Meinung

Geraune statt Journalismus

Lahav Shapira Foto: picture alliance / SZ Photo

Nach antisemitischen Karikaturen, nach der Bebilderung des deutschen Bahnchaos mit den Gleisen von Auschwitz, einer fragwürdigen Wortwahl und vielen anderen Entgleisungen sollte ich es besser wissen. Aber dann habe ich doch wieder die »Süddeutsche Zeitung« gelesen. What the hell? Werte Kollegen, was ist los mit Ihnen?

In dem bereits seltsam betitelten Artikel »Nahostkonflikt: ›Ich hätte ja auch sterben können‹« vom 23. März aus der Feder von Constanze von Bullion geht es um den brutalen Angriff auf den Studenten Lahav Shapira, der Anfang Februar auf offener Straße von einem Kommilitonen zusammengeschlagen wurde.

https://twitter.com/ISefati/status/1760593561806901255?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1760593561806901255%7Ctwgr%5Ec63c8188e0cb9561bbf4336f4a3cf21a528d3f14%7Ctwcon%5Es1_&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.juedische-allgemeine.de%2Fpolitik%2Fich-wurde-angegriffen-weil-ich-fuer-israel-einstehe%2F

Die beiden sollen sich aus WhatsApp-Chats kennen, in denen Shapira immer wieder als Zionist beschimpft und bedroht worden sein soll. Shapira ist jüdischer Israeli und in Deutschland aufgewachsen, der Tatverdächtige soll einen palästinensischen Hintergrund haben. Beide sind politisch engagiert.

Hören und Sehen

Der mutmaßliche Angreifer wollte nicht mit der Autorin sprechen, Shapira schon, was offensichtlich ein Fehler war. Denn die SZ-Journalistin setzt zu einem Geraune an, dass einem Hören und Sehen vergeht. Gerade noch beschreibt sie detailliert die in der Charité festgestellten Verletzungen: komplexe Mittelgesichtsfrakturen, Nasenbeinbruch, Schädel-Hirn-Trauma, als sie schon zu relativieren beginnt.

Es sei eine »kleine« Einblutung im Gehirn, »kein Nachweis einer raumgreifenden intrakraniellen Blutung«. Und dann stehe da auch »ADHS« im Arztbericht. »Das dürfte noch eine Rolle spielen«, schreibt sie. Und sie weiß auch sehr genau welche, denn dieser Artikel macht vor allem eines: Er sucht die Schuld bei Shapira.

Versammelte Andeutungen

Denn es gebe Dinge, von denen Shapira nicht erzähle. »Wie es ist, wenn der Zorn kommt, zum Beispiel.« Manche hielten ihn für einen »Provokateur, der leicht die Kontrolle verliert«, und »fragt man ihn nach dem Kürzel ADHS im Arztbrief der Charité, korrigiert er sanft: ADS. Das führe nicht zu Reizbarkeit, sondern zu Konzentrationsschwäche.« Aber »andere sehen das anders«, murmelt die Autorin.

Was genau möchten Sie uns mit Ihren versammelten Andeutungen sagen, Kollegin? Dass der Tritt ins Gesicht gerechtfertigt sei, weil Shapira nicht die andere Wange hingehalten hat?

Wenn ein Mensch sich wehrt, rechtfertigt das nicht die Tat. Das sollten Journalisten wissen. Außer sie möchten, dass es anders ist.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 07.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025

Justiz

Gericht bestätigt Verbot der Parole »From the river to the sea«

Ein von der Stadt Bremen erlassenes Verbot sei rechtmäßig, entschied nun das Verwaltungsgericht Bremen

 07.12.2025

Yad Vashem

Merz: »Wir werden die Erinnerung lebendig halten«

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche für Kanzler Merz. Der zweite Tag in Israel beginnt für ihn mit dem Besuch eines besonderen Ortes

 07.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 07.12.2025

Simi Valley

»Vorbildliche Verbündete«: Hegseth nennt Israel und Deutschland

Die Signale, die jüngst aus den USA in Richtung Europa drangen, waren alles andere als positiv. Der US-Verteidigungsminister findet nun allerdings nicht nur Lob für den jüdischen Staat, sondern auch für einige EU-Staaten

 07.12.2025

Soziale Medien

Musk nach Millionenstrafe gegen X: EU abschaffen

Beim Kurznachrichtendienst X fehlt es an Transparenz, befand die EU-Kommission - und verhängte eine Strafe gegen das Unternehmen von Elon Musk. Der reagiert auf seine Weise

 07.12.2025

Jerusalem

Merz: Deutschland wird immer an der Seite Israels stehen

Der Bundeskanzler bekräftigt bei seiner Israel-Reise die enge Partnerschaft. Am Sonntag besucht er die Yad Vashem und trifft Premierminister Netanjahu

von Sara Lemel  07.12.2025 Aktualisiert

Diplomatie

»Dem Terror der Hamas endgültig die Grundlage entziehen«

Es ist eine seiner bisher wichtigsten Auslandsreisen, aber auch eine der schwierigsten. Kanzler Merz ist für zwei Tage im Nahen Osten unterwegs

 06.12.2025