Hamburg

Jüdisches Straßenfest aus Sicherheitsgründen abgesagt

Die Gegend am Hamburger Grindelhof ist für Kultur und kulinarische Angebote bekannt. Foto: picture alliance / Bildagentur-online/Joko

Die Initiative Grindel e.V. hat ein mit der Jüdischen Gemeinde organisiertes Straßenfest am Grindelberg in Hamburg abgesagt. Ausschlaggebend sind Sicherheitsbedenken in Zusammenhang mit dem Anschlag von Solingen am vergangenen Freitag. Dabei waren drei Besucher eines Straßenfestes ermordet und acht verletzt worden.

Das Motto der Hamburger Veranstaltung, die auf dem Joseph-Carlebach-Platz, dem Allendeplatz und in der Hartungstraße stattfinden sollte, wäre »Kultur. Jüdisch. Bunt« gewesen. Aus der Bezirksversammlung im Stadtteil Eimsbüttel kam die Idee für eine jüdische Ausrichtung der diesjährigen Ausgabe des Straßenfestes, die vom 13. bis zum 15. September stattfinden sollte.

Grindel e.V. war mit der Umsetzung beauftragt worden. Neben der Jüdischen Gemeinde waren auch die Hamburger Kammerspiele an der Organisation beteiligt. Über die Absage berichteten das »Hamburger Abendblatt« und der NDR zuerst.

Gesteigerter Schutz

Am Dienstag hatte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) erklärt, wegen des Solinger Anschlags werde die Hansestadt die Sicherheit erhöhen. Der Schutz der Bevölkerung müsse gesteigert werden – auch durch ein konsequenteres Abschieben von Ausreisepflichtigen.

Laut Grindel e.V. sollte beim Straßenfest »die vielfältige Gemeinschaft im Grindel« gefeiert werden. Seit »dem schrecklichen Attentat in Solingen« habe der Vorstand des Vereins »durchgehend Gespräche geführt«, wie die Sicherheit der Teilnehmer gewährleistet werden könne.

Lesen Sie auch

»Wir sind leider zu dem Entschluss gekommen, dass wir trotz Security und Unterstützung der Polizei keine Sicherheit garantieren können«, hieß es in einer über soziale Medien verbreiteten Erklärung. »Genau wie in Solingen wollten wir die Vielfalt feiern, das erhöht das Risiko von Nachahmern sehr«, sagte Jimmy Blum, der erste Vorsitzende der Initiative.

Veranstalter zweifelt

Blum kündigte einen neuen Anlauf im nächsten Jahr an. Weiterhin wünsche er sich Rückhalt aus der Verwaltung und Politik. »So bunt wie das Grindelviertel ist, so soll auch feiern möglich sein«, hieß es bei Grindel e.V. »Der Veranstalter zweifelt, ob mit dieser Entscheidung ein richtiges Signal gesetzt wird.«

Derweil wurde Kritik an der Streichung des jüdischen Straßenfestes laut. Der NDR zitierte den Bundestagsabgeordneten Till Steffen (Bündnis 90/Die Grünen), der demnach erklärte, in Zukunft müssten solche Veranstaltungen wieder durchgeführt werden. »Das Ziel muss sein: Wir lassen uns nicht einschüchtern von den Islamisten und wir leben unser vielfältiges Leben.«

Angst und Schrecken

Für die CDU in der Hamburger Bürgerschaft sagte die Abgeordnete Anke Frieling, die Aussage »Kein Platz für Hass und Antisemitismus in unserer Stadt« müsse auch der Realität standhalten.

Gabor Gottlieb, der Vorsitzende der SPD-Fraktion in Eimsbüttel, sagte dem NDR: »Wir lassen uns weder unsere Feste noch den öffentlichen Raum nehmen. Wer glaubt, unsere Lebensweise durch Angst und Schrecken einschränken zu können, irrt.«

Der heute für die Hamburger Uni, Kultur und Restaurants bekannte Grindel-Viertel war vor der Schoa ein Zentrum jüdischen Lebens der Stadt. Die Nazis zerstörten die Bornplatzsynagoge in der Reichspogromnacht und ließen die Ruine später auf Kosten der Jüdischen Gemeinde abreißen. Ein Mosaik auf dem früheren Bornplatz, der nun Joseph-Carlebach-Platz heißt, erinnert an das Gotteshaus. Ein Wiederaufbau ist vorgesehen.

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025

Australien

Behörden entfernen Blumenmeer für die Opfer von Bondi Beach

Die Regierung von New South Wales erklärt, man habe sich vor dem Abtransport der Blumen eng mit der jüdischen Gemeinde abgestimmt

 22.12.2025

Sydney

Attentäter warfen Sprengsätze auf Teilnehmer der Chanukka-Feier

Die mutmaßlichen Attentäter Naveed und Sajid Akram bereiteten sich auf das Massaker vor. Ihre Bomben explodierten nicht

 22.12.2025

New York

Tucker Carlson ist »Antisemit des Jahres«

Die Organisation StopAntisemitism erklärt, ausschlaggebend seien Beiträge, in denen er erklärten Judenhassern, Holocaustleugnern und extremistischen Ideologen eine große Bühne geboten habe

 22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Gaza

Das Problem mit der Entwaffnung

Die Hamas weigert sich strikt, die Waffen niederzulegen. Was Zustimmung in der palästinensischen Bevölkerung findet und den Friedensplan stocken lässt

 21.12.2025 Aktualisiert

Interview

»Die Zustände für Juden sind unhaltbar. Es braucht einen Aufstand der Anständigen«

Zentralratspräsident Josef Schuster über den islamistischen Anschlag von Sydney und das jüdische Leben in Deutschland nach dem 7. Oktober

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025