Bayern

Schoa-Überlebender fordert Söder zur Entlassung Aiwangers auf

Ernst Grube, Holocaust-Zeitzeuge Foto: picture alliance/dpa

Nach neuerlichen Aussagen von Hubert Aiwanger hat der 90-jährige Holocaust-Überlebende Ernst Grube, der auch Präsident der Lagergemeinschaft Dachau ist, den Rücktritt des bayerischen Wirtschaftsministers und Vize-Ministerpräsidenten gefordert. Hintergrund ist das neonazistische Flugblatt, das Aiwanger möglicherweise als Schüler schrieb, aber auch der Umgang des Politikers mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen.

»Auf dem Flugblatt kommt eine Verhöhnung aller Schoa-Opfer - darunter natürlich Juden, aber auch Kommunisten, Sozialisten, Sozialdemokraten, andere humanistisch eingestellte Menschen, Kriegsgegner, Zeugen Jehovas, sowjetische Kriegsgefangene, Bürger anderer Länder und Kranke - zum Ausdruck, die zutiefst schockiert«, schreibt Grube in einem Gastkommentar der Jüdischen Allgemeinen (Ausgabe von Donnerstag).

»Meine Verwandtschaft auf der Seite meiner Mutter wurde von den Nazis ermordet. Ich selbst habe das Konzentrationslager Theresienstadt überlebt. Auch deshalb berührt mich die entstandene Debatte sehr.«

Jugend Der Fall Aiwanger habe erneut klargemacht, dass es heute darum gehe, »die Verbrechen und die Verantwortung der Nazis besonders der Jugend bewusst zu machen«.

»In seiner letzte Woche abgegebenen Erklärung hat Hubert Aiwanger lediglich auf unübersehbare Beweise reagiert und sich für die Verletzung von Gefühlen entschuldigt«, schreibt Ernst Grube. »Ich nehme ihm diese Entschuldigung überhaupt nicht ab.«

Es habe viel zu lange gedauert, bis es überhaupt dazu gekommen sei. »Tatsache ist: Aiwanger war vor 35 Jahren 16 oder 17, also in einem Alter, in dem man Dinge sehr bewusst macht. Das nazistische Flugblatt ist bewusst geschrieben worden.«

Auch zeigte sich Grube enttäuscht darüber, dass der Vorsitzende der Freien Wähler aufgrund des Skandals nicht von Ministerpräsident Markus Söder entlassen wurde. »Denn Hubert Aiwanger ist nicht mehr glaubwürdig – und nach meiner Auffassung für das Amt des Stellvertretenden Ministerpräsidenten politisch und moralisch überhaupt nicht mehr geeignet.«

Akt Grube erklärte, Söder habe offenbar die Sorge, dass die Freien Wähler durch das Verhalten von Aiwanger mehr Stimmen bekommen und dass sie sich diese nicht nur von ganz Rechts, sondern auch von der CSU holen könnten. »Das verstehe ich, habe jedoch etwas anderes erwartet – nämlich Hubert Aiwanger von seinen Aufgaben zu entbinden. Noch angemessener wäre ein Rücktritt Aiwangers. Dies wäre wenigstens ein Akt, den man ihm abnehmen könnte.«

Geboren wurde Ernst Grube 1932 in München. Da seine Mutter Jüdin war, steckten ihn die Nazis zusammen mit seinen Geschwistern in ein jüdisches Kinderheim. Er musste den »Judenstern« tragen. Später wurden die Kinder mit ihrer Mutter ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert.

Nach dem Krieg wurde er als Kommunist mit dem »Radikalenerlass« belegt, zeitweise inhaftiert und vorübergehend als Berufsschullehrer entlassen. Heute ist er Präsident der Lagergemeinschaft Dachau, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Mitglied des Kuratoriums der Evangelischen Versöhnungskirche und Teil des politischen Beirats des NS-Dokumentationszentrums. Auch ist Grube Träger des Georg-Elser-Preises und Ehrenbürger Münchens.

Berlin

Zentralrat der Juden kritisiert Urteile zugunsten antisemitischer Parole

Der Schlachtruf bedeutet »nichts anderes als den Wunsch der Auslöschung Israels«, betont Josef Schuster

 28.04.2024

Berlin

Warum Steinmeier den Runden Tisch zum Nahost-Krieg absagte

Der Bundespräsident hat seit dem Überfall der Hamas auf Israel schon mehrere Runde Tische zum Nahen Osten veranstaltet. Der nächste sollte in der kommenden Woche sein. Doch er entfällt

 27.04.2024

Den Haag

Erste Entscheidung in Klage gegen Deutschland am Dienstag

Im Verfahren Nicaragua gegen Deutschland will der Internationale Gerichtshof am Dienstag seinen Beschluss zu einstweiligen Maßnahmen verkünden

 26.04.2024

Meinung

Steinmeier auf Kuschelkurs mit einem Terrorfreund

Der Bundespräsident untergräbt mit seiner Schmeichelei gegenüber Recep Tayyip Erdogan einmal mehr Deutschlands Staatsräson

von Nils Kottmann  26.04.2024

Berlin

»Menschen haben nach dem 7. Oktober ihr wahres Gesicht gezeigt«

Ahmad Mansour wundert sich nicht über die Schließung zweier Jugendzentren in Berlin

von Sophie Albers Ben Chamo  26.04.2024

Diplomatie

USA, Großbritannien und Kanada verhängen Sanktionen gegen Iran

Es handelt sich um eine Reaktion auf den iranischen Angriff auf Israel

 26.04.2024

USA

Antiisraelische Proteste an Unis: Abschlussfeier abgesagt

An der Ostküste werden mehr als hundert Festnahmen gemeldet

 26.04.2024

Berlin

Polizei verbietet antiisraelisches »Palästina-Protestcamp«

Die Teilnehmer hätten Straftaten begangen, darunter auch Volksverhetzung, sagt die Polizei

 26.04.2024

Köln

Wallraff-Preis für israelische und palästinensische Initiativen

Mit gemeinsamen Aktionen setzen sich »Women of the Sun« und »Women Wage Peace« für Frieden ein

 26.04.2024