Interview

»Antisemitische Symbolik«

Herr Szentei-Heise, Sie haben zum Boykott von Roger Waters’ Auftritt am Freitag in Düsseldorf aufgerufen. Weshalb?
Zunächst einmal muss ich sagen, dass mir bei meinem Aufruf selbst das Herz blutet. Ich bin mit Pink Floyd aufgewachsen und liebe Roger Waters’ Musik. Was der Sänger aber zurzeit aufführt, ist wirklich skandalös und ekelhaft. Das gesamte Bühnenbild weckt eindeutige Assoziationen an die Reichsparteitage der NSDAP. Waters tritt zudem im Ledermantel und mit schwarz-roter Armbinde auf. Zum Schluss des Konzerts wird dann auch noch ein Plastikschwein, auf das ein Davidstern projiziert ist, zum Abstechen freigegeben.

Wird die Gemeinde gegen das Konzert demonstrieren?
Bisher haben wir dazu noch keinen Beschluss gefasst. An sich wäre das natürlich geboten. Waters ist ein geistiger Brandstifter, für den es in unserer Stadt kein Forum geben darf. Das Konzert findet jedoch am zweiten Tag von Rosch Haschana statt – und da haben wir mit dem Gottesdienst Wichtigeres zu tun.

Wie reagiert die Politik in Düsseldorf auf Waters’ Show?
Es gibt großes Verständnis für unseren Protest. Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) hat sich hinter uns gestellt und Waters’ Gebaren verurteilt. Für OB-Kandidat Thomas Geisel (SPD) ist das Konzert ebenfalls geschmacklos. Bürgermeisterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP hofft, dass kein Mensch zu der Veranstaltung geht. Und auch die Fraktions-Chefin der Grünen, Iris Bellstedt, hat sich dafür ausgesprochen, dass dieses Konzert besser nicht stattfinden soll. Diese fraktionsübergreifende Zustimmung freut uns sehr.

Hat sich die Linke auch zu Wort gemeldet?
Die wurde von den Medien wohl gar nicht erst gefragt. Wie ich die Linke kenne, ist das auch besser so. Bei ihr gibt es hier in der Stadt mit Frank Laubenburg nur einen vernünftigen Menschen.

Gab es bislang Reaktionen von der Zivilgesellschaft?
Wir erfahren viel Unterstützung, aber auch viel Kritik. Manche folgen Waters’ Argument, wonach dieser bloß die vermeintlich rassistische Politik Israels anprangere. Was für ein Unfug! Dass Waters Israel in einen Zusammenhang mit den Nazis und der Schoa stellt – schrecklich, da wird mir speiübel.

Sie sind Jurist. Ist der Auftritt noch durch die Kunstfreiheit abgedeckt?
Vermutlich ja. Gerade in Deutschland geht die Freiheit der Kunst sehr weit. In einem Prozess könnte man indes zumindest – und sollte es vielleicht auch – vortrefflich über diese Frage streiten.

Gibt es entsprechende Bestrebungen?
Meines Wissens nicht. Ich gehe davon aus, dass am Freitag mehr als 30.000 Konzertbesucher Roger Waters trotz Nazi-Uniform und eindeutig antisemitischer und nationalsozialistischer Symbolik feiern und zujubeln werden.

Mit dem Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf sprach Philipp Peyman Engel.

Debatte

CDU-Landeschef: Was nutzen alle Bekenntnisse zu Israels, wenn wir beim ersten Gegenwind einknicken?

In der CDU rumort es, seit Parteichef und Kanzler Friedrich Merz Waffenlieferungen an Israel vorläufig stoppte

von Jan Brinkhus  21.08.2025

Washington D.C.

USA verschärfen Druck auf Internationalen Strafgerichtshof - und verhängen Sanktionen gegen Richter

Außenminister Marco Rubio kündigt neue Sanktionen gegen vier weitere Richter und leitende Mitarbeiter der Institution an

 21.08.2025

Berlin

Ahmad Mansour kritisiert Begriff »antimuslimischer Rassismus«

Für den Islamismus-Experten handelt es sich um einen gefährlichen Kampfbegriff. Er tabuisiere Islamkritik und erkläre Muslime zu Opfern. Doch anders als Juden könnten sie in Deutschland sicher leben

von Gottfried Bohl  21.08.2025

Berlin

300 Wissenschaftler fordern Boykott israelischer Universitäten

Auch »Völkermord« wird Israel in dem Schreiben vorgeworfen. Der Terror der Hamas wird hingegen nicht erwähnt

 21.08.2025

Auschwitz-Prozess

Kein einziges menschliches Wort

Vor 60 Jahren fiel das Urteil gegen 20 NS-Verbrecher in Frankfurt. Sie zeigten keine Reue

von Christoph Arens, Mascha Malburg  21.08.2025

Embargo

»Strategischer Fehler«

In der Union gibt es Zweifel an der Führungsfähigkeit des Kanzlers. Lob bekommt Merz von der AfD und dem Iran

von Stefan Laurin  20.08.2025

Analyse

Misstrauische Partner

Russland stellt sich öffentlich an die Seite des Iran. Doch der Kreml verfolgt in Nahost andere Ziele als die Mullahs

von Alexander Friedman  20.08.2025

Weimar

Buchenwald darf Zutritt mit Palästinensertuch verweigern

Die Hintergründe im Überblick

 20.08.2025

Medien

Fiktion statt Fakten

Matti Friedman hat viele Jahre für die Nachrichtenagentur AP berichtet. Der Journalist kennt die Probleme der Gaza-Berichterstattung aus erster Hand

von Gunda Trepp  20.08.2025