Meinung

Eminenz und das Pogrom

Der Erzbischof und Vorsitzende der Vatikanischen Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, hat beklagt, es gebe im Fernsehen eine »künstlich erzeugte Wut« gegen seine Kirche, »die gelegentlich schon heute an eine Pogromstimmung erinnert«. Ja, muss man antworten, es gibt leider Christenverfolgung, jedoch nicht in Deutschland. Und, auch hier kann man Müller zustimmen, das Wort »Pogrom« ist nicht für drangsalierte, verfolgte und ermordete Juden reserviert, auch wenn der Begriff, der aus dem Russischen stammt, ursprünglich genau dafür, nämlich zur Beschreibung antisemitischer Übergriffe, benutzt wurde.

Alles andere an Müllers Worten ist falsch. Nicht nur, dass es hierzulande keine Bedrohung von Christen gibt und dass schon gar nicht die Gefahr von Übergriffen droht, die mit dem Wort Pogrom auch nur halbwegs adäquat zu umschreiben wären. Vor allem beziehen sich die Assoziationen, die der Begriff Pogrom auslöst, größtenteils auf die Verfolgung und Vernichtung von Juden.

Opfer Was Bischof Müller unternimmt, ist nichts anderes als der Versuch, eine Art von moralischer Überlegenheit zu erheischen, indem er sich als – mögliches, künftiges, eventuelles – Opfer präsentiert, das er nicht ist und nicht sein wird. Das für sich genommen ist schon unangenehm, um nicht zu sagen: unappetitlich. Doch da schwingt auch noch das Ressentiment mit, diejenigen, die real Opfer von Pogromen waren (und es, gleichermaßen realistisch wie pessimistisch betrachtet, jederzeit wieder sein können), lebten als Opfer besser. Man müsste, so die Logik, nur mal so richtig verfolgt werden. Danach gelte man als moralisch ernstzunehmende Stimme. Genau das, sie profitierten von der Schoa, wird ja Juden nicht gerade selten nachgesagt.

Eine moralisch ernstzunehmende Stimme zu sein, ist die Rolle, die ein katholischer Bischof gerne für sich reklamiert: ein Mann der Moral, der Werte und der nachdenklichen Worte. Wenn so jemand den Begriff »Pogrom« wählt, bloß um die aktuelle Kritik an seiner Kirche abzuwehren, so liegt er entweder historisch weit neben jeder Realität und jedem Feingefühl. Oder aber er beabsichtigt, dem von ihm gewählten Wort eine andere, eine harmlosere Konnotation zu geben. Für letztgenannte Vermutung spricht die Empirie: Zu den hierzulande sehr beliebten Schreibfehlern gehört »Progrom«. Das bedeutet gar nichts, ersetzt aber ein altes, hässliches Wort.

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen der gemeinnützigen Organisation wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025

New York

Mitglieder von Mamdanis Team haben Verbindungen zu »antizionistischen« Gruppen

Laut ADL haben mehr als 80 Nominierte entsprechende Kontakte oder eine dokumentierte Vorgeschichte mit israelfeindlichen Äußerungen

 23.12.2025

Düsseldorf

Reul: Bei einer Zusammenarbeit mit der AfD wäre ich weg aus der CDU

Die CDU hat jede koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Sollte sich daran jemals etwas ändern, will Nordrhein-Westfalens Innenminister persönliche Konsequenzen ziehen

 23.12.2025

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025

Australien

Behörden entfernen Blumenmeer für die Opfer von Bondi Beach

Die Regierung von New South Wales erklärt, man habe sich vor dem Abtransport der Blumen eng mit der jüdischen Gemeinde abgestimmt

 22.12.2025