Mit einem offenen Gewaltaufruf gegen den Chef der Internationalen Atomenergiebehörde hat eine iranische Zeitung Empörung im Westen ausgelöst. Außenminister Johann Wadephul (CDU) schrieb auf der Plattform X: »Die Bedrohungen aus dem Iran sind zutiefst beunruhigend.« US-Außenminister Marco Rubio nannte die Forderungen nach »Verhaftung und Hinrichtung« von Rafael Grossi »inakzeptabel«.
Die Tageszeitung »Kayhan« begründete den unverhohlenen Gewaltaufruf mit der Behauptung, Grossi habe »für Israel spioniert«. Die Zeitung wird im Land als staatliches Propagandablatt eingestuft. Ihr Herausgeber Hussein Schariatmadari gilt als radikaler Islamist.
Der Iran besitzt der IAEA zufolge unter anderem mehr als 400 Kilogramm Uran.
Hintergrund der Anfeindungen ist die im Iran verbreitete Darstellung, dass der Bericht der IAEA Auslöser der israelischen Angriffe und den zwölftägigen Krieg waren. Das Lenkungsgremium der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien hatte in einer Resolution formell festgestellt, dass Teheran gegen seine Verpflichtung verstoßen habe, sein gesamtes Atomprogramm offenzulegen. Die IAEA-Resolution wurde verabschiedet, nachdem sich Teheran jahrelang geweigert hatte, geheime Atom-Aktivitäten in der Vergangenheit aufzuklären.
Der Iran besitzt der IAEA zufolge unter anderem mehr als 400 Kilogramm Uran mit einem beinahe waffentauglichen Reinheitsgrad von 60 Prozent. Nach Angaben von Diplomaten könnten damit einige Atomwaffen hergestellt werden, falls das Material noch weiter auf 90 Prozent angereichert würde. Die Führung in Teheran beharrt darauf, keine Atomwaffen bauen zu wollen. Israel und die USA hatten ihre jüngsten Angriffe unter anderem mit der Abwehr einer nuklearen Bedrohung durch den Iran begründet.
Als Reaktion auf die israelischen und US-amerikanischen Angriffe auf die Atomanlagen hatte Irans Parlament zuletzt für eine Aussetzung der Zusammenarbeit mit der IAEA gestimmt, bis die Organisation die Angriffe der USA und Israels auf die Nuklearanlagen verurteile und das iranische Atomprogramm anerkenne. dpa