Gründung

»Einen anderen Akzent setzen«

NEBA-Mitbegründer Julius H. Schoeps Foto: dpa

»Wir sind kein Alternativ-Expertenkreis.« Der Potsdamer Historiker Julius Schoeps spricht nicht nur für sich, sondern für das »Netzwerk zur Erforschung und Bekämpfung des Antisemitismus« (NEBA), das sich in der vergangenen Woche in Berlin gegründet hat. Neben dem von Schoeps geleiteten Moses Mendelssohn Zentrum der Universität Potsdam sind auch die Amadeu Antonio Stiftung (AAS) und das American Jewish Committee (AJC) dabei.

Es habe in den letzten Jahren viele Initiativen gegen Antisemitismus gegeben, sagt Deidre Berger vom AJC, »aber die hatten wenig Aufmerksamkeit. Jetzt wollen wir das bündeln«. Anetta Kahane von der AAS sagt, dass die NEBA-Gründung eine »zivilgesellschaftliche Antwort« auf aktuelle Debatten ist.

zusammensetzung
Es geht um die Kritik an der Zusammensetzung des »Expertenkreises Antisemitismus«, den das Bundesinnenministerium und der Bundestag berufen haben. Dort findet sich kein einziger jüdischer Vertreter, was vom Ministerium zunächst damit begründet worden war, es komme nicht auf Religionszugehörigkeit, sondern auf Kompetenz an. »Ich war irritiert«, sagt Schoeps. »Es musste ja kein Wissenschaftler sein, auch Praktiker gibt es doch. Aber die jüdische Perspektive fehlte völlig.«

Hinzu kommt ein Aspekt, den Deidre Berger betont: »Der Expertenkreis soll einen Bericht ausarbeiten. So etwas dauert. Aber es geht um ein aktuelles Problem, und es muss Möglichkeiten geben, schnell zu reagieren.«

themen Der Themenkatalog, den sich NEBA gegeben hat, ist so vielfältig wie das Phänomen, das er bearbeiten will. »Uns geht es um theologische Probleme, um Sicherheitsfragen, die ja zunehmen, um die Globalisierung des israelbezogenen Antisemitismus, um Verschwörungstheorien, wie sie im Internet verbreitet werden, um Islamismus und um Judenfeindschaft der Kirchen«, sagt Julius Schoeps. Und Anetta Kahane ergänzt: »Wir wollen nicht nur über muslimischen Antisemitismus sprechen, sondern über die gesamte Judenfeindschaft, die aus allen Ecken und Enden hervorkriecht.«

Da fänden sich dann auch oft Themen, »um die die Kommissionen gerne einen Bogen machen«. Dafür gibt Schoeps ein Beispiel: »Die Frage: ›Was heißt eigentlich Antisemitismusforschung?‹ Da dürfte es Kontroversen mit dem Expertenkreis geben. Oder auch bei einer solchen Frage: ›Wie geht die Bundesrepublik eigentlich mit Raubkunst um?‹.«

NEBA will regelmäßige Lageberichte zum Antisemitismus in Deutschland vorlegen. Im Juni 2015 organisiert das Netzwerk eine Konferenz in Berlin. Dort sollen Arbeiten zu den vielfältigen Erscheinungsformen des Antisemitismus vorgestellt und diskutiert werden. »Wir wollen eben einen anderen Akzent setzen«, sagt Schoeps. Und gleichzeitig betont der Historiker: »Wir sind kein Abwehrverein, wie es sie vor 1933 gab.«

Brüssel

Kampagne gegen die Beauftragte

Linke Europaabgeordnete fordern die Entlassung der Antisemitismusbeauftragten der EU-Kommission. Aus den jüdischen Gemeinden kommt nun massiver Gegenwind

von Michael Thaidigsmann  25.08.2025

Oberammergau

»Judenfreund«: Regisseur Stückl beklagt Anfeindungen

Christian Stückl leitet die berühmten Passionsspiele in Oberbayern. Lange wurde er dafür gewürdigt, das Werk von judenfeindlichen Passagen befreit zu haben. Nun dreht sich der Wind

 25.08.2025

Osnabrück

Nach Kritik an Migrationspolitik: Leon de Winter irritiert über Ausladung von Festival

Die örtliche jüdische Gemeinde hatte seinen geplanten Auftritt kurzfristig gestrichen, weil seine Haltung zu Migration »in deutlichem Gegensatz« zu deren »Grundwerten« stehe

 25.08.2025

New York

Jüdische Krankenschwester verklagt Krankenhaus wegen Diskriminierung

Die Pflegerin wirft der Klinik vor, sie nach pro-israelischen Beiträgen in sozialen Medien schikaniert und finanziell bestraft zu haben

 25.08.2025

Deutschland

Zentralrat der Juden: »Bedrohliche Stimmung« gegen Israel-Verteidiger

An zwei aufeinanderfolgenden Tagen kommt es in deutschen Städten zu Angriffen gegen Personen, die sich solidarisch mit Israel zeigen. Der Spitzenvertreter der jüdischen Gemeinschaft ist besorgt

von Burkhard Jürgens  24.08.2025

Berlin

FDP-Politikerin Preisler erneut auf Demo angegriffen

»Propalästinensische« Demonstrantinnen hatten die Aktivistin und FDP-Politikerin später bis in die U Bahn verfolgt

 24.08.2025

Ankara

Emine Erdoğan schreibt Brief an Melania Trump

Die Frau des türkischen Präsidenten hat einen Brief an die First Lady der USA geschrieben, in dem sie auf das Schicksal der Kinder in Gaza aufmerksam macht. Ihr Mann fällt immer wieder mit perfiden Aussagen zu Israel und seiner Nähe zur Hamas auf

 24.08.2025

Israel

Rabbiner verhindert Anschlag auf Generalstaatsanwältin

Ein Mann hatte den früheren Oberrabbiner Jitzchak Josef um dessen religiöse Zustimmung zur »Tötung eines Aggressors« ersucht. Die Hintergründe

 24.08.2025

Hessen

»Propalästinensische« Demonstranten attackieren jüdische Aktivisten

Bei den Angegriffenen handelt es sich um Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Frankfurt

 23.08.2025