Jubiläum

Lieber Abraham Lehrer, …

...auch wenn Sie durch und durch Kölner sind, das Licht der Welt erblickten Sie am 14. April 1954 in New York. Ihre Mutter überlebte das Vernichtungslager Auschwitz und Ihr Vater floh in der Zeit des Nationalsozialismus sogar mehrfach aus Arbeitslagern. Im Gegensatz zu unzähligen jüdischen Menschen überlebten Ihre Eltern den Holocaust.

Dennoch schien zunächst ein Weiterleben im Land der Täter unmöglich zu sein. Deshalb wurden Sie in New York geboren. Allerdings fand Ihre Familie noch im gleichen Jahr den Mut, nach Deutschland zurückzukehren. Um zu verstehen, wie schwer das war, muss man sich nur in die Situation hineinversetzen, nicht zu wissen, wer einem begegnet und ob er in der Zeit des Nationalsozialismus ein Täter war. 1954 war das so. Jahre vor den Auschwitz-Prozessen prägte das Verdrängen und Verschweigen die deutsche Gesellschaft.

Zunächst studierten Sie in den Jahren 1972 - 1979 Chemie. Ein paar Jahre später absolvierten Sie eine weitere Ausbildung als Programmierer. Bis 2017 waren Sie Geschäftsführer eines von Ihnen gegründeten Softwareunternehmens in Köln.

Neben diesen beruflichen Herausforderungen war es Ihnen ein Herzensanliegen, dass jüdisches Leben in der damals noch jungen Bundesrepublik wieder zum Alltag gehört. Schon in jungen Jahren leiteten Sie hebräische Ferienlager. Später wurden Sie Mitglied des Gemeinderates der Synagogen-Gemeinde Köln und 1995 auch Vorstandsmitglied.

Auf Vorschlag des damaligen Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland wurden Sie im Jahr 2000 Vorstandsvorsitzender der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Es ist der soziale Dachverband der jüdischen Menschen in Deutschland.

Die Themen, mit denen sich die Organisation beschäftigt, sind sehr vielfältig. Ein wichtiges Anliegen ist es, Überlebenden des Holocaust ein würdiges Leben im Alter zu ermöglichen. Leider werden die Zeitzeugen des nationalsozialistischen Völkermordes immer weniger. Dazu gehören Menschen wie Ihre Eltern, die das Leben in Vernichtungs- und Arbeitslagern erfahren und überlebt haben. Die Erinnerungen und oft auch die damit verbundenen Ängste werden aber auch an die nachfolgenden Generationen weitergegeben. Erinnerungsarbeit ist deshalb auch ein wichtiges Anliegen des Verbandes.

Die Zentralwohlfahrtsstelle beschäftigt sich aber auch mit anderen Themen. Hervorheben möchte ich die Unterstützung geflüchteter Menschen aus der Ukraine. Eine Motivation für dieses Engagement ist sicher, dass Jüdinnen und Juden sehr gut wissen, was es heißt, bedroht zu werden. Nachvollziehbar gehört dazu auch die Möglichkeit, antisemitische Vorfälle in Deutschland zu thematisieren und zu bekämpfen.

Die Erinnerungsarbeit beschränken Sie nicht nur auf den Holocaust. Für Sie ist nicht nur wichtig, was jüdische Menschen in Deutschland bedroht, sondern was jüdische Menschen mit Deutschland verbindet.

Deshalb gründeten Sie den Verein »321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.«. Schon im Jahr 321 ist die erste jüdische Gemeinde auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands nachweisbar. Der römische Kaiser Konstantin teilte im Jahr 321 der Stadt Köln per Dekret mit, dass Juden Zugang zu Ämtern der Stadt Köln haben. Zugegeben, wir wissen nicht, ob andere rheinische Städte vergleichbaren Alters nicht ebenfalls jüdische Gemeinden hatten. Bis heute aber ist die jüdische Gemeinde in Köln die nachweislich älteste auf deutschem Boden. Wahrscheinlich ist jüdisches Leben bei uns noch älter.

Klar ist aber: Jüdisches Leben gehört definitiv seit dem Jahre 321 zu uns und hat seine Kultur geprägt, als Deutschland als solches noch nicht existierte.

Sie erinnern mit Ihrem Engagement daran, dass die Geschichte der Juden in Deutschland sich nicht auf Pogrome, Verfolgung und Vernichtung beschränkt, sondern auch viele positive Erinnerungen beinhaltet. Dazu gehört für Sie auch das Wirken des preußischen Juden Moses Mendelssohn im 18. Jahrhundert oder auch der jüdischen Frauenrechtlerin Bertha Pappenheim zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Jüdinnen und Juden also haben schon immer Deutschland geprägt. Mit großer Dankbarkeit dürfen wir heute festhalten, dass die verbrecherische Zeit des Nationalsozialismus es nicht vermochte, jüdisches Leben in Deutschland auszulöschen.

Dennoch, nachvollziehbar ist, wie schwer es gewesen sein muss, nach dem Zweiten Weltkrieg als Jude nach Deutschland zurückzukehren. Lediglich 20.000 Jüdinnen und Juden lebten 1989 in der damaligen Bundesrepublik. Heute sind es über 100.000. Wir verdanken es vor allem der Zuwanderung aus osteuropäischen Ländern, insbesondere aus der ehemaligen Sowjetunion.

Es ist ein gutes Zeichen für das Deutschland der Gegenwart, dass Jüdinnen und Juden sogar zu uns kommen, um Schutz zu finden. Dennoch sind wir die Geister der Vergangenheit noch nicht losgeworden. Antisemitismus ist leider immer noch alltäglich und aufgrund des wachsenden Rechtsextremismus hat er sogar wieder Einzug in die Parlamente gehalten.

Mit vielen Schulklassen und jungen Menschen sind Sie im Gespräch. Sie erinnern an die Vergangenheit und erklären, dass die heute in Deutschland lebenden Menschen nicht schuld an der Vergangenheit sind. Aber sie tragen eine Verantwortung. Deshalb ist es wichtig, aufmerksam zu sein, wer den Antisemitismus schürt. Und gerade heute sehen wir, das es rechten, linken, migrantischen und neuerdings auch akademischen  Antisemitismus gibt.

Manchmal, so sagen Sie, lieber Abraham Lehrer, fühlen Sie sich zerrissen zwischen Tätervolk und Heimatland. Die Arbeit daran, diesen Gegensatz zu überwinden, ist zweifellos Ihre große Lebensleistung, für die Sie unter anderem vom Bundespräsidenten auch mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande und dem Ehrenring des Rheinlandes geehrt wurden.

Mir gefällt sehr gut, dass Sie in Schulklassen gern darauf verweisen, dass Sie nicht nur »ne köllsche Jung›« sind, sondern ein deutscher Jude und kein Jude in Deutschland.

In diesem Sinne: Herzlichen Dank für alles, was Sie für unser Land und die jüdischen Menschen, die mit uns leben, getan haben.

Zu Ihrem 70. Geburtstag sende ich Ihnen die besten Grüße und Glückwunsche. Ich denke zurück an meine Zeit als Integrationsminister, als wir uns erstmals begegneten und Papst Benedikt 2005 in Ihrer Synagoge an der Roonstraße begrüßen konnten. Diese Synagoge ist mir ans Herzen gewachsen und auch nach schwierigen Tagen durfte ich dort mit Ihnen und Ihrer Familie den Schabatt verbringen.

Für unsere so vertrauensvolle Zusammenarbeit in meiner Zeit als Ministerpräsident bei mehreren Staatsverträgen und während der Corona-Zeit danke ich Ihnen. Und nach dieser Zeit haben wir zusammen 2022 das Abraham Accords Institute gegründet, eine inzwischen wichtige Institution für Frieden, Kooperation mit der arabischen Welt und gegen Antisemitismus. Ich wünsche Ihnen Gesundheit und Kraft und hoffe, dass Sie noch lange jüdisches Leben in Deutschland mitgestalten können!  Mazel tov, lieber Freund.

Washington D.C.

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