Frankfurt

40 Jahre Entebbe

Befreite Geiseln verlassen am 4. Juli 1976 auf dem Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv eine C-135 der israelischen Luftwaffe. Foto: dpa

Frankfurt

40 Jahre Entebbe

Eine Ausstellung erinnert an die israelische Geiselbefreiung 1976

von Frederik Schindler  26.09.2016 19:39 Uhr

In Deutschland ist sie fast vergessen, in Israel alljährlich fester Bestandteil des Erinnerns: die Entführung einer Maschine der Air France im Jahr 1976. Auf dem Weg von Tel Aviv nach Paris wurde sie von palästinensischen und deutschen Terroristen der »Volksfront zur Befreiung Palästinas« und der »Revolutionären Zellen« nach Entebbe in Uganda umgeleitet, um gefangene Gesinnungsgenossen freizupressen.

Die Geiselnahme wurde nach einer Woche von israelischen Elitesoldaten am Flughafen in Entebbe beendet. Drei Geiseln, etwa 20 ugandische Soldaten, ein israelischer Soldat und sieben Geiselnehmer kamen dabei ums Leben. Einige Geiseln sprachen nach der Befreiung von einer »Trennung zwischen jüdischen und nichtjüdischen«, andere von einer »Trennung zwischen israelischen und nichtisraelischen« Passagieren – unter ihnen auch Holocaust-Überlebende.

rezeption Ein von Studierenden des Historischen Seminars der Goethe-Universität Frankfurt am Main organisiertes Ausstellungsprojekt in der Bildungsstätte Anne Frank beschäftigt sich jetzt mit dieser »Selektion« und deren Bedeutung für die Antisemitismusdebatte innerhalb der deutschen Linken. Zudem behandelt die Ausstellung die Rezeption des Terrorakts in Deutschland und Israel und den unterschiedlichen Umgang damit in Deutschland unter Juden einerseits und innerhalb der Mehrheitsgesellschaft andererseits. Gerade weil sich Erinnerungen nach traumatischen Erlebnissen wandeln können, wollen die studentischen Kuratoren Zeitzeugen sprechen lassen und dabei »verschiedenen Opferperspektiven einen Raum geben«.

Dabei messen die Kuratoren der Frage, ob die Trennung nach Staatsbürgerschaft oder Religionszugehörigkeit erfolgte, eine große, vermutlich zu große Relevanz bei. Bei der Vernissage betonte Freia Anders vom Historischen Seminar der Universität Mainz immer wieder, dass es keine ausreichenden Belege für eine Trennung zwischen Juden und Nichtjuden gebe und sie den Begriff der Selektion »als Wissenschaftlerin nicht mehr verwenden« möchte, denn er würde »zu Unrecht Assoziationen an den Holocaust wecken«.

kollektivhaftung Was an einer Selektion zwischen Israelis und Nicht-Israelis weniger problematisch sein sollte, konnte die sich selbst als »radikale Linke« bezeichnende Historikerin nicht erklären. Vielmehr sprach sie sogar davon, dass neben den Israelis »die anderen Bürger, die nichts damit zu tun hatten, freigelassen wurden« – offensichtlich werden israelische Staatsbürger für die Politik Israels in Kollektivhaftung genommen.

Die Frankfurter Ausstellung überzeugt allerdings mit informativen Wandtafeln zum Wandel des Israelbildes in großen Teilen der Neuen Linken und zur Rezeption der Entführung in bürgerlichen und linken Medien in Deutschland. Auch die Entführung und die anschließende Befreiung werden ausführlich dargestellt. Zudem werden Ausschnitte aus verschiedenen Dokumentar- und Spielfilmen zum Thema gezeigt, die die Zugänge zum Thema zeigen sollen, ergänzt durch ein Begleitprogramm mit Diskussionsveranstaltungen. Der Besuch der Ausstellung und aller Veranstaltungen ist kostenlos und bis zum 21. Dezember möglich.

Jubiläum

Stimme der Demokratie

Vor 75 Jahren wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Heute hat das Gremium vielfältige Aufgaben und ist unverzichtbarer Teil dieses Landes

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Meinung

Sánchez missbraucht ein Radrennen für seine Israelpolitik

Dass Spaniens Regierungschef die Störer der Vuelta lobte, ist demokratieschwächend und gehört zu seinem Kalkül, Israel weltweit zu isolieren

von Nicole Dreyfus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Zentralrat

Schuster: Zwei-Staaten-Lösung nach Friedensverhandlungen mit Israel

Ein jeweils selbstständiger Staat Israel und Palästina - dafür spricht sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland aus. Unter bestimmten Voraussetzungen

von Leticia Witte  17.09.2025

Köln

Antisemitische Ausschreitungen bei Kreisliga-Spiel

Spieler des Vereins Makkabi wurden offenbar beschimpft, bespuckt und körperlich attackiert

 17.09.2025

Antisemitismus

Berliner Treitschkestraße wird am 1. Oktober umbenannt

Der Straßenname erinnert künftig an die im KZ Theresienstadt gestorbene ehemalige Direktorin des früheren jüdischen Blindenheims von Steglitz, Betty Katz (1872-1944)

 17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Ahmetovic: Berlin muss Weg für Israel-Sanktionen freimachen

Der SPD-Politiker fordert, dass die schwarz-rote Koalition ihre »Blockadehaltung« beendet und die Vorschläge von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für konkrete Maßnahmen gegen den jüdischen Staat unterstützt

 17.09.2025