Neuerscheinung

Ein Söldner der Gruppe Wagner packt aus

Ihren Namen verdankt die Gruppe der Leidenschaft ihres Gründers für die Musik des antisemitischen Komponisten: Logo der Wagner Gruppe Foto: picture alliance / imageBROKER

Jahrelang tötete der russische Söldner Marat Gabidullin im Dienst der berüchtigten Wagner-Gruppe in Kriegsgebieten in Syrien und in der Ukraine. Doch die blutigen Kampfeinsätze im Auftrag von Russlands Mächtigen für das private Militär- und Sicherheitsunternehmen Wagner haben ihn auch nachdenklich gemacht.

Als erster Kämpfer der Schattenarmee von Kremlchef Wladimir Putin enthüllt er in dem Buch »Wagner. Putins geheime Armee« (Econ Verlag), das am Donnerstag in den Handel kommt, wie etwa Russlands Unterstützung für Syriens Machthaber Baschar al-Assad oder für die Separatisten im Osten der Ukraine konkret aussieht.

Der Gründer der Wagner-Gruppe, Dmitri Utkin, ist ein großer Bewunderer des Dritten Reichs und Adolf Hitlers.

»Die Rettung des Regimes von Baschar al-Assad hat es Russland ermöglicht, sich weltweit mit Nachdruck als Beschützer und Retter von Kriminellen aller Art zu empfehlen«, schreibt Gabidullin. Wagners Söldner spielen auch im Sudan, in Mali und Libyen eine Rolle.

Putin selbst sagte im Februar: »Was Wagner angeht, habe ich schon gesagt, dass der russische Staat damit nichts zu tun hat.« Solche Firmen verfolgten kommerzielle Interessen. »Sie verhandeln dort selbst, die örtlichen Machthaber laden sie auf staatlicher Ebene ein und danken ihnen für die geleistete Arbeit«, meinte er mit Blick auf Mali.

Kreml Dagegen belegen die französischen Filmemacherinnen Ksenia Bolchakova und Alexandra Jousset, die eine Doku mit dem Titel »Wagner, Putins Schattenarmee« gedreht haben, eine enge Verflechtung der Gruppe mit dem Kreml. Sie haben auch Marat Gabidullin befragt und flankieren dessen Buch mit viel Hintergrund.

Wagner sei vielerorts exklusiv im Dienst des Kreml unterwegs. »Durch die Entsendung von Söldnern spart der Staat bei den Rentenansprüchen und Gehältern, die er den Soldaten der regulären Armee zahlen muss. Und es ermöglicht auch, Tote verschwinden zu lassen«, schreiben sie.

Köpfe der Organisation, die auf ihren Propagandavideos ein Porträt des deutschen Komponisten Richard Wagner zeigt, sind demnach der russische Geschäftsmann Jewgeni Prigoschin und der Oberstleutnant Dmitri Utkin. Als Zeichen seiner Bewunderung für die Musik trage Utkin den Kampfnamen »Wagner«. Er soll nach seiner Karriere im russischen Militärgeheimdienst GRU von 2014 an aus Veteranen von Spezialeinheiten eine schnelle Eingreiftruppe unter seinem Kampfnamen gegründet haben.

»Dmitri Utkin ist ein großer Bewunderer des Dritten Reichs und Adolf Hitlers«, schreiben Bolchakowa und Jousset. Als direkter Verbindungsmann in den Kreml gilt aber Prigoschin. Der 62-Jährige, der von den USA gesucht wird, stammt wie Putin aus St. Petersburg (früher Leningrad).

»Der ehemalige Verbrecher, der zu einem der mächtigsten Männer Russlands wurde, ist das reine Produkt einer Unterwelt aus Sicherheitsmilizen, Spionen, Geheimdienstlern, Mafiabossen und Ex-Häftlingen.« Prigoschin habe Putin, der einst in der Stadtverwaltung von St. Petersburg arbeitete, oft in seinem Restaurant bewirtet – weshalb er den Beinamen »Putins Koch« trägt.

Auftragskiller Insgesamt sollen heute rund 5000 Kämpfer für Wagner aktiv sein. Auch der Auftragskiller Gabidullin, der im Monat bis zu 3000 Euro erhielt, gehörte bis 2019 dazu. In seinem in weiten Teilen wie ein Frontbericht gehaltenen Buch über die Schrecken des Krieges beklagt er etwa schlechte Bewaffnung, Fehler bei der Gefechtsführung und ein teils extrem brutales Vorgehen völlig verrohter Wagner-Leute.

Gabidullin selbst begründet seinen Gang an die Öffentlichkeit auch damit, dass er Putins Krieg in der Ukraine als Fehler sieht. 

Gabidullin selbst begründet seinen Gang an die Öffentlichkeit auch damit, dass er Putins Krieg in der Ukraine als Fehler sieht. Er habe nie gegen ein Brudervolk kämpfen wollen. Reue aber sollten Leser nicht erwarten. Gabidullin nutzt das Buch, um sich zu rechtfertigen. Und er fordert eine offizielle Anerkennung der Kämpfer der Private Military Companies (PMC), der militärischen Privatunternehmen.

Russische Militärs schmückten sich oft mit Erfolgen, die vielmehr Söldner etwa im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien errungen hätten. Diese hätten einen Platz in den Geschichtsbüchern verdient, fordert Gabidullin: »Diese neue Struktur in Russland wird noch viel Zeit brauchen, um zu beweisen, dass sie kein Sammelsurium von Außenseitern und Gesindel ist, sondern eine Organisation, die aus echten Profis besteht – den Arbeitern des Kriegs.« dpa

Marat Gabidullin: Wagner. Putins geheime Armee. Mit einem Vorwort von Ksenia Bolchakova und Alexandra Jousset. Econ Verlag, 304 Seiten, 22,99 Euro.

Meinung

Die AfD schreckt vor nichts mehr zurück

Im Bundestag bagatellisiert die AfD sogar den Völkermord an bosnischen Muslimen 1995, um gegen Muslime in Deutschland zu hetzen

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Berlin

AfD-Eklat im Bundestag bei Debatte über Völkermord

Der Bundestag unterbricht seine Haushaltsberatungen für eine Diskussion zum Gedenken an das Kriegsverbrechen in Srebrenica vor 30 Jahren. Bei AfD-Reden kommt es zum Skandal

 11.07.2025

Justiz

Berufung wegen antisemitischer Inhalte auf X zurückgewiesen

Das Landgericht hatte die Klage im Juni 2024 mit Verweis auf fehlende internationale Zuständigkeit abgewiesen

 11.07.2025

Ravensbrück

Familie von KZ-Überlebender erhält Ring zurück

Im Frühjahr war es demnach einer Freiwilligen gelungen, die Familie von Halina Kucharczyk ausfindig zu machen

 11.07.2025

Thüringen

Voigt für deutsch-israelisches Jugendwerk in Weimar

Er führe dazu Gespräche mit israelischen Partnern, die bereits Interesse an einer Ansiedlung in Thüringen signalisiert hätten

 11.07.2025

Washington D.C.

US-Behörde wartet auf Daten zu attackierten Iran-Atomanlagen

In welche Tiefen drangen die bunkerbrechenden Bomben in die iranischen Atomanlagen vor? Die für die Entwicklung der Bomben zuständige Behörde hat darauf noch keine Antwort

 11.07.2025

Sarajevo/Berlin

Rabbiner: Srebrenica-Gedenken in Deutschland besonders wichtig

8.000 Tote und eine Wunde, die nicht verheilt: Heute gedenkt die Welt der Opfer des Massakers von Srebrenica. Das liberale Judentum sieht eine gemeinsame Verantwortung - auch bei der deutschen Erinnerungskultur

 11.07.2025

Brüssel

EU baut Drohkulisse gegen Israel auf

Die EU will Israel zu einer besseren humanitären Versorgung der Menschen in Gaza drängen - und präsentiert das Inventar ihrer Daumenschrauben

 11.07.2025

Berlin

Mehr Verfahren wegen Antisemitismus eingeleitet

Die Berliner Staatsanwaltschaft bearbeitet Hunderte Fälle mit antisemitischem Hintergrund

 11.07.2025