Terror

Drahtzieher Iran?

Einschusslöcher am Rabbinerhaus in Essen Foto: picture alliance/dpa/ANC-NEWS

Hat die Islamische Revolutionsgarde des Iran Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben? Noch würden mögliche Hinweise auf iranischen »Staatsterrorismus« geprüft, sagte ein Ermittler dem ARD-Magazin Kontraste.

Zwei Deutsch-Iraner stehen im Mittelpunkt dieser Ermittlungen. Einer von ihnen wurde im November verhaftet, der andere befindet sich seit mehr als einem Jahr im Iran. Konkret geht es um Schüsse auf das Rabbinerhaus und die Alte Synagoge in Essen sowie um mögliche geplante Brandanschläge auf die Synagogen in Bochum und Dortmund Mitte November. Außerdem soll die Gruppe auch versucht haben, den Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, auszuspähen.

anstifter In Bochum war am 17. November ein Molotowcocktail auf ein Schulgebäude geworfen worden, das an die örtliche Synagoge angrenzt. In Dortmund soll ein 35-jähriger Deutsch-Iraner einen Bekannten angestiftet haben, ebenfalls am 17. November einen Brandsatz auf das jüdische Gotteshaus der Stadt zu werfen. Der Mann ging jedoch zur Polizei und machte eine Aussage. Der mutmaßliche Anstifter wurde verhaftet.

Sein mutmaßlicher Komplize, Ramin Y., ein ehemaliges Mitglied der Rockergruppe Hells Angels, hatte sich bereits im September 2021 in den Iran abgesetzt. In Deutschland wurde gegen ihn im Zusammenhang mit einem Mordfall ermittelt. Inwiefern Y. im Iran Kontakt zu den Revolutionsgarden aufgenommen hat und ob diese ihn mit Angriffen auf jüdische Ziele in Deutschland beauftragt haben oder er vielmehr aus Eigeninitiative gehandelt hat, ist weiter unklar.

Die iranischen Revolutionsgarden sind die »Speerspitze eines global agierenden totalitären Staates«, sagt Terrorexperte Peter Neumann.

Peter Neumann vom King’s College in London rät zur Vorsicht: »Bei den angeblichen Anschlagsplänen sind noch viele Fragen offen. Kamen die Anweisungen hierfür direkt aus Teheran? Oder wollte sich jemand den Iranern andienen? Und welches Interesse würde der Iran mit solchen Aktionen verfolgen?«, fragt sich der Terrorismusexperte.

Die Revolutionsgarden sind – im Gegensatz zur regulären iranischen Armee – direkt dem Kommando des obersten Führers der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Chamenei, unterstellt. In der Vergangenheit wurde das Korps und besonders seine im Ausland operierende Al-Quds-Einheit auch für Anschläge außerhalb des Iran verantwortlich gemacht. So sieht die argentinische Justiz es als erwiesen an, dass der Auftrag für die Bombenanschläge auf die israelische Botschaft in Buenos Aires 1992 (29 Tote) und das jüdische Gemeindezentrum AMIA 1994 (85 Tote) aus dem Iran kam.

Sanktionen Aktuell ist die Revolutionsgarde auch an der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste von Regimekritikern gegen das Regime im Iran beteiligt. Ende Oktober und Mitte November verhängte die Europäische Union Sanktionen gegen einzelne Anführer der Truppe. Bislang hat sie allerdings die Organisation selbst nicht auf die Liste der verbotenen terroristischen Organisationen gesetzt.

Für Peter Neumann ist dagegen klar: Dort gehört sie hin – unabhängig von möglichen Anschlagsplänen in Deutschland. Die Revolutionsgarde sei, so Neumann gegenüber dieser Zeitung, »Speerspitze eines global agierenden totalitären Staates« und »nachweislich an der Vorbereitung und Durchführung von terroristischen Anschlägen beteiligt gewesen, auch in Europa. Deswegen sollten sie so schnell wie möglich auch auf die EU-Terrorliste gesetzt werden«.

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 05.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Thüringen

Universität Jena berät über Umgang mit israelischen Partnern

Jenaer Professoren wollen die Kooperationen ihrer Hochschule mit israelischen Partnern prüfen lassen, die Verbindungen zur israelischen Armee haben könnten. Das Netzwerk Jüdischer Hochschullehrender mahnt, Wissenschaft dürfe kein Ort für Ausgrenzung werden

von Matthias Thüsing  05.11.2025

Prozesse

Berliner Verwaltungsgericht verhandelt Waffenlieferungen an Israel

Zwei unterschiedliche Klagen im Zusammenhang mit Waffenlieferungen an Israel beschäftigen am 12. November das Berliner Verwaltungsgericht. Unter anderem geht es um mehrere Tausend Panzerabwehrwaffen

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Ein Gemälde an der bekannten East Side Gallery ist Ziel einer antisemitischen Schmiererei geworden. Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025

Islamismus

Dobrindt: Muslim Interaktiv spaltet die Gesellschaft

Der Innenminister hat die Organisation, die sich gezielt an junge Menschen richtet, verboten. Jetzt erklärt er warum

 05.11.2025

Ostdeutschland

Zentralrat warnt vor AfD-Regierung: »Echte Gefahr für jüdisches Leben«

Der Präsident des Dachverbands der jüdischen Gemeinden sieht in den hohen Umfragewerten der AfD zehn Monate vor den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt einen »Weckruf«

von Joshua Schultheis  05.11.2025

Berlin

Dobrindt verbietet islamistische Vereinigung Muslim Interaktiv

Zudem laufen gegen die Vereine Generation Islam und Realität Islam vereinsrechtliche Ermittlungen

von Martina Herzog  05.11.2025 Aktualisiert

Medien

So erzeugt man einen gefährlichen Spin

Wie das Medienunternehmen »Correctiv« den Versuch unternimmt, die Arbeit des israelischen Psychologen Ahmad Mansour fragwürdig erscheinen zu lassen

von Susanne Schröter  05.11.2025