Frankfurt/Main

Lübcke-Prozess hat begonnen

Walter Lübcke (1953–2019) Foto: dpa

Frankfurt/Main

Lübcke-Prozess hat begonnen

Anwälte beantragen Aussetzung der Verhandlung – Stephan E. wird Mord aus rechtsextremen Motiven vorgeworfen

 16.06.2020 12:37 Uhr Aktualisiert

Im Prozess um den Mord an Walter Lübcke haben die Verteidiger von Stephan E. schon kurz nach Beginn der Verhandlung eine Aussetzung der Verhandlung gefordert. Zudem stellten sie am Dienstag vor dem Oberlandesgericht Frankfurt einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter.

ANWALT Anwalt Frank Hannig begründete den Antrag auf Aussetzung der Verhandlung unter anderem damit, dass der Gesundheitsschutz wegen der Corona-Pandemie nicht gewährleistet und der Zugang der Öffentlichkeit zu dem Prozess stark eingeschränkt sei. Die Anklage in dem Fall konnte daher zunächst noch nicht verlesen werden.

Bereits Stunden vor Beginn des Prozesses um den Mord an Walter Lübcke hatten sich vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt lange Warteschlangen gebildet. In der Reihe für Medienvertreter hatten sich die ersten bereits am Montagabend angestellt.

PLÄTZE Wegen der Corona-Pandemie und der deshalb geltenden Abstandsregelungen kann das Gericht an diesem Dienstag nur eine begrenzte Zahl von Plätzen für Zuschauer und Journalisten im Gerichtssaal anbieten. Das Gericht hatte es aus Sicherheitsgründen abgelehnt, einen größeren Verhandlungssaal außerhalb des Oberlandesgerichts zu suchen.

Am Vormittag (10.00 Uhr) soll der Prozess gegen den mutmaßlichen Haupttäter Stephan E. und seinen mutmaßlichen Helfer Markus H. beginnen. Den Ermittlungen zufolge war die Tat rechtsextremistisch motiviert.

Dem 46-jährigen Stephan E. aus Kassel wird vorgeworfen, den CDU-Politiker vor einem Jahr auf dessen Terrasse erschossen zu haben. Der 44-jährige Markus H. soll ihn bei der Vorbereitung der Tat unterstützt haben. H. ist daher wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.

MOTIV Der damals 65 Jahre alte Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 mit einem Kopfschuss getötet worden. Die Bundesanwaltschaft sieht ein rechtsextremistisches Motiv. Lübcke hatte sich 2015 für die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen und war so zu einer Hassfigur der extremen Rechten geworden. Der CDU-Politiker wurde vor seinem Tod Opfer von Hass und Hetze im Netz, auch nach der Tat machten ihn Rechte zum Feindbild.

Die Bundesanwaltschaft sieht bei E. eine »von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit getragene völkisch-nationalistische Grundhaltung« als Motiv. Nach seiner Festnahme legte der 46-Jährige ein Geständnis ab, dass er aber später widerrief. E. wird zudem ein Angriff auf einen irakischen Asylbewerber im Januar 2016 vorgeworfen. Das Opfer wurde bei einem Messerangriff von hinten erheblich verletzt.

NEBENKLÄGER Die Ehefrau und zwei Söhne des Ermordeten werden als Nebenkläger an dem Prozess teilnehmen. Der Sprecher und der Anwalt der Familie Lübcke wollen vor Prozessbeginn (8.45 Uhr) eine Stellungnahme abgeben. Zahlreiche weitere Prozesstermine sind bis Oktober terminiert.

Der Prozessauftakt wird voraussichtlich von Kundgebungen begleitet werden. Unter anderem haben sich die nordhessische Initiative »Offen für Vielfalt« und die »Interventionistische Linke Frankfurt« angekündigt. Während die Kasseler Initiative für demokratische Werte eintritt, fordern die linken Aktivisten »eine umfangreiche Aufklärung, die rechte Netzwerke offenlegt und sämtliche Verbindungen zum Verfassungsschutz und NSU aufdeckt«. dpa

Weimar

Gedenkstätte Buchenwald erinnert an homosexuelle NS-Opfer

In dem ehemaligen Konzentrationslager ist am Sonntag an die homosexuellen Männer erinnert worden, die während der NS-Diktatur dort eingesperrt und ermordet wurden. Auch nach der NS-Diktatur erlebten die Überlebenden in Deutschland Diskriminierung

 26.10.2025

Terrorismus

Mossad: Iranischer Kommandeur plante auch Anschläge in Berlin

Israels Auslandsgeheimdienst nennt einen ranghohen iranischen Kommandeur als mutmaßlichen Hintermann vereitelter Anschläge in mehreren Ländern - darunter auch Deutschland

 26.10.2025

Essay

Vorsichtig nach vorn blicken?

Zwei Jahre lang fühlte sich unsere Autorin, als lebte sie in einem Vakuum. Nun fragt sie sich, wie eine Annäherung an Menschen gelingen kann, die ihr fremd geworden sind

von Shelly Meyer  26.10.2025

Meinung

Die Kälte der »Sozialreform«

Für die Haushaltslücken lässt die Bundesregierung wieder einmal die Schwächsten der Gesellschaft büßen. Jüdische Rentnerinnen und Rentner werden besonders hart getroffen

von Günter Jek  26.10.2025

Zeitdokument

Erstmals Fotos von NS-Deportation aus Hamburg entdeckt

Bislang galten sie als Aufnahmen einer Bomben-Evakuierung. Nun ist klar: Drei historische Fotos zeigen eine NS-Deportation von mehr als 1.000 Juden aus Hamburg. Forscher haben sie erstmals eindeutig identifiziert

 26.10.2025

Wien

Österreichs Kanzler klar für Teilnahme Israels am ESC

Im Mai 2026 soll der 70. Eurovision Song Contest in Wien stattfinden. Doch einige Staaten wie Spanien, die Niederlande und Irland haben im Fall eines israelischen Auftritts mit Boykott gedroht. Was sagt Österreichs Kanzler?

 26.10.2025

Frankfurt am Main

Israelfeindliche Aktivisten bedrohen Uni-Präsidenten

Der Präsident der Goethe-Universität hatte eine Kooperationsvereinbarung mit der Universität Tel Aviv unterzeichnet und geriet deshalb ins Visier der Aktivisten. Es ist nicht der erste Skandal auf dem Campus

 24.10.2025

Berlin

Gratis-Falafel: Restaurant »Kanaan« reagiert auf Vorfall im »K-Fetisch«

Die Aktion dauert bis 16.00 Uhr an. Es sei ein »Friedenszeichen in Zeiten des Hasses«, sagen die Betreiber

 24.10.2025

Meinung

Warum die UNRWA seit 77 Jahren den Frieden in Nahost blockiert

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser verursacht erhebliche Probleme. Daher gibt es nur einen Weg

von Jusek Adlersztejn  24.10.2025