Wir haben es bereits gehört, aber ich wiederhole es gern. Dieser Preis wird an Persönlichkeiten, Institutionen und Organisationen verliehen, die sich im besonderen Maße um die Förderung der Menschen- und Kinderrechte, um die Wahrung des Friedens und die Bekämpfung von Hass, Gewalt und Menschenfeindlichkeit verdient gemacht haben.
Heute wird mit dem Janusz-Korczak-Preis jemand ausgezeichnet, der wie kaum ein anderer, wie kaum eine andere, all das in einer Person ausmacht. Wir zeichnen nicht nur eine Persönlichkeit aus, sondern auch eine Institution, wir ehren eine Frau, die einen bewundernswerten, standhaften Charakter hat und all die menschlichen Eigenschaften in sich vereint, die vom Preisträger und der Preisträgerin gefordert werden.
Sie ist stark im Auftreten, eloquent in der Sprache, sie spitzt zu, sie ist aber auch nachdenklich. Und wie ich aus eigener persönlicher Beobachtung weiß, hat sie ein genuines Interesse an Menschen. Das würde jeder Politiker von sich behaupten, er will ja gewählt werden. Aber ich habe sehr oft erlebt, dass Dr. Strack-Zimmermann ein genuines Interesse an Menschen hat, auch abseits von Kameras oder Journalisten. Und ich glaube, diese Zugewandtheit zu den Menschen ist eine Charaktereigenschaft, die Frau Dr. Strack-Zimmermann wie kaum jemand anderen im deutschen Politikbetrieb auszeichnet. All das macht sie aus intrinsischem Antrieb und nicht, wie ich es gerade schon erwähnt habe, aus Gründen, die man manchmal als Politiker haben muss. Das will ich jetzt gar nicht abwerten, aber es ist eine Qualität all ihrer Auftritte und all ihrer Engagements als Politikerin. Und das muss man deutlich hervorheben, weil es eine Qualität ist, die zunehmend verloren geht.
Dr. Strack-Zimmermann hat ein genuines Interesse an Menschen, auch abseits von Kameras oder Journalisten.
Und jetzt sage ich, warum ich Dr. Strack-Zimmermann auch als eine Institution betrachte. Sie ist eine Institution im deutschen und jetzt auch im europäischen Politikbetrieb, die einen klaren moralischen und politischen Kompass hat. Eine Institution, die es sich nicht einfach macht, aber die eine laute Stimme für Frieden und Gerechtigkeit in dieser Welt ist. Eine laute Stimme, die sich auch nicht von absurden Vorwürfen der Kriegstreiberei abhalten lässt. In all ihren Äußerungen zu Fragen des Friedens, des Krieges, der Sicherheit – ob in der Presse, in Talkshows, in Diskussionsrunden -, egal, ob es um die Ukraine geht, um den Mittleren und Nahen Osten oder um Taiwan, steht sie an der Seite der Gerechtigkeit. Und das in einer Art und Weise, in der sie nie müde wird, auch auf das konkrete Leid von Menschen hinzuweisen, die Opfer von Gewalt, Flucht und Vertreibung wurden oder es noch immer sind. Sie wird nicht müde, darauf hinzuweisen, was es bedeutet - wenn wir uns jetzt der Ukraine zuwenden - unter Besatzung zu leben. Das ist kein Leben mit einer erfüllten Zukunft.
Dr. Strack-Zimmermann nimmt nicht hin, dass Unrecht geschieht. Da hat sie klare Prinzipien, und diese klaren Prinzipien sind das Völkerrecht und das Selbstverteidigungsrecht von Nationen. Aber wie gesagt, immer verbunden mit der Empathie für das Leid, das solch militärische Auseinandersetzungen nach sich ziehen. Und sie hat, wie kaum eine andere im deutschen Politikbetrieb, begriffen, dass es, was auf den ersten Blick paradox erscheint, manchmal militärische Stärke braucht, um Frieden und die Beendigung von Leid herbeizuführen. Was momentan leider Gottes die politische Tageslosung ist.
Dr. Strack-Zimmermann ist eine unverbrüchliche Freundin Israels. Was bei ihr aber nicht bedeutet, dass man nicht eine israelische Regierung kritisieren kann. Das kann sie sehr klar trennen, und dazu sind nur wenige in der Lage. Entweder wird der Staat dämonisiert, weil man mit der Regierung unzufrieden ist, oder man steht an der Seite Israels und lässt die Regierung von der Kritik aus. Dr. Strack-Zimmermann ist hier in der Lage zu trennen, zwischen dem Existenz- und Selbstverteidigungsrecht des jüdischen Staates Israel und der durchaus angebrachten Kritik an der Regierung Netanjahu aufgrund bestimmter Aktionen. Aber eben ohne das Ganze in Bausch und Bogen zu verdammen. Ich glaube, das zeichnet sie wie kaum jemand anderen aus, den wir hier in Europa und in Deutschland haben.
Sie hat begriffen, dass es manchmal militärische Stärke braucht, um Frieden und die Beendigung von Leid herbeizuführen.
Bedauerlicherweise hat sie ihre beeindruckenden Aktivitäten auf X seit ihrem Wechsel nach Brüssel sehr reduziert. Damit fehlt eine wichtige, aber auch sprachlich eloquente Stimme in der ganzen Debatte, die in diesen sozialen Medien geführt wird. Ich persönlich würde mir wünschen, sie wieder häufiger zu lesen - und von ihr öfters beleidigt zu werden.
Sie geht keinem Streit aus dem Wege, aber Streit nicht um des Streites willen, Streit nicht aus Selbstsucht, um mal wieder in die Medien zu kommen. Es ist nicht ihr Wunsch, omnipräsent zu sein, sondern es geht ihr stets um die Sache. Und sie macht das mit Biss und Wortwitz und ist dafür auch bereit, einen sehr hohen persönlichen Preis zu zahlen. Das muss man auch mal sagen. In ihrer Berliner Zeit hatte sie Personenschutz.
In den sozialen Medien kann man nachlesen, wie sie beleidigt, diffamiert und herabgewürdigt wird - politisch, misogyn, Todesdrohungen, das ganze Portfolio. Aber sie lässt sich davon nicht abschrecken, sondern hält dagegen, verbal, und, wenn notwendig, juristisch. Aber sie lässt sich von diesen Stimmen nicht unterkriegen. Auch das muss man ihr hoch anrechnen, weil es so viel einfacher ist, sich in der heutigen Zeit aus Diskussionen zurückzuziehen. Hier steht sie, und sie steht gerade. Es gibt Politiker und Politikerinnen, die einknicken und zurückweichen. Das ist nicht ihr Naturell, denn es geht ihr um die Sache.
Ihr Engagement gegen Antisemitismus, das einer größeren Öffentlichkeit gar nicht so bekannt ist, soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Gerade in Zeiten, in denen jüdisches Leben in Deutschland und auch in Europa nicht mehr sicher ist. In Zeiten, in denen wir so etwas Widerliches erleben wie gerade auf dem Glastonbury-Festival in Großbritannien mit mehr als 200.000 Teilnehmern. Sie hält dagegen und macht sich immer wieder stark dafür, dass jüdisches Leben in Deutschland in einer Normalität stattfinden soll und kann, wie wir es uns hier alle wünschen würden. 2023 wurde sie dafür bereits mit der Josef-Neuberger-Medaille der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf ausgezeichnet. Und ich glaube, dieses Engagement wird auch heute mit dieser Preisverleihung gewürdigt.
Es gibt es noch etwas, was vielleicht nicht viele wissen. Und das geht im Prinzip auch zurück auf das berufliche Engagement von Janusz Korczak, der ja ein Pädagoge war und sich bis zuletzt für Kinder eingesetzt hat. Dr. Strack-Zimmermann ist seit Jahrzehnten im Bereich der Kinder- und Jugend-Hospiz-Bewegung vor allen Dingen in ihrer Heimatstadt Düsseldorf unterwegs und sammelt alljährlich durchaus beträchtliche Summen, um diese Arbeit zu unterstützen.
Menschlichkeit ist kein Ideal, sie ist ein Auftrag. Zeichnen wir heute eine Person aus, die diese Menschlichkeit als Auftrag begriffen hat und mit einer militärischen Konsequenz an der Auftragserfüllung tagtäglich arbeitet.
Wenn Sie mir erlauben, Dr. Strack-Zimmermann, dann würde ich diese Laudatio mit folgenden Worten beenden. Wie vielleicht einige wissen, bin ich gebürtiger Kölner. Und Sie kommen ja aus dieser verbotenen Stadt Düsseldorf. Deshalb möchte ich Ihnen gern sagen: »Häs de jood jemaach Mädche. Maach esu wigger«. Danke schön.