Rabbiner Julian-Chaim Soussan

Vom Paradies zum Kibbuz

Rabbiner Julian-Chaim Soussan Foto: Marco Limberg

Was soll eigentlich ein »jüdischer Garten« sein? Das wurde ich oft gefragt, wenn ich erzählte, dass ich zur Expertenkommission gehörte, die bei den »Gärten der Welt« in Berlin-Marzahn auch einen jüdischen Garten plante.

VERTREIBUNG Eine gute Frage, denn während bestimmte Kulturen die Beschäftigung mit der Natur zur spirituellen Erfahrung gemacht haben, scheint solch ein Bestreben dem Judentum fremd. Zumal es Juden historisch oft nicht erlaubt war, Land zu besitzen. Auch die Geschichte der Vertreibung lehrt, dass Juden oft nicht die Zeit hatten, so etwas Langfristiges wie einen Garten anzulegen – schon gar nicht als kontemplativen Ort.

Juden hatten durch Vertreibung
oft nicht die Zeit, so etwas Langfristiges
wie einen Garten anzulegen.

Dennoch finden sich bereits in der Tora viele Hinweise zur Natur. So ist der erste Ort, den die Menschheit bewohnt, der Paradiesgarten, Awraham sitzt im Baumhain Mamres, und die Opferungen, die im Tempel stattfanden, beziehen sich auch auf den Ertrag des Feldes. Auch religiöse Fragen, etwa nach Besamim, der Duftpflanze, die man am Schabbatausgang riecht, berühren Garten- und Landwirtschaft. Und nicht zuletzt gibt es die Kibbuzim, die Israel zum Agrarland machten.

WETTBEWERB Den Berliner Wettbewerbsteilnehmern standen also viele Möglichkeiten offen, um den einen Jüdischen Garten zu planen. Der leitende Gedanke war, dass ein solcher Garten sehr wohl das Judentum oder zumindest einzelne Aspekte räumlich erfahrbar machen kann. Entsprechend wurden sowohl historische, mystische, als auch religiös idealtypische oder symbolische Gartenentwürfe von den Wettbewerbsteilnehmern eingereicht.

Am Ende gewann ein »Mitmach-Garten«. Die Grundidee: Auf einer von Wegen durchzogenen Fläche werden Nutz- und Zierpflanzen angebaut, die einen Bezug zum Judentum haben. Zudem werden zwei Pavillons errichtet, in denen auch Feste durchgeführt werden können. Denn zum sinnlichen Erleben des Judentums gehören auch Feiern.

Der Autor ist Rabbiner in Frankfurt/Main und beriet die »Gärten der Welt« in Berlin.

Meinung

Kann die Berlinale diesmal Israel-Bashing verhindern?

Das Film-Festival hat eigens FAQ zum Nahostkonflikt veröffentlicht und distanziert sich darin gleich von der Antisemitismus-Resolution des Bundestages

von Maria Ossowski  14.02.2025

Einspruch!

Holt sie aus der Hölle raus

Sabine Brandes fordert, alles dafür zu tun, um auch die letzten verbliebenen Geiseln zu retten

von Sabine Brandes  13.02.2025

Meinung

Kanye West und der grassierende Antisemitismus in den USA

Die neuesten judenfeindlichen Eskapaden des Rapstars sind symptomatisch für eine bedrohliche Diskursverschiebung, die von Donald Trump und Elon Musk befeuert wird

von Ruben Gerczikow  10.02.2025

Meinung

Da kann man sich gleich Björn Höcke einladen

UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese hätte an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität sprechen sollen. Dabei hat sie sich für den akademischen Diskurs disqualifiziert

von Ralf Balke  10.02.2025

Meinung

Antisemitismus an Kunsthochschulen: Eine Kultur des Wegschauens

Die Serie antisemitischer Vorfälle an Ausbildungsstätten für angehende Künstler reißt nicht ab. Warum sind die Hochschulen offenkundig außerstande, das Problem in den Griff zu kriegen?

von Klemens Elias Braun  10.02.2025

Kommentar

Antisemitismus: Was ist da los in Berlin?

Die judenfeindlichen Straftaten sind rückläufig. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Ein Bundesland sticht negativ hervor

von Michael Thaidigsmann  09.02.2025

Bildung

Wissenschaftsfreiheit und Antisemitismus

Die Bundestagsresolution gegen Judenhass an Hochschulen und die Verantwortung der Universitäten. Ein Gastkommentar von Frederek Musall

von Frederek Musall  07.02.2025

Meinung

Vielleicht müssen erst alte Gewissheiten zerbrechen?

Die Welt tobt über Trumps Vorschlag für die Zukunft des Gazastreifens. Doch die Reaktion zeigt, wie viele Menschen Illusionen anhängen, wenn es um den Nahostkonflikt geht

von Daniel Neumann  07.02.2025

Meinung

München als Mahnung

Die Stadt brauchte 55 Jahre, um sich dazu durchzuringen, den Opfern des Brandanschlags auf das jüdische Gemeindehaus in der Reichenbachstraße ein Denkmal zu setzen. Die Täter sind bis heute nicht gefunden

von Georg M. Hafner  06.02.2025