Meinung

Nach den Regeln der Religion

Foto: Thomas Lohnes/Zentraltrat der Juden

Meinung

Nach den Regeln der Religion

Zentralratspräsident Josef Schuster fordert Aufrichtigkeit in der Diskussion, wer Jude ist – und wer nicht

von Josef Schuster  24.08.2021 15:43 Uhr

»Juden zweiter Klasse«, »Faschings- und Meinungsjuden«, »exklusiver Judenclub« – dank wortmächtiger Beteiligter hat eine Debatte an Fahrt gewonnen, in der darum gestritten wird, wer Jude ist und wer nicht. Der Schriftsteller Maxim Biller spricht dem Publizisten Max Czollek ab, Jude zu sein.

Wenn wir Polemik und Eitelkeiten beiseiteschieben, bleibt ein Vorwurf Maxim Billers gegen Max Czollek stehen, der lautet: Du segelst unter falscher Flagge! Du sprichst und schreibst über Themen zum Judentum, über die Erinnerung an die Schoa und über Integration so, als wärst du selbst Jude, als gehörtest du zu einer Minderheit. Doch das ist nicht der Fall!

Halacha Was steckt dahinter? Der Großvater väterlicherseits von Max Czollek war jüdisch. Da das Judentum immer über die Mutter weitergegeben wird, war schon der Vater von Max Czollek nicht jüdisch, und er selbst ist es auch nicht. Das gilt nach allen Auslegungen der Halacha, des jüdischen Religionsgesetzes, ob orthodox oder liberal.

Max Czollek fühlt sich durch die Biografie seines Großvaters dem Judentum offenbar nahe. Die Biografie des Großvaters kann aber die jüdischen Religionsgesetze nicht außer Kraft setzen. Ob man jüdisch ist oder nicht, richtet sich nach den Regeln der Religion.

Doch unabhängig davon, wie man dazu steht, ist für mich etwas ganz anderes entscheidend: Aufrichtigkeit. Wer das eigene Wirken in der Öffentlichkeit über die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft legitimiert, sollte ehrlich sein. Von den Medien kann man nicht erwarten, dass sie genau die Abstammung hinterfragen und sich mit dem seit Jahrtausenden unveränderten jüdischen Religionsgesetz auskennen. Doch die Betreffenden selbst sollten ausgerechnet mit der Konfession nicht umgehen wie mit einem Modetrend. Sie schaden damit der Religionsgemeinschaft. Vor allem aber sich selbst.

Der Autor ist Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von 
janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025

Aufarbeitung

Französische Entnazifizierungs-Dokumente erstmals online abrufbar

Neue Hinweise zu Leni Riefenstahl und Martin Heidegger in der NS-Zeit: Künftig können Forscher online auf französische Akten zugreifen. Experten erwarten neue Erkenntnisse

von Volker Hasenauer  10.12.2025

Deutschland

Wegen Antisemitismus und AfD: Schauspiellegende Armin Mueller-Stahl (95) denkt ans auswandern

Armin Mueller-Stahl spricht offen über seine Gelassenheit gegenüber dem Tod – und warum aktuelle Entwicklungen ihn dazu bringen, übers Auswandern nachzudenken

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025

Fußball

Sorge vor Maccabi-Spiel in Stuttgart

Tausende Polizisten, Metalldetektoren beim Einlass, Sorge vor Gewalt: Warum der Besuch von Maccabi Tel Aviv in der Europa League beim VfB aufgrund der politischen Lage kein sportlicher Alltag ist.

 10.12.2025