Debatte

»Auch Zugewanderte sollen sich mit Auschwitz befassen«

Foto: dpa

Aus Sicht von Unionskanzlerkandidat Armin Laschet müssen sich auch Zugewanderte in der Tradition deutscher Geschichte sehen. Diese Geschichte umfasse »nicht nur Goethe und Schiller, sondern auch Auschwitz«, sagte Laschet am Mittwoch in Berlin.

Auch die junge Generation müsse sich mit der Schoa und dem Nationalsozialismus beschäftigen. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen erinnerte in dem Zusammenhang an gemeinsame Fahrten von jungen Juden, Christen und Muslimen aus seinem Bundesland in die Gedenkstätte Auschwitz.

Laschet warnte davor, die Erzählung von einem eingewanderten Antisemitismus in einer Weise zu verwenden, als ob es bis dahin keinen Judenhass in Deutschland gegeben habe. »Er war immer da. Es ist eine andere Form hinzugekommen, die muss man gleichermaßen in den Blick nehmen.« Im Kampf gegen Antisemitismus dürfe die Gesellschaft nicht nachlassen. »Wir führen ihn gemeinsam.«

Dieser Kampf habe die Bundesrepublik geprägt, sagte der CDU-Politiker. Er erinnerte zudem an den jüngsten Übergriff auf einen Kippaträger in Köln, bei dem das 18 Jahre alte Opfer schwer verletzt worden war. Insgesamt artikuliere sich Antisemitismus heute offener.

»Erstaunlich« sei, in welchen Formen Antisemitismus immer wieder auftrete, sagte Laschet. Er nannte mit Blick auf die Historie auch christliche Judenfeindschaft, aktuelle gegen Juden gerichtete Verschwörungsmythen in der Corona-Pandemie sowie Antisemitismus aus unterschiedlichen Richtungen. Laschet zeigte sich überzeugt davon, dass Juden und Nichtjuden zusammengebracht werden müssten, damit sich Vorurteile und Klischees nicht verfestigten. Das ist auch ein Anliegen des aktuell laufenden Festjahres zu »1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«.

Das Festjahr mache deutlich, dass Juden auf verschiedenen Feldern bedeutende Beiträge für das Leben im heutigen Gebiet Deutschlands geleistet hätten, sagte der Kanzlerkandidat der Union.

Laschet äußerte sich auf einem Online-»Freiheitssymposium« der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung in Kooperation mit der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen beim Bund in Berlin.

Bei der selben Veranstaltung war auch der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, zu Gast. Der um sich greifende Antisemitismus in Deutschland gibt Mitgliedern von jüdischen Gemeinden stark zu denken, unterstrich Lehrer.

Derzeit sei keine »Auswanderungswelle« zu beobachten wie sie aus Frankreich in Richtung Israel bekanntgeworden sei, sagte Lehrer. »Davon ist die jüdische Gemeinschaft in Deutschland, glaube ich, noch weit entfernt. Aber die Gedanken sind frei, man beschäftigt sich damit.« Dies gelte auch für Familien mit Blick auf das Großziehen von Kindern.

Zuletzt gab es in Deutschland Höchststände bei den erfassten antisemitisch motivierten Straftaten in Deutschland, deren Zahl im Jahr 2020 um 15,7 Prozent auf 2351 stieg. Wenn Juden hierzulande darüber nachdächten, wohin sie im Zweifel auswandern würden, würden potenzielle Ziele wie Israel, die USA, Australien und Großbritannien genannt, sagte Lehrer.

Dass Juden Stadtviertel im Sinne von »No-Go-Areas« bei der Wahl des Wohnortes mieden, sei »nicht wirklich« zu beobachten, so Lehrer. Gleichwohl komme es vor, dass Menschen umziehen, etwa wenn das eigene Kind in der Schule Vorbehalte bis hin zu Übergriffen erfahren habe. Einfach auf eine jüdische Schule zu wechseln, sei jedoch ein Problem, weil es nicht so viele Einrichtungen dieser Art gebe.

Schulen tun sich nach den Worten Lehrers oft schwer, angemessen mit antisemitischen Vorfällen umzugehen - zum Beispiel, wenn »Du Jude« auf dem Pausenhof gerufen wird. Man sei dann besorgt um den Ruf der Schule, oder Lehrer wüssten schlicht nicht, wie sie mit Vorfällen umgehen sollten. Diese hätten oft keine Folgen für die Schüler, von denen eine Tat ausgegangen sei. Daher forderte der Vizepräsident, Lehrkräfte entsprechend fort- und weiterzubilden.

Sorgen bereiteten aber nicht nur Vorfälle an Schulen, betonte Lehrer, der auch Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden ist. So seien darüber hinaus Umtriebe in den Sozialen Netzwerken etwas, das Juden sogar Angst bereite. Dort habe sich etwas etabliert, das an der Gesellschaft und zum Teil auch an der Justiz »vorbeilaufe«: Für die Kontrolle dessen, was an Antisemitismus in Social Media verbreitet werde, fehle es oft an Personal und technischen Möglichkeiten. kna/ja

Washington D.C.

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