Als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet – auf diese Formel ließe sich die Geschichte des »Bündnis Sahra Wagenknecht« (BSW) bringen. Nachdem seine Gründerin 2023 der Partei »Die Linke« Lebewohl gesagt hatte, um die Politik aufzumischen, sah sich das BSW schon überall als Zünglein an der Waage. Zehn Prozent und mehr würden für sie stimmen, hieß es lange in den Umfragen. Aus dem Stand heraus fuhr das BSW zweistellige Ergebnisse in Sachsen, Thüringen und Brandenburg ein. In Magdeburg und Potsdam wurde die Partei so zum Königsmacher. Bei der Bundestagswahl aber scheiterte man denkbar knapp an der Fünfprozenthürde.
Die Ernüchterung kam rasch. Erst brodelte es heftig zwischen Wagenknecht und dem Thüringer Landesverband, und nun herrschen auch in Brandenburg Chaostage. BSW-Fraktionsvize Christian Dorst hatte Holocaust relativierende Aussagen eines AfD-Politikers gedeckt, um daraufhin die Kritik von Zentralratspräsident Josef Schuster an diesen Äußerungen als »wahrhaft perfide« und »Instrumentalisierung des Holocaust« zu bezeichnen. Das sorgte für Wirbel, Dorst trat zurück.
Die Gefahr, dass eine andere Wagenknecht irgendwann kommt und klüger agiert, bleibt bestehen.
Koalitionsärger gab es obendrein, weil man aufgrund des Drucks der Berliner Parteizentrale gegen eine Änderung der Medienstaatsverträge gestimmt hatte, weshalb drei Abgeordnete wegen »autoritärer Tendenzen« das BSW verließen.
Wagenknechts Projekt, linke und rechte Positionen jenseits der Mitte unter einen Hut zu bringen, scheint krachend gescheitert. Das mag erst einmal beruhigen. Dennoch bleibt ein übler Nachgeschmack. Offensichtlich gibt es hierzulande ein Wählerpotenzial, das Sozialleistungen lieber nur Deutschen zukommen lassen möchte, mit einer Autokratie wie Russland null Probleme hat, umso mehr dagegen mit Israel – für all das steht das BSW.
Warum man Schiffbruch erleiden musste, lag also nicht an den Inhalten, sondern am Personal, allen voran an Wagenknecht und ihrem Politikstil nach Gutsfrauenart. Die Gefahr, dass eine andere Wagenknecht irgendwann kommt und klüger agiert, bleibt aber bestehen.
Der Autor ist Historiker und freier Journalist in Berlin.