NS-Widerstand

Dietrich Bonhoeffer: Vor 80 Jahren hingerichtet - bis heute verehrt

Er zählt zu den großen Gestalten der Kirchengeschichte. Auch der katholische Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat keine Probleme damit, den evangelischen Theologen und NS-Gegner Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) als »Märtyrer der ganzen Christenheit« zu würdigen.

Doch Bonhoeffers Erbe ist auch bedroht: Zuletzt versuchten evangelikale christliche Nationalisten in den USA, Bonhoeffers Namen für militante Aktionen zu Gunsten von Donald Trump zu missbrauchen. Der Widerstandskämpfer werde »dazu benutzt, politische Gewalt zu legitimieren«, heißt es in einem im Oktober veröffentlichten Schreiben deutscher und amerikanischer Theologen. Auch die Nachfahren Bonhoeffers protestierten.

Kopfschütteln über Theologiestudium

Bonhoeffer wurde am 4. Februar 1906 in Breslau in eine politisch liberale, großbürgerliche Familie hineingeboren. Er wuchs zusammen mit sieben Geschwistern in Berlin auf, wo sein Vater Karl Professor für Neurologie und Psychiatrie war. Karl Bonhoeffer war nicht besonders religiös. Die Mutter Paula, eine Pfarrerstochter, vermittelte Dietrich zwar eine christliche Erziehung, aber ohne große kirchliche Bindung. Bonhoeffers Wunsch, Theologie zu studieren, löste in der Familie Kopfschütteln aus.

Schon mit 25 Jahren hatte der theologische Überflieger seine Promotion und Habilitation abgeschlossen. Früh vernetzte er sich international. Als Vikar ging er 1928 in die deutsche Gemeinde nach Barcelona. Ein weiterer Auslandsaufenthalt 1930 in New York sollte ihn langfristig prägen: In den Kirchengemeinden Harlems lernte er praktische Pastoralarbeit kennen und befasste sich mit Fragen des Friedens und des Rassismus.

Kirche für andere da

Nach Deutschland zurückgekehrt, hielt er an der Berliner Universität zu Beginn der 30er Jahre Vorlesungen über die Geschichte der Theologie. »Die Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist«, lautet eine seiner einprägsamen Formulierungen. Mit der Machtergreifung der Nazis 1933 stand Bonhoeffer sofort in der Opposition. In einem Radiobeitrag forderte er zwei Tage nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler eine Begrenzung der Macht durch rechtsstaatliche Ordnung und Volkswohl - das Mikrofon wurde ihm abgedreht.

Am Karsamstag 1933 verfasste er seinen Aufsatz »Die Kirche vor der Judenfrage«: Darin machte er die Verteidigung der Menschenrechte zur gesamtkirchlichen Pflicht und trat für das Judentum ein. Zur Not müsse die Kirche »dem Rad in die Speichen fallen«.

Nach der Einführung des Arierparagraphen in der evangelischen Kirche am 6. September 1933 schlug Bonhoeffer den oppositionellen Pfarrern den Austritt aus der zum Staatsanhängsel gewordenen Deutschen Evangelischen Kirche vor - ohne großen Erfolg. Daraufhin gründete er mit Martin Niemöller und anderen den Pfarrernotbund zum Schutz der bedrohten Amtsbrüder jüdischer Herkunft. »Wer gregorianisch singt, muss auch für die Juden schreien«, forderte er 1938.

»Wer gregorianisch singt, muss auch für die Juden schreien«

Weil Bonhoeffer in der »häretischen Reichskirche« nicht Pfarrer sein wollte, ging er als Auslandspfarrer nach London. 1935 kehrte er trotz drohender Gefahren zurück, um das Predigerseminar der Bekennenden Kirche in Finkenwalde zu leiten. Es wurde zwei Jahre später geschlossen, aber illegal weitergeführt. Bonhoeffer schlug zwei Chancen aus, ins amerikanische Exil zu gehen. Er bekam Lehr-, 1940 sogar Rede- und 1941 auch Schreibverbot.

1940 schloss er sich der Widerstandsgruppe um seinem Schwager Hans von Dohnanyi, Admiral Wilhelm Canaris und Generalmajor Hans Oster an. Offiziell reiste Bonhoeffer im Auftrag der Militärischen Abwehr in die Schweiz, nach Norwegen, Schweden und Italien, um sich über die Pläne der Engländer und Amerikaner zu informieren. Tatsächlich aber weihte er Kirchenmänner im Ausland in Putschpläne gegen Hitler ein.

»Von guten Mächten« entstand in Haft

In seiner Ethik legte er 1940 dar, dass seine Kirche versagt habe: »Sie war stumm, wo sie hätte schreien müssen, weil das Blut der Unschuldigen zum Himmel schrie.« Einen Tyrannenmord akzeptierte Bonhoeffer. Am 5. April 1943 wurde er wegen seiner Kontakte zu NS-Gegnern des Hoch- und Landesverrats beschuldigt und zunächst in Tegel, dann im berüchtigten Gestapo-Gefängnis in der Prinz-Albrecht-Straße inhaftiert. Dort schrieb er für seinen Weihnachtsbrief an seine Verlobte das Gedicht »Von guten Mächten«, das noch heute weit über Kirchenkreise hinaus Menschen Trost gibt.

Wenige Monate nach dem Stauffenberg-Attentat vom 20. Juli 1944 fand die Gestapo Beweise für Bonhoeffers Verwicklung in die Umsturzpläne. Angesichts der herannahenden Roten Armee wurde er zunächst ins KZ Buchenwald bei Weimar, dann über Regensburg und Schönberg im Bayerischen Wald nach Flossenbürg gebracht, wo er am 9. April 1945 auf ausdrücklichen Befehl Hitlers zusammen mit Canaris, Oster und anderen erhängt wurde. Der letzte von ihm überlieferte Satz lautet: »Dies ist das Ende, für mich der Beginn des Lebens.«

Thüringen

Jüdische Landesgemeinde und Erfurt feiern Chanukka

Die Zeremonie markiert den Auftakt der inzwischen 17. öffentlichen Chanukka-Begehung in der Thüringer Landeshauptstadt

 08.12.2025

Frankfurt am Main

Lufthansa Cargo stoppt Militärtransporte nach Israel

Während die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem eine Annäherung erleben, ist dies im Luftfahrt-Bereich nicht der Fall. Warum?

 08.12.2025

Berlin

Presseschau zum Israel-Besuch von Kanzler Friedrich Merz

Wie bewerten deutsche Leit- und Regionalmedien Merz‘ Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu?

 08.12.2025

Toronto

Miriam Mattova aus Uber geworfen, weil sie Jüdin ist

»Was passiert ist, ist nicht nur ein unangenehmer Moment. Es ist eine Erinnerung daran, warum es wichtig ist, sich zu äußern«, sagt das Model

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Jerusalem

Ein neuer Sound?

Unterwegs mit Bundeskanzler Friedrich Merz bei seinem Amtsantritt in Israel

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 08.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025

Justiz

Gericht bestätigt Verbot der Parole »From the river to the sea«

Ein von der Stadt Bremen erlassenes Verbot sei rechtmäßig, entschied nun das Verwaltungsgericht Bremen

 07.12.2025