Medien

Karikatur des Tages

Krake mit Hakennase und Tentakeln Foto: JA

Langsam scheint es zur Gewohnheit zu werden. Erneut steht die »Süddeutsche Zeitung« (SZ) in der Kritik, eine Bildkomposition publiziert zu haben, die Leser an das NS-Hetzblatt »Stürmer« erinnert. Am vergangenen Freitag druckte das Münchner Blatt in einer Teilauflage eine Karikatur, die den Facebook-Gründer Mark Zuckerberg als Krake mit Hakennase und fleischigen Lippen zeigt; die Tentakeln wecken Assoziationen an Pejes. Anlass der Zeichnung war die Übernahme von WhatsApp durch den Facebook-Konzern.

andruck Die unsägliche Botschaft, die ihre Karikatur vermittelt, ist der Redaktion der SZ nicht verborgen geblieben. Offensichtlich wuchsen von Andruck zu Andruck die Skrupel. Zunächst wurde die Bildunterzeile verändert: Aus »Krake Zuckerberg« wurde »Krake Facebook«; die zuletzt gedruckte Ausgabe, die in München verkauft wurde, erschien dann mit Krake, aber ohne das Gesicht Zuckerbergs.

»Der Chefredakteur, der die Idee mit mir entwickelt hatte, bekam nach Rücksprache mit der Redaktion Bedenken, die ich sofort teilte«, begründete der Zeichner Burkhard Mohr die Veränderung. Deswegen habe er die gesichtslose Krake nachgeschoben. »Da war es für die Frühausgabe aber schon zu spät«, zeigte sich der Karikaturist zerknirscht.

Er habe an dem Tag »sehr unter Zeitdruck« gestanden, rechtfertigte sich Mohr; ihm sei es um eine karikaturistische Überzeichnung von Facebook jenseits spezifischer Personen gegangen. Als Vorlage habe ihm der Krakenmann aus dem Film Fluch der Karibik gedient. »Mir ist in der Situation nicht aufgefallen, dass die Darstellung problematisch sein könnte, da ich Zuckerberg überhaupt nicht als Juden betrachtet habe«, sagte Mohr der Jüdischen Allgemeinen.

selbstkritik Die Kritik an seiner Karikatur könne er »absolut nachvollziehen«. Dass sie wie eine antijüdische Hetz-Zeichnung aussähe, tue ihm sehr leid. »In keinem Fall wollte ich einem dieser Klischees folgen«, so der in Königswinter bei Bonn lebende Künstler, der auch für die FAZ, das Handelsblatt oder die Stuttgarter Zeitung arbeitet. Für ihn als Karikaturisten sei es »ein Desaster, in eine derartige Schublade gesteckt zu werden«. Wer seine Zeichnungen und ihn kenne, wisse, »dass es mir völlig fernliegt, Menschen ob ihrer Nationalität, religiösen Einstellung oder Herkunft zu diffamieren«.

Die SZ distanziert sich inzwischen öffentlich von dem Machwerk. »Wir entschuldigen uns für die Karikatur«, heißt es etwa auf Twitter. Das Problem ist nur: Die SZ ist Wiederholungstäterin. Zuletzt sorgte sie im Sommer 2013 für Aufregung, als sie zu einer Zeichnung, die ein mit Messer und Gabel bewaffnetes Monster zeigte, schrieb: »Deutschland serviert. Seit Jahrzehnten wird Israel, teils umsonst, mit Waffen versorgt. Israels Feinde halten das Land für einen gefräßigen Moloch.«

Erst nach heftigen Protesten sah sich die Redaktion damals zu einer Entschuldigung veranlasst: »Die Veröffentlichung der Zeichnung in diesem Kontext war ein Fehler.« Nun kam also ein neuer Fehler hinzu.

Holocaust

Charlotte Knobloch: Erinnerung darf niemals abreißen

Vor genau 90 Jahren waren die ersten Gefangenen ins KZ Dachau verschleppt worden

 22.03.2023

Justizreform

Europäische Juden rufen Israels Parteien zu Mäßigung auf

Rabbiner Goldschmidt: Die Spaltung bedroht Einheit und Sicherheit des jüdischen Volkes

 22.03.2023

Nahost

Israels Schreckensszenario?

China vermittelt ein Abkommen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien – zum Ärger des jüdischen Staates

von Sabine Brandes  21.03.2023

Antisemitismus

Kothaufen-Emoji als Antwort

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordert von Twitter einen sachlichen Umgang mit Anfragen

 21.03.2023

Italien

Empörung nach antisemitischen Vorfällen bei Römer Derby

Der Verein Lazio Rom verurteilte »jegliche diskriminierende, rassistische oder antisemitischen Kundgebungen«

 21.03.2023

Diplomatie

»Deutschland und Israel bleiben enge Verbündete«

CDU-Chef Friedrich Merz trifft Israels Oppositionsführer Yair Lapid

von Sara Lemel  20.03.2023

TV-Tipp

Die dunklen Seiten der sozialen Netzwerke

Wenn Rechtspopulisten und Staatsgegner Regierungsviertel und -gebäude stürmen, dann bereiten sie dies meist über soziale Netzwerke vor. Eine ARD-Doku zeigt, wie gefährlich diese inzwischen für die Demokratie sein können

von Wolfgang Wittenburg  20.03.2023

Menschenhass

Romani Rose: Juden und Roma waren stets Sündenböcke

Es gebe wieder ein Erstarken von Antisemitismus und Antiziganismus, so der Vorsitzende des Zentralrats

 20.03.2023

Nahost

Huwara: Israelisches Anschlagsopfer außer Lebensgefahr

Es war der zweite palästinensische Terroranschlag innerhalb kurzer Zeit

von Sabine Brandes  20.03.2023