Nach dem umstrittenen Ausschluss von 47 jüdischen Jugendlichen aus einem Vueling-Flug in Valencia wächst der Druck auf die spanische Fluggesellschaft. Zahlreiche jüdische Organisationen in Spanien, Frankreich und den USA kündigten rechtliche Schritte an, wie die Publikation »Enfoque Judío« berichtet. Sie werfen dem Unternehmen Diskriminierung und eine voreingenommene Darstellung des Vorfalls vor.
Nach Angaben der Organisationen saßen die Jugendlichen – Teilnehmer eines jüdischen Sommerlagers – ruhig auf ihren Plätzen, als der Pilot des Fluges VY8166 ohne nachvollziehbare Begründung deren Ausstieg anordnete. Zuvor hatten die Jugendlichen nach Angaben des Kinneret Club, dem Organisator des Ferienlagers, auf Hebräisch im Flieger gesungen.
Die Fluggesellschaft hatte den Vorfall später mit angeblich sicherheitsrelevantem Verhalten der Gruppe begründet. Belege dafür legte sie bislang nicht vor. Jüdische Organisationen sprechen hingegen von einem »willkürlichen und unverhältnismäßigen« Vorgehen und berufen sich auf Aussagen unbeteiligter Augenzeugen.
Besonders heftig fällt die Kritik an einer von Vueling veröffentlichten Erklärung aus, in der den Jugendlichen gewalttätiges Verhalten unterstellt wird. Diese Darstellung habe eine Welle an Schmähungen in sozialen Netzwerken ausgelöst, heißt es. Unter anderem sei den Jugendlichen von Nutzern unterstellt worden, sie hätten antipalästinensische Lieder gesungen oder versucht, Sicherheitssysteme zu manipulieren.
Klagen eingereicht
Der Kinneret Club und die Bewegung Movimiento contra la Intolerancia (MCI) legten bereits Klagen gegen Vueling ein, auch wegen Antisemitismus. MCI-Präsident Esteban Ibarra wurde von »Enfoque Judío« zitiert. Er erklärte demnach, die Entscheidung, die Jugendlichen aus dem Flugzeug zu verweisen, könne durch religiöse Vorurteile und die jüdische Herkunft der Minderjährigen motiviert gewesen sein.
Traumatisierender Einsatz
Nach dem Vorfall war die Guardia Civil eingeschaltet worden. Die Gruppe wurde stundenlang festgehalten, eine 21-jährige Betreuerin vorübergehend festgenommen. Laut den Organisationen mussten einige der Jugendlichen auf Anweisung der Polizei Videoaufnahmen von dem Vorfall löschen. Die Rede ist von einem traumatisierenden Einsatz mit übertriebener Härte.
Die spanische Organisation Acción y Comunicacion sobre Oriente Medio (ACOM), die französische Organisation Juive Européenne (OJE) sowie das National Jewish Advocacy Center wollen nun alle rechtlichen Mittel ausschöpfen. Auch der Kinneret Club, Veranstalter des Ferienlagers, hat eine Klage eingereicht – unter anderem wegen Diskriminierung, Rufschädigung und psychischer Belastung der Minderjährigen.
Zudem liegt eine Anzeige der spanischen Organisation Movimiento contra la Intolerancia bei der Staatsanwaltschaft vor. Sie fordert eine strafrechtliche Untersuchung wegen möglicher Verstöße gegen das Antidiskriminierungsrecht und die Kinderrechte.
Unabhängige Aufklärung
Weitere Organisationen wie die Federación de Comunidades Judías de España und Yad Vashem España verlangen laut »Enfoque Judío« eine unabhängige Aufklärung. Sie kritisieren, dass Vueling bislang keine konkreten Beweise für seine Vorhaltungen vorgelegt habe. Weder interne Berichte noch Aufnahmen aus der Kabine lägen vor. Die Jugendlichen hätten lediglich religiöse Symbole wie Kippot getragen und sich auf Hebräisch unterhalten. Dies sei offenbar Anlass für den Einsatz gewesen.
Der Jüdische Weltkongress (WJC) sowie die Anti-Defamation League (ADL) fordern vollständige Transparenz. Die französische Organisation Licra warf Spaniens Verkehrsminister gar vor, durch abwertende Äußerungen in sozialen Netzwerken Öl ins Feuer gegossen zu haben.
Ob Vueling oder die spanischen Behörden eine interne Untersuchung einleiten, ist bislang nicht bekannt. im