Diplomatie

Heikle Mission: Johann Wadephul fliegt nach Israel

Johann Wadephul (CDU) im Flughafen Berlin, aufgenommen am 17. Juli. Von hier aus fliegt der Bundesaußenminister am Donnerstag nach Tel Aviv. Foto: picture alliance / AA/photothek.de

Bundeskanzler Friedrich Merz schickt seinen Chefdiplomaten mit einem wichtigen Auftrag nach Jerusalem. Johann Wadephul (CDU) soll dem Verbündeten zwei klare Botschaften übermitteln: Israel muss die katastrophale humanitäre Situation in Gaza »sofort, umfassend und nachhaltig verbessern«. Und das Land muss seinen Teil zu einem »umfassenden und nicht nur kurzfristigen Waffenstillstand« mit der Terrororganisation Hamas beitragen.

So hatte es der Kanzler am Montag nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts ausgedrückt. Sie war wegen der sich zuspitzenden Lage in dem Küstenstreifen einberufen worden. Bei aller Deutlichkeit der Forderungen betonte Merz jedoch erneut: »Wir stehen an der Seite Israels.«

Es ist also ein diplomatischer Spagat, den Wadephul versuchen muss, wenn er am Donnerstagnachmittag in Israel ankommt. Zunächst wird er seinen israelischen Kollegen Gideon Sa’ar treffen. Am Donnerstagabend trifft er sich dann auch zu Gesprächen mit Staatspräsident Isaac Herzog und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Am Freitag will er dann in Jerusalem mit UN-Vertretern und in Ramallah mit Vertretern der palästinensischen Autonomiebehörde zusammenkommen, bevor er zurück nach Deutschland fliegt.

Nur etwa 24 Stunden hat Wadephul, um sein Anliegen zu übermitteln. Kein einfaches Unterfangen: Sein zweiter Besuch als Außenminister im jüdischen Staat fällt in eine Zeit, in der in Deutschland und in Europa die Kritik an Israels Vorgehen im Gazastreifen eine neue Intensität erreicht hat.

Die EU-Kommission will Israel sanktionieren

Verschiedene UN-Organisationen sehen dort eine akute Hungerkrise. Israel widerspricht dieser Darstellung und lässt gleichzeitig seit Sonntag mehrere Stunden am Tag die Waffen ruhen sowie mehr Hilfslieferungen nach Gaza hinein.

Doch manchen europäischen Staaten reicht das nicht mehr. Frankreichs Präsident Macron erklärte vergangene Woche, aus Protest gegen Israels Haltung einen Palästinenserstaat anerkennen zu wollen. Die britische Regierung will diesen Schritt im September ebenfalls gehen - es sei denn, Israel beende seine Militäroperation in Gaza bis dahin.

Die Europäische Kommission hat nun vorgeschlagen, Israel zu sanktionieren und dessen Teilnahme am Forschungsförderprogramm »Horizon Europe« teilweise auszusetzen. Die Begründung ist auch hier die gleiche: Israel verstoße mit der mangelhaften Versorgung der Zivilbevölkerung in Gaza gegen die Menschenrechte und damit gegen das zwischen der EU und Israel geschlossene Partnerschaftsabkommen.

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Dass die Implementierung der EU-Sanktion noch nicht in die Wege beschlossen wurde, liegt auch am Widerstand Deutschlands. Eine Mehrheit der 27 Mitgliedsstaaten steht offenbar noch nicht. In Berlin bewertet man die von Israel am Sonntag ergriffenen Maßnahmen als wichtigen ersten Schritt. Die Bundesregierung will dem Verbündeten mehr Zeit geben.

Erwartungen der Bundesregierung an Jerusalem

»Wir werden die Situation und die Entwicklung in Gaza weiter eng verfolgen«, hatte Merz am Montag deutlich gemacht. Am kommenden Wochenende, also nach Wadephuls Rückkehr aus Israel, wolle man noch einmal ausführlich über die Lage sprechen, kündigte der Bundeskanzler an. Merz machte deutlich: Von den Ereignissen und Gesprächen der kommenden Tage macht die Bundesregierung abhängig, ob sie sich den Sanktionsplänen der EU-Kommissionen anschließt oder nicht.

Die Israelis können von ihrem wichtigsten Partner in Europa also keineswegs einen reinen Solidaritätsbesuch erhoffen. Der Bundesaußenminister wird mit klaren Erwartungen in Jerusalem auftreten. Kommt Wadephul ohne Zugeständnisse zurück nach Berlin, könnte es mit der Geduld des Kanzlers bald ein Ende haben.

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