Bayern

Massiver Anstieg bei judenfeindlicher Hetze im Netz

Foto: picture alliance/dpa

In Bayern weitet sich das als »Hate Speech« bekannte, gefährliche Phänomen weiter massiv aus. Justizminister George Eisenreich (CSU) hat nun in München neueste Zahlen dazu vorgelegt.

Im vergangenen Jahr wurden demnach 2435 neue Verfahren wegen Hassrede eingeleitet. Im Jahr 2021 waren es 2317 Verfahren gewesen.

Auch die antisemitisch motivierte Hetze verbreitet sich noch immer. Von den insgesamt registrierten »Hate Speech«-Fällen fielen im letzten Jahr 387 in diese Kategorie, was einen Anstieg um 78 Prozent bedeutet. Mehr als 400 Fälle hatten mit Fremdenfeindlichkeit zu tun. Nicht bei allen Ereignissen dieser Art habe die Motivation eindeutig festgestellt werden können, so Minister Eisenreich.

Strafbefehle In 488 Hassrede-Fällen kam es zu Verurteilungen oder Strafbefehlen. Im Jahr 2021 waren es noch 450 gewesen.

Bayerns neue »Hate Speech«-Beauftragte Teresa Ott erklärte, sie gehe von einem großen Dunkelfeld aus. Ihr zufolge werden zu wenig Fälle angezeigt. Dies gelte für Antisemitismus, Frauenhass sowie generell für Beleidigung, Verleumdung und Volksverhetzung.

Die Sorge in Bayern ist groß, auch in der jüdischen Gemeinschaft. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, erklärte, Hass im Internet sei »die Pandemie, die wir bislang nicht loswerden. Die massive Zunahme der Ermittlungsverfahren wegen judenfeindlichem Hate Speech für das Jahr 2022 unterlegt mit Zahlen, was viele jüdische Menschen selbst erleben.«

»Auf lange Sicht braucht es gegen diese Entwicklung mehr politische Bildung in allen Bereichen«, heißt es in Charlotte Knoblochs Antwort auf eine Anfrage der Jüdischen Allgemeinen. »Kurzfristig muss aber der Staat die gesetzlichen Grenzen mit aller Macht durchsetzen und harte Strafen aussprechen. Wir begrüßen sehr, dass die Politik dieses Problem angeht. Es braucht aber noch mehr Ergebnisse: ermittelte Täter, Strafverfahren, Verurteilungen. Hier bleibt noch viel zu tun.«

Brandbeschleuniger Der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Ludwig Spaenle, sagte auf Anfrage dieser Zeitung, Judenhass habe in Krisenzeiten immer zugenommen.

»Das ist dramatisch und kann nicht hingenommen werden. Und gerade das Internet bietet hier aus der Sicht der Täter einen vermeintlichen rechtsfreien Raum und wirkt als Brandbeschleuniger.« Aber es sei »kein rechtsfreier Raum und auch die Meinungsäußerung hat da Grenzen, wo die Rechte und die Würde anderer Menschen tangiert und beschädigt werden.«

Spaenle sprach sich für eine Fortsetzung des Weges aus, den Bayern bereits eingeschlagen habe. »Hier hat die Regierung eine staatliche Gesamtstrategie entwickelt, die unter anderem drei Kernelemente umgreift: Prävention und Bildung, Solidarität mit Jüdinnen und Juden sowie einen wehrhaften Rechtsstaat.«

Beim Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales hieß es, bereits seit letztem Sommer werde in Kooperation mit anderen Ministerien im Freistaat die Meldestelle »REspect!« betrieben, »bei der bayerische Bürgerinnen und Bürger unkompliziert Hate-Speech-Vorfälle melden können.« Auch werde »eine Vielzahl von wegweisenden Präventionsprojekten« unterstützt, »mit denen verhindert werden soll, dass judenfeindliche Hetze weiter in die Mitte der Gesellschaft vordringt.« ja

Niedersachsen

Moscheen in Hannover mit »Israel«-Schriftzügen besprüht

Unbekannte haben »Israel«-Schriftzüge auf mehrere Moscheen in Hannover geschmiert. Niedersachsens Antisemitismus-Beauftragter und die jüdische Gemeinde reagieren entsetzt

 11.12.2025

Berlin

Erstmals Chanukka-Feier im Bundestag

Zur Feier werden unter anderem der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein und Zentralrats-Geschäftsführer Daniel Botmann erwartet

 11.12.2025

Block-Prozess

Mutmaßlicher Entführer-Chef: Aussage gegen sicheres Geleit

Hat Christina Block den Auftrag erteilt, ihre Kinder aus Dänemark zu entführen? Der mutmaßliche Chef der Entführer äußert sich dazu als Zeuge vor Gericht

 11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von Janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025