Leo-Baeck-Preis

Der nichtjüdische Zionist

Solidarisch mit Israel und dem jüdischen Volk: Mathias Döpfner Foto: Max Threlfall

Die erste Begegnung mit Mathias Döpfner datiert aus dem April 1996. Er war zum Chefredakteur der »Hamburger Morgenpost« berufen worden, mit gerade einmal 33 Jahren. Döpfner, der zuvor in gleicher Funktion der altehrwürdigen (Ost-)Berliner »Wochenpost« vorgestanden hatte, kam mit neuen Leuten und neuen Ideen zum einst wie heute gebeutelten Hamburger Traditionsblatt.

Der Duft der großen weiten Welt sollte den norddeutschen Boulevard umwehen. Gruner + Jahr pumpte noch einmal ordentlich Geld in das Projekt Morgenpost. Ironisch gebrochene Zeilen auf Seite eins der Kaufzeitung wie »Mein Papa ist tot«, ein mehr oder minder gelungener Nekrolog in Ichform, in dem ein Teebeutel »Marke Westminster« das Ableben seines Schöpfers Adolf Rambold beklagte, belegten zwar die feuilletonistische Verspieltheit des neuen Blattmachers und promovierten Musikwissenschaftlers, sorgten aber bei Lesern wie Bestandskollegen durchaus gelegentlich für Befremden.

VISIONÄR Da übte einer, das war deutlich – aber in diesem Üben steckte auch schon so einiges von dem visionären Gedankengut, das Döpfner im weiteren Verlauf seiner Karriere den Nimbus des digitalen Wandlers einbringen sollte. Auf derselben Titelseite vom 22. Mai 1996 prangte nämlich durchaus der Teaser: »8 Sonderseiten – Digitales TV im Jahr 2000«.

Mathias Döpfner, mit intellektuellem Rüstzeug reichlich versehen, machte anfangs einfach los bei der MoPo, und wie jeder Macher machte er Fehler. Doch die jeweils nur einmal.

Schon mit 18 Jahren wollte Döpfner »Welt«-Chefredakteur werden. Er wurde es.

Und so gewöhnten sich mit der Zeit die Kollegen an einen Chefredakteur, der immer schon ein wenig schneller und weiter dachte – wenn sich das in jenen Anfangsjahren auch nicht immer unmittelbar qualitativ im Blatt niederschlug. Was aber der frühe Chefredakteur Döpfner vielleicht noch nicht umzusetzen imstande war, das sollte der Medienmanager Döpfner später alles beherzigen.

Nach zwei Jahren an der Spitze der »Welt«, die bei dem etwas angestaubten Qualitätsblatt schon wesentlich mehr Spuren von Wandel und Innovationskraft hinterließen als auf dem Boulevard, führte der Weg dann im Juli 2000 recht geradewegs dahin, wo Mathias Döpfner die deutsche Zeitungs- und Verlagsbranche entscheidend beeinflussen und steuern sollte – in den Vorstand und dann, 18 Monate später, auf den Chefsessel von Axel Springer.

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Für seinen Werdegang als wohl einflussreichster und innovativster Medienlenker des Landes waren seine Lehr- und Wanderjahre als Chefredakteur unerlässlich – genauso wie für sein unerschrockenes Eintreten für eine selbstbewusste und lautstarke Demokratie, fest verankert in den abendländischen wie transatlantischen Werten.

PLÄNE Wohin es, zumindest in Sachen »Welt«, gehen sollte, war Döpfner schon klar, als er noch vergleichsweise jugendlich war und als Musikkritiker bei der Konkurrenz arbeitete.

Zum 70. Jubiläum der »Welt« erinnerte er sich: »Als ich achtzehn Jahre alt war, hatte ich einen konkreten Plan: Ich wollte Chefredakteur der ›Welt‹ werden. Bei der ›FAZ‹ – wo ich gerade als freier Mitarbeiter der Musikredaktion angefangen hatte – hätte man sich diese Aufgabe mit vier Kollegen teilen müssen. Das hielt ich für unpraktisch. Im Übrigen hatte die ›Welt‹ den schönsten Zeitungsnamen, das beste Layout, und sie war fast immer am aktuellsten. Nur mit der Textqualität haperte es etwas, da würde frischer Wind – mit anderen Worten: ich – gebraucht. Es dauerte dann noch siebzehn Jahre, genügend Zeit, um Präpotenz in produktive Selbstzweifel zu verwandeln, bis mein großer Wunsch in Erfüllung ging.«

Es gibt nicht viele, die in der Presse so für Israel und für lebende Juden einstehen wie Döpfner.

Die Verdienste des Vorstandsvorsitzenden Döpfner in Sachen Restrukturierung und Digitalisierung der Zeitungsbranche sollen hier keine weitere Erwähnung finden, es geht ja schließlich um den Leo-Baeck-Preis und nicht um den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, dem der gebürtige Bonner ebenfalls vorsteht. Denn je unangreifbarer Döpfner als Konzernlenker wurde, desto mehr nahm er sich in einer Mischung aus moralischer Empörung, journalistischer Inbrunst und staatsmännischer Entschlossenheit gesellschaftlicher Zusammenhänge an.

Der »nichtjüdische Zionist«, als den er sich 2014 anlässlich der Verleihung des europäischen B’nai-B’rith-Preises bezeichnete, richtete seinen Blick dabei zuvorderst auf Israel und das Judentum in der Diaspora, ob in Deutschland oder den USA.

essays Immer wieder meldete sich Mathias Döpfner mit pointierten Essays und Kommentaren zu Wort. Im November 2017, nachdem ein Frankfurter Gericht befunden hatte, einer kuwaitischen Airline sei nicht zuzumuten, einen Israeli von Deutschland aus zu befördern, da das kuwaitisches Recht bräche, empörte sich Döpfner: »Wenn in dem Land, das vor weniger als achtzig Jahren Millionen von Menschen ermordet hat, nur weil sie Juden waren oder Juden nicht hassen wollten, ein Richter erklärt (oder erklären muss), dass es einer Airline nicht zumutbar sei, jemanden zu befördern, weil er Israeli sei und die Airline dafür in ihrer Heimat Probleme bekommen könnte, ist das schlimm. Dass es darüber keinen Aufschrei der Empörung gibt, ist schlimmer. Es ist besorgniserregend für unser Verständnis von Demokratie und Menschenrechten.«

Dass er, der gelernte und geborene Feuilletonist, jenen Essay mit einem Seitenblick auf Michel Houellebecq mit »Der Beginn der Unterwerfung« überschrieb, ist nur ein Beispiel dafür, wie unerschrocken Döpfner für Israel und für das Judentum spricht und schreibt.

Immer wieder meldete sich Mathias Döpfner mit pointierten Essays und Kommentaren zu Wort.

Ein weiterer Text, der zumindest erwähnt werden sollte, ist »Bei der ganzen Sache mit den Juden hat man sich gar nichts dabei gedacht« aus der »Welt« vom August 2017: Es ist ein erschütternder Bericht über seine Reise in die drei ostpolnischen Todeslager von Sobibor, Belzec und Majdanek.

MAINSTREAM Es gibt nicht viele, die die Macht der Vierten Gewalt dazu nutzen, für Israel und für lebende Juden einzustehen, wo doch die Toten so bequem zu beklagen sind. Und es entspricht ebenso wenig dem medialen Mainstream, notorische und allgegenwärtige »Kritik« am Staat der Juden als das zu brandmarken, was sie ist: Antisemitismus in neuem Gewand.

Es ist also gar nicht hoch genug einzuschätzen, was Mathias Döpfner für das (deutsche) Judentum tut – ob als lauthals unbequeme Wahrheiten formulierender Autor oder als stiller Vermittler: Döpfner ist »a Mentsch«, wie man in New York sagt. Und ein wirklich idealer Leo-Baeck-Preisträger – Mazal tov!

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