Hamburg

»Das Islamische Zentrum ist eine immense Gefahr für Juden«

Die Blaue Moschee des IZH an der Hamburger Außenalster Foto: picture alliance/dpa

Das Islamische Zentrum Hamburg hat seinen Rücktritt aus dem Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura) bekannt gegeben. Das IZH gilt als verlängerter Arm des iranischen Mullah-Regimes und wird vom Hamburger Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft.

Im Zuge der jüngsten Iranproteste wurde die Forderung immer lauter, die bestehenden Staatsverträge, die die Stadt Hamburg einst mit der Schura (und damit auch mit dem IZH) schloss, aufzulösen. Anfang November sprach sich der Bundestag für die Schließung des IZHs aus.

Das IZH erklärte via Pressemitteilung, dass der Rücktritt zur »Entlastung der Schura Hamburg und vor allem zum Wohle der Einheit unter den Muslimen« erfolgt sei. Auch die Schura meldete sich diesbezüglich zu Wort. In einem Statement erklärte der Vorsitzende Fatih Yildiz: »Wir haben es uns nicht einfach gemacht und zahlreiche Gespräche geführt, die zu dem Resultat geführt haben, dass das IZH kein Mitglied mehr bei der Schura ist.«

»Nach dem, was der Verfassungsschutz in Hamburg über das IZH sagt, sollte man sich gut vorbereitet an eine Schließung machen.«

Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft

Kritik Für erneute Kritik sorgte nun, dass die Schura dem IZH auch in Zukunft »geschwisterlich zur Verfügung« stehen wolle. Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), erklärte hierzu auf Anfrage: »Vor dieser Verortung kann man natürlich die Augen verschließen. Sollte man aber nicht. Dem Staatsvertrag mit der Schura täte ein Ruhen gut. Das Herumgeeiere beim IZH zeigt, dass es bei der Schura an demokratischer Substanz und Überzeugung fehlt.«

Zudem fordert er: »Nach dem, was der Verfassungsschutz in Hamburg über das IZH sagt, sollte man sich gut vorbereitet an eine Schließung machen.«

In einer Pressemitteilung forderte die DIG zudem, dass nicht nur eine Schließung des IZHs geprüft werden solle, sondern die »aller dem iranischen Regime treu ergebenen Moscheen«.

2012 hatte die Stadt Hamburg mit muslimischen Verbänden, darunter die Schura, Staatsverträge geschlossen. Sie galten als Zeichen der Anerkennung muslimischer Gemeinden und sollten den Austausch zwischen Muslimen, der Politik und Verwaltung fördern. Bald sollen die Verträge neu evaluiert werden.

Zuletzt hatten die Hamburger SPD und die mitregierenden Grünen auf ihren Parteitagen beschlossen, dass das IZH bei Verträgen mit der Stadt zukünftig keine Rolle mehr spielen dürfe. Damit wuchs auch der Druck auf die Schura.

Das IZH stelle hierzulande eine immense Gefahr für die jüdische Gemeinschaft dar, warnt ACJ-Direktor Remko Leemhuis

Seit fast drei Jahrzehnten berichtet das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz über das IZH, welches die Blaue Mosche an der Außenalster betreibt. In seinem Jahresbericht 2021 schreibt der Verfassungsschutz: »Die Position des IZH-Leiters wird traditionell mit einem linientreuen Anhänger der iranischen Staatsdoktrin und der islamischen Revolutionsziele besetzt. Er gilt als Vertreter des Revolutionsführers Khamenei in Europa und in der schiitischen Gemeinde als religiöser Repräsentant des Iran.«

Der Verfassungsschutz habe im Jahr 2021 zudem umfassende Erkenntnisse gewinnen können, welche »die genaue Eingliederung des IZH in den iranischen Staatsapparat verdeutlichen.« Auch ein Schreiben, das der Großayatollah und, laut Verfassungsschutz, Holocaust-Leugner Makarem Schirazi an den IZH-Leiter richtete, sei festgestellt worden.

Im Zuge des Schura-Rücktritts schrieb das IZH, dass es seit Jahren »unfairen Anschuldigungen des Verfassungsschutzes« ausgesetzt sei. Auch alle anderen Vorwürfe wies das IZH zurück und beklagt, Opfer medialer Hetze geworden zu sein.

Gefahr Das American Jewish Committee (AJC) Berlin kommentierte den Rücktritt als einen »längst überfälligen Schritt.« AJC-Direktor Remko Leemhuis erklärte: »Das IZH ist die wichtigste Außenstelle des Mullah-Regimes nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Dem Zentrum, welches direkt aus dem Iran gesteuert wird, kommt damit eine zentrale Funktion bei der Verbreitung der antisemitischen und misogynen Ideologie des Regimes zu, welches regelmäßig mit der Vernichtung Israels droht.«

Das IZH stelle hierzulande eine immense Gefahr für die jüdische Gemeinschaft dar, so Leemhuis. Aber auch oppositionelle Iraner, Kurden sowie weitere Minderheiten seien durch die Aktivitäten des Zentrums bedroht.

Der Psychologe und Islamismusexperte Ahmad Mansour erklärte gegenüber der Jüdischen Allgemeinen: »Dass das IZH jetzt aus der Schura austritt, ohne die eigene Haltung zu hinterfragen, war zu erwarten.« Wer sich damit zufriedengebe, habe nichts verstanden, so Mansour. Auch er fordert die Schließung.

Nach dem Austritt des IZH zeigte sich Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erleichtert. Der Regierungschef begrüße den Schritt, sagte ein Senatssprecher. »Maßgebliche Vertreter des IZH haben in der Vergangenheit immer wieder eklatant gegen den Geist der Staatsverträge mit den islamischen Verbänden in Hamburg verstoßen«, begründete er. Die Stadt werde daher auch die Bundesregierung bei der geplanten Prüfung eines Verbots des IZH vollumfänglich unterstützen.

Der religionspolitische Sprecher der in Hamburg mitregierenden Grünen, Michael Gwosdz, erklärte: »Mit dem Austritt aus der Schura kommt das IZH seinem Ausschluss zuvor.« Nun könne sich die Stadt bei den Beratungen über die Verträge mit den islamischen Religionsgemeinschaften wieder auf die Inhalte konzentrieren.

Der Hamburger CDU-Fraktionsvorsitzende Dennis Thering bezeichnete den Austritt als »lange überfällig«. Bedenklich sei hingegen, dass die Schura nach eigenen Aussagen dem IZH weiterhin »geschwisterlich« zur Verfügung stehe und es sich in der Diskussion rund um das IZH »nicht einfach gemacht« habe. »Für erfolgreiche Staatsverträge mit der Stadt Hamburg verlange ich von der Schura eine ganz klare Abgrenzung gegenüber extremistischen Vereinigungen«, so der Oppositionsführer.

Lesen Sie Ahmad Mansours Kommentartext zum IZH in der kommenden Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Medien

So erzeugt man einen gefährlichen Spin

Wie das Medienunternehmen »Correctiv« den Versuch unternimmt, die Arbeit des israelischen Psychologen Ahmad Mansour fragwürdig erscheinen zu lassen

von Susanne Schröter  06.11.2025

Meinung

Wenn deutsche Linke jüdische Selbstbestimmung ablehnen

In einer Resolution delegitimiert die Linksjugend Israel als koloniales, rassistisches Projekt. Dabei ist der Staat der Juden nicht zuletzt eine Konsequenz aus den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus

von Frederik Schindler  06.11.2025

Ostdeutschland

AfD-Regierung als »Schreckensszenario«

Zehn Monate vor den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt wächst in den jüdischen Gemeinden die Sorge vor einem Sieg der AfD

von Joshua Schultheis  06.11.2025

9. November

Erinnerung ohne Empathie ist leer

Wenn Deutschland am Sonntag der Pogromnacht gedenkt, darf Erinnerung nicht nur rückwärtsgewandt sein. Sie muss auch die Angst der Juden von heute im Blick haben

von Tobias Kühn  06.11.2025

Karlsruhe/Aarhus

Erneut Festnahme wegen mutmaßlicher Terrorpläne gegen jüdische Ziele

In Dänemark wurde ein Afghane festgenommen, der nach Erkenntnissen des deutschen Generalbundesanwalts Waffen und Sprengstoff für Anschläge auf Einrichtungen in Deutschland beschaffen sollte

 06.11.2025

Hanau

Hakenkreuze aus Menschenblut auf Autos geschmiert

Schauerliche Entdeckung im Hanauer Stadtteil Lamboy: Das Nazi-Symbol wurde auf Autos, Briefkästen und Hauswänden entdeckt. Die Polizei bittet die Bevölkerung um Hinweise

 06.11.2025