Berlins Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson (parteilos) hat Defizite bei der Vergabe von Fördermitteln an Projekte gegen Antisemitismus eingeräumt. Es habe offensichtlich an klaren Vorgaben gefehlt, um die Mittel durch das zuständige Referat effektiv auszuzahlen, sagte die Senatorin am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Allein 2024 seien in der Folge 3,5 Millionen Euro »übriggeblieben«, also nicht an Projekte gegangen. Seit ihrer Amtsübernahme im Mai 2025 arbeite sie daran, hier bessere Strukturen zu schaffen.
»Wir brauchen hier klare Kriterien, die keinen Zweifel an den Projekten lassen«, so Wedl-Wilson. »Und es gibt hier Handlungsnotwendigkeit. Mit anderen Worten: Ich möchte hier aufräumen, ich stehe für Aufklärung.« Wenn formale Fehler passiert seien, müssten diese korrigiert werden. Sie stehe auch für Transparenz, fügte die Senatorin hinzu. Deshalb habe sie den Rechnungshof um eine Überprüfung der gesamten Vorgänge gebeten.
Dem grassierenden Antisemitismus entschlossen entgegenzutreten und dafür auch Geld bereitzustellen, sei eine sehr wichtige Aufgabe, betonte Wedl-Wilson. »Und es ist selbstverständlich meine Verantwortung als Senatorin, in dieser Rolle diese Mittel zügig und rechtssicher für geeignete Projekte in der Zukunft auszugeben.« Sie sehe es auch als ihre Pflicht, genau hinzuschauen, an wen und wie das Geld abfließe.
CDU-Abgeordnete weisen Vorwürfe zurück
Grüne und Linke werfen Ex-Kultursenator Joe Chialo (CDU) und seiner Nachfolgerin Wedl-Wilson vor, Fördermittel für Projekte gegen Antisemitismus nach unklaren Kriterien und auf Druck und Wunsch aus der CDU-Fraktion vergeben und damit gegen Haushaltsregeln verstoßen zu haben. Konkret geht es um mehr als drei Millionen Euro in einem jährlich zehn Millionen Euro umfassenden Topf der Kulturverwaltung für »Projekte von besonderer politischer Bedeutung«.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Stettner sowie der CDU-Abgeordnete und Haushaltspolitiker Christian Goiny, so die Darstellung der Grünen, hätten Druck auf den im Mai zurückgetretenen Chialo und auf die neue Senatorin Wedl-Wilson ausgeübt mit dem Ziel, dass bestimmte Projekte gefördert werden sollten, obwohl es in der Senatsverwaltung dazu andere Vorstellungen gegeben habe. Sie hätten dazu eine Liste mit 18 Projekten erstellt. Die CDU-Abgeordneten wiesen Vorwürfe unzulässiger Einflussnahme zurück.
Auch Wunsch von Grünen und Linken, aber auch der AfD, soll sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit der Problematik beschäftigen. Er soll auf einer der nächsten Plenarsitzungen des Abgeordnetenhauses eingesetzt werden.
»Taz«-Recherche soll Vorwürfe erhärten
Die »taz« berichtete am Montag von einem Schreiben der Senatskulturverwaltung, das den Vorwurf von Fehlern bei der Mittelvergabe zusätzlich erhärten soll. Demnach soll Förderentscheidungen keine »inhaltlich-fachliche Prüfung« vorangegangen sein, wie die in Berlin erscheinende Zeitung aus dem ihr vorliegenden Papier zitiert.
Zudem sollen laut taz CDU-Politiker direkt in die Besetzung einer Fachjury zur Evaluation von Antisemitismus-Projekten eingegriffen haben. Mitglieder des Gremiums, die als »zu links« galten, seien teilweise ausgetauscht worden. dpa/ja