Antisemitismus

»Patentrezepte gibt es nicht«

Felix Klein Foto: Gregor Zielke

Antisemitismus

»Patentrezepte gibt es nicht«

Felix Klein über Strategien gegen Judenhass und die Bedeutung jüdischen Lebens in Deutschland

von Detlef David Kauschke  23.04.2018 19:40 Uhr

Herr Klein, Sie treten am 1. Mai Ihr neues Amt an. Ist dies nicht jetzt schon von Erwartungen überfrachtet?
Mir ist der große Erwartungsdruck bewusst. Die Vorfälle und Diskussionen der letzten Tage haben gezeigt, wie nötig das Amt ist. Ich möchte die Instrumentarien, die es zur Antisemitismusbekämpfung bereits gibt, schärfen und zusammenfügen. Ich bin optimistisch, dass wir es schaffen werden, mehr Bewusstsein für dieses Phänomen in der Bevölkerung herzustellen.

Wie wollen Sie konkret vorgehen?

Erst einmal muss ich mich dem Aufbau meines Büros widmen. Dann werde ich mich darum kümmern, die Analyse der Lage zu verbessern, damit wir wissen, wo wir stehen, worauf wir aufbauen können, um dann Strategien zur Antisemitismusbekämpfung zu entwickeln. Eines der ersten Dinge, die ich mir mit Experten des Innenministeriums ansehen werde, ist die polizeiliche Kriminalstatistik, die bekanntlich über 90 Prozent der Straftaten rechtsextremen Tätern zuweist. Gleichzeitig werden wir überlegen, wie der Vorschlag von Zentralratspräsident Josef Schuster umgesetzt werden kann, eine niedrigschwelligere Erfassung von Vorfällen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze zu organisieren.

Es wird weiterhin gefordert, Antisemitismusbekämpfung zur Chefsache zu machen. Wäre es nicht besser, man hätte Ihre Position im Kanzleramt angesiedelt?
Ich finde die Entscheidung, so wie sie jetzt getroffen wurde, gut. Man kann auch vom Innenministerium aus Dinge zur Chefsache machen. Mit Horst Seehofer gibt es einen sehr entschlossenen Innenminister, der mir seine Unterstützung zugesagt hat. Ich glaube, wir können gute Ergebnisse erreichen.

Empfehlungen des Expertenkreises Antisemitismus wurden jahrelang nicht umgesetzt. Was stimmt Sie dennoch optimistisch?
Patentrezepte gegen Antisemitismus gibt es nicht. Es ist eine mittel- und langfristige Herausforderung, dass sich gesellschaftlich etwas verändert. Ich glaube schon, dass der Qualitätsunterschied zu den Empfehlungen der Expertenkommission und meinem Ansatz darin liegt, dass ich Teil des Innenministeriums und damit der Exekutive bin.

Sie sind Antisemitismusbeauftragter und gleichzeitig Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland. Wie gehen Sie diese Aufgabe an?
Ich bin sehr froh, dass es auch diesen Aufgabenteil gibt. Ich verstehe mein Amt so, dass ich der deutschen Öffentlichkeit und Politik immer wieder vor Augen führe, wie bereichernd jüdisches Leben für unser Land ist. Und die jüdischen Gemeinden will ich ermutigen, stärkere Sichtbarkeit in den Städten zu zeigen, zum Beispiel durch Kulturfestivals oder Chanukkafeiern, die hoffentlich ohne Sicherheitsbedenken öffentlich durchgeführt werden können.

Mit dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung sprach Detlef David Kauschke.

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  31.12.2025

Deutschland

Bildungszentrum von Yad Vashem soll Leerstelle füllen

Das in Deutschland geplante Bildungszentrum der Gedenkstätte Yad Vashem soll ein größeres Bild in den Dialog der Erinnerungskultur bringen

 31.12.2025

Rohstoffe

Wandel durch Handel

Der Erdgasdeal zwischen Israel und Ägypten hat auch eine sicherheitspolitische Dimension

von Sabine Brandes  31.12.2025

Arlington (Virginia)

USA genehmigen Milliardenauftrag: Neue F-15-Kampfjets für Israel

Der Vertrag umfasst die Entwicklung, Integration, Erprobung, Produktion und Lieferung von zunächst 25 neuen Maschinen

 30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Meinung

Für mich heißt Neujahr Nowy God

Das Neujahrsfest hat mit dem Judentum eigentlich nichts zu tun. Trotzdem habe ich warme Erinnerungen an diesen Feiertag

von Jan Feldmann  30.12.2025

London

Vorwurf gegen Facebook: Beiträge feiern Mord an Juden und bleiben online

»Die Beiträge, die den Anschlag von Bondi feiern, sind schlicht widerwärtig«, sagt Dave Rich von der jüdischen Organisation CST in England

 30.12.2025

Berlin

Tagung »Digitale Horizonte«: Wie sich Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter wandelt

Wie verändert die Digitalisierung das kollektive Erinnern? Welche Chancen eröffnen neue Technologien – und wo liegen ihre Grenzen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Konferenz

 30.12.2025

Deutschland

Shahak Shapira »superverbittert« über Antisemitismus

Shahak Shapira spricht offen über seinen Frust angesichts von Antisemitismus in Deutschland – und wie er mit politischer Comedy darauf reagiert

 29.12.2025