versichert, dass er sich die Aufgabe als Kanzler zutraue, sagte Van der Bellen.

»Der Respekt vor dem Wählervotum gebietet es, dass der Bundespräsident die Mehrheit achtet«, auch wenn er selbst möglicherweise andere Wünsche und Vorstellungen habe. »Ich habe mir diesen Schritt nicht leicht gemacht«, sagte er.

Das rund einstündige Treffen von Van der Bellen und Kickl war begleitet von Protesten. Vor der Präsidialkanzlei waren Hunderte Demonstranten aufmarschiert, die vor einem gewaltigen Rechtsruck warnten.

ÖVP nach Kurswechsel zur Zusammenarbeit bereit

Die FPÖ hatte die Parlamentswahl im September mit knapp 29 Prozent der Stimmen gewonnen. Zunächst wollte niemand mit den Rechtsextremen regieren. Doch Gespräche über eine Regierung aus den Mitte-Parteien scheiterten.

Die ÖVP hat nach der Ankündigung des Rückzugs von Kanzler Karl Nehammer am Wochenende einen Kurswechsel vollzogen. Sie hat ihre Bereitschaft erklärt, als Juniorpartner der FPÖ eine Regierung zu bilden.

Die konservative ÖVP und die FPÖ hatten bereits in den 2000er Jahren und zwischen 2017 und 2019 Koalitionen gebildet - allerdings unter ÖVP-Regierungschefs.

Lesen Sie auch

Großer Knackpunkt ist die Bewältigung der Budgetkrise

Zunächst müssten sich die beiden Parteien jedoch erneut auf ein Regierungsprogramm einigen. Bei Themen wie Migration und Steuern scheinen sich die Ansichten der beiden Parteien weitgehend zu decken. Doch zwischen der Moskau-freundlichen und EU-kritischen FPÖ und der ÖVP gibt es unter anderem große Differenzen in Sachen Außen- und Sicherheitspolitik.

Völlig offen seien auch gemeinsame Konzepte zur Bewältigung der tiefen Budgetkrise, sagte der Präsident des Fiskalrats Christoph Badelt im ORF. Es sei fraglich, ob ein neuer Kanzler von der FPÖ mit unpopulären Sparmaßnahmen oder Steuererhöhungen starten wolle, so Badelt weiter. »Wir wissen alle nicht, wozu die FPÖ, wenn es wirklich ums Budgetkonsolidieren geht, eigentlich bereit wäre.« Österreich muss dringend seinen Haushalt sanieren, um ein EU-Defizitverfahren zu vermeiden.

Die Budgetregeln der EU sehen vor, dass das Budgetdefizit in EU-Staaten drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten darf. Der Schuldenstand sollte zudem nicht mehr als 60 Prozent des BIP betragen. Die EU-Kommission rechnet für 2025 und 2026 jeweils mit einem Budgetdefizit in Österreich von rund 3,6 Prozent.

Scheitern der Dreier- und Zweier-Koalitionsgespräche

Das Staatsoberhaupt, ehemals Vorsitzender der Grünen, hatte in seinen Erklärungen immer wieder betont, dass er »nach bestem Wissen und Gewissen« darauf achten werde, dass die Grundpfeiler der Demokratie - er nannte den Rechtsstaat, die Gewaltenteilung, freie, unabhängige Medien und die EU-Mitgliedschaft - weiter hochgehalten würden.

Van der Bellen hatte nach der Parlamentswahl entgegen der Gewohnheit nicht die FPÖ als stimmenstärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragt. Er berücksichtigte dabei, dass keine der anderen Parteien mit der FPÖ unter Kickl koalieren wollte und aus seiner Sicht ein solcher Auftrag nur »leere Kilometer« bedeutet hätte.

Vor wenigen Tagen scheiterten aber die Koalitionsgespräche von ÖVP, SPÖ und liberalen Neos nach wochenlangen Verhandlungen. Auch der Versuch einer Zweier-Koalition von ÖVP und SPÖ wurde schnell beendet. Damit waren die Karten neu gemischt. dpa/ja

Berlin

»Jeder sollte sich überlegen, ob er mit dem Teufel ins Bett geht«

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hält Koalitionen mit der AfD auf Länderebene für gefährlich

 27.12.2025

Genua

Italien geht gegen mutmaßliches Hamas-Netzwerk vor

Die Ermittler decken ein Netzwerk zur Unterstützung der islamistischen Terrororganisation auf

 27.12.2025

Berlin

Wadephul: Keine deutsche Beteiligung an Gaza-Stabilisierungstruppe

Er sei dafür, »dass Deutschland eine vermittelnde Rolle einnimmt, um der Sicherheit Israels Rechnung zu tragen«, so der Außenminister

 26.12.2025

Istanbul

Türkei nimmt 115 mutmaßliche IS-Mitglieder fest

Die Verdächtigen sollen Anschläge während der Weihnachts- und Neujahrszeit geplant haben

 25.12.2025

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt. Die Bundesregierung protestiert

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025