Meinung

Der Feind vor der Haustür

Deutschland im Vorfeld des NSU-Prozesses – in der Hamburger Ausgabe von »Bild« stand am 3. April zu lesen: »Totenkopf vor jüdischer Schule«. Abgebildet war ein offenbar echter menschlicher Schädel, der eine Mütze der Polizei Hamburg trug. Der visuelle Verdacht, den das Bild auslöst, wurde durch die Dachzeile bestätigt: »Unfassbar! Täter ist Polizei-Angestellter«. Das Wort »unfassbar« ist ein gern bemühter Boulevardbegriff, um Entsetzen, Fassungs- und Sprachlosigkeit auszudrücken. Nicht immer trifft er, diesmal allerdings voll und ganz.

Denn der Polizeiangestellte Andreas W. hatte das Motiv ausgerechnet während seines Wacheinsatzes vor der Talmud-Tora-Schule fotografiert – im Polizeicontainer vor dem Hamburger Gemeindezentrum. Ein Objektschützer der Polizei, der während seines Dienstes vor diesem sicherheitssensiblen Ort unbehelligt seine Hommage an die »SS-Division Totenkopf« bastelt und das morbide Ergebnis auch noch stolz im Internet veröffentlicht; ein Ordnungshüter, der vor zehn Jahren im Kollegenkreis schon einmal Hitlers Mein Kampf gelobt haben soll – das allerdings ist wirklich unfassbar.

regulativ Wer kontrolliert eigentlich, welche Menschen in den Polizeidienst dürfen? Gibt es bei der Polizei und anderen »Diensten«, deren Verfassungsauftrag es ist, die Demokratie gegen Angriffe von innen und außen zu schützen, überhaupt ein demokratisches Regulativ? Zumindest sind da Zweifel erlaubt. Wie sonst hätten die NSU-Horden ein Jahrzehnt lang unter dem schläfrigen Blick des BND ihre braune Mordspur durch Deutschland ziehen können? Und wie sonst hätte Andreas W. unbehelligt Jahr für Jahr im Polizeidienst verbringen dürfen?

Immer dann, wenn wieder ein Vorgang dieser Art – meist durch die Arbeit der Presse – ruchbar wird, hagelt es Betroffenheitsadressen. So ist selbstverständlich auch der Polizeipräsident in Hamburg »entsetzt«. W. wurde natürlich sofort »freigestellt« und wird wohl auch gefeuert. Doch mit Bekundungen, die danach kommen, ist es nicht getan. Es muss schlicht verhindert werden. Brauner Ungeist, Xenophobie und Antisemitismus sind leider immer noch Teil unserer deutschen Wirklichkeit. Die einzig wirksamen Mittel dagegen heißen Aufklärung und Information. Da sind wir alle gefordert, Medien wie Bürger – und ganz besonders die in Uniform.

Der Autor ist langjähriges aktives Gemeindemitglied in Hamburg und arbeitet in der Bundesredaktion von »Bild« in Berlin.

Deutschland

Waffen für Anschläge besorgt: Weiteres Hamas-Mitglied festgenommen

Der Mann soll ein Sturmgewehr, mehrere Pistolen und Munition für Anschläge auf jüdische und israelische Einrichtungen besorgt haben

 12.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Einmischung

Trump fordert Begnadigung Netanjahus – Israels Rechte jubelt

Israels Regierungschef Netanjahu steht wegen Betrugs, Bestechung und anderer Vorwürfe vor Gericht. Israels Präsident müsse ihn begnadigen, forderte nun US-Präsident Trump - damit er das Land vereinen könne

 12.11.2025

Sabine Brandes

Trump greift Israels Demokratie an

Der US-Präsident hat angekündigt, in den Korruptionsprozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eingreifen zu wollen. Damit geht der Amerikaner eindeutig zu weit

von Sabine Brandes  12.11.2025

Interview

»Keiner hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Verhandlung über Waffenlieferungen an Israel

Insgesamt sechs Kläger wollen vor dem Berliner Verwaltungsgericht in zwei Fällen feststellen lassen, dass der Export deutscher Rüstungsgüter an Israel rechtswidrig war. Eine Entscheidung wird noch für Mittwoch erwartet

 12.11.2025

Interview

»Erinnern, ohne zu relativieren«

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer über das neue Gedenkstättenkonzept der Bundesregierung, Kritik an seiner Vorgängerin Claudia Roth und die Zeit des Kolonialismus in der deutschen Erinnerungskultur

von Ayala Goldmann  12.11.2025

Erinnerungspolitik

Weimer: Gedenkstätten sind zentrale Pfeiler der Demokratie

Das Bundeskabinett hat ein neues Konzept für Orte der Erinnerung an die NS-Verbrechen und die SED-Diktatur beschlossen. Die Hintergründe

von Verena Schmitt-Roschmann  12.11.2025 Aktualisiert