Berlin

»Jetzt lebt es sich besser in diesem Land«

Lea Rosh Foto: picture alliance/dpa

20 Jahre nach Eröffnung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas sieht sich die Initiatorin Lea Rosh bestätigt. Es sei der richtige Ort mitten in Berlin und auch die richtige Form, um die Erinnerung an die NS-Verbrechen wachzuhalten, sagte Rosh. Für sie persönlich gelte ein Satz, den ihr Mann nach der Eröffnung des Mahnmals geprägt habe: »›Jetzt lebt es sich hier besser, in diesem Land.‹ Das ist doch ein toller Satz.«

Rosh hatte schon 1988 ein Denkmal für die ermordeten Juden angeregt und viele Jahre später gemeinsam mit anderen gegen Widerstände durchgesetzt. Letztlich wurde nach einem Entwurf des New Yorker Architekten Peter Eisenman südlich des Brandenburger Tors auf 19.000 Quadratmetern ein Feld von mehr als 2700 Betonstelen errichtet, ergänzt um einen unterirdischen Ort der Information. Die Eröffnung war am 10. Mai 2005, die ersten Besucher kamen zwei Tage später.

»Da gab es viele Gegner«

Warum hat es so lange gedauert? »Da gab es viele Gegner«, erinnerte sich Rosh. »Warum so ein Denkmal überhaupt? Nicht alle waren Antisemiten, aber es waren schon auch Antisemiten dabei.« Viele hätten gar kein Denkmal gewollt oder ein kleineres oder eines weit draußen am Stadtrand. »Also Widerstände gab es viele, aber es gab eben auch viele Befürworter«, sagte die 88-jährige frühere Fernsehjournalistin. Zu den Unterstützern zählte sie den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und die SPD-Politiker Hans-Jochen Vogel und Wolfgang Thierse.

Wichtig sei ihr der unterirdische Ort der Information, sagte Rosh. Die Ausstellung dokumentiert die Verfolgung und Vernichtung der etwa sechs Millionen Juden durch die Nationalsozialisten. »Das sage ich vor allen Dingen jungen Leuten: Man muss runtergehen und in den Ort der Informationen und sich die Informationen holen. Man muss lernen. Man muss wissen, warum, wie hat das funktioniert, wer hat das gemacht?«

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Hunderttausende Besucher

In den Ort der Information kamen nach Angaben der Denkmal-Stiftung im vergangenen Jahr rund 310.000 Besucher. Die Besucherzahlen am Stelenfeld werden nicht erfasst. Doch kämen wohl fast alle der knapp 13 Millionen Berlin-Touristen dort vorbei, vermutet die Stiftung. Rosh sagte, der Standort sei richtig gewählt und stehe auch nicht in Konkurrenz zu Gedenkstätten wie den ehemaligen NS-Konzentrationslagern. »Dieses hier ist zentral in der Hauptstadt, ein zentraler Ort, ein zentraler Punkt in der Stadt. Da gehen die Leute hin.«

Gerade an der Platzierung des Holocaust-Mahnmals mitten in der Hauptstadt gab es immer wieder Kritik. Der Schriftsteller Martin Walser nannte die Pläne 1998 einen »fußballfeldgroßen Alptraum« und die »Monumentalisierung der Schande«. Der AfD-Politiker Björn Höcke sagte 2017: »Die Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.« Initiatorin Rosh sagte dazu nur: »Wir sehen das ja an den Besuchern, die kommen. Das ist totale Bejahung des Ortes, des Standortes.«

Kein »Schlussstrich«

Eine Debatte über einen »Schlussstrich« unter das Gedenken an die NS-Verbrechen sieht Rosh nicht. »Wir müssen doch gedenken. Ohne zurück in die Vergangenheit zu gucken, können wir nicht in die Zukunft gucken. Wir können die Zukunft nicht gestalten, ohne dass wir die Vergangenheit in uns haben, bearbeiten und damit umgehen.« Die Bildungsarbeit mit Schulklassen ermutige sie. »Also daran sehe ich, es ist nicht umsonst.«

Auf die Frage, ob das Mahnmal ihr Lebenswerk sei, sagte Rosh dies: »Wissen Sie, ich habe dafür 17 Jahre gekämpft. Das ist ein Teil meines Lebens. Ob es mein Lebenswerk ist, weiß ich nicht. Wenn ich vorbeifahre, sagt mein Mann häufig: »Guck mal, da ist dein Denkmal«. Und dann denke ich schon: »Ja, ja, das ist schon mein Denkmal.« Aber mein Lebenswerk? Mein Leben ist ja noch nicht zu Ende. Wer weiß, was ich noch mache.«

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