Daniel Killy

Und täglich grüßt die Gewaltspirale

Die Berichterstattung deutscher Medien zum Beschuss Israels durch die Terrororganisation Hamas ist empörend

von Daniel Killy  21.05.2021 08:56 Uhr

Die Berichterstattung deutscher Medien zum Beschuss Israels durch die Terrororganisation Hamas ist empörend

von Daniel Killy  21.05.2021 08:56 Uhr

Terror und Gewalt, das wissen Historiker wie Despoten gleichermaßen, spiegeln sich stets auf einer zweiten Ebene – als Krieg der Worte. Das war früher so, wenn die Propaganda irgendwelcher Potentaten deren Gräueltaten schönreden ließ. Und das ist heute bei einer Vielzahl deutscher Medien – ob Print, TV oder online – so, wann immer Israel in einer Situation ist, sich um seiner Existenz willen wehren zu müssen.

Der Begriff der Täter-Opfer-Umkehr, ursprünglich von skrupellosen Verteidigern in den USA benutzt, um Vergewaltigungs- oder Rassismus-Opfern eine Mitschuld an den Verbrechen gegen sie anzuhängen, ist auch in der modernen Antisemitismusforschung bekannt. Ob er den meisten Journalistenkollegen hierzulande geläufig ist, darf bezweifelt werden. Fakt ist, dass im Kontext mit Israel in den meisten Fällen die Ratio komplett aussetzt.

LOGIK So schrieb die Deutsche Presse-Agentur, nachdem am 12. Mai in Gelsenkirchen Terror-Sympathisanten minutenlang »Scheiß-Juden« gebrüllt hatten, in einer ersten Fassung, »während der unangemeldeten Versammlung seien auch anti-israelische Rufe skandiert worden«. Man muss schon die Juden pars pro toto für verachtenswert halten, damit diese Logik auch der Semantik standhält.

Für den Paradigmenwechsel bei der Wahrnehmung Israels zu sorgen, ist der Job von Politik und Mehrheitsgesellschaft.

In den Nachrichtensendungen der Öffentlich-Rechtlichen hingegen gibt es ein anderes Phänomen – das der Verharmlosung durch Einzelbegriffe (und somit Schuldumkehr). Da wird die Hamas, von EU und USA als Terrororganisation definiert, als »radikal-islamisch« bezeichnet und deren Terrorkämpfer sind »radikale Palästinenser«. Warum nicht einfach Terroristen sagen?

Weil dann das ganze argumentative Konstrukt der »Spirale der Gewalt« zusammenbräche, dieses Begriffs, der suggeriert, es stünden sich zwei Kriegsparteien auf Augenhöhe gegenüber – und nicht vom Iran gesponserte Terrorbanden, die einen demokratischen Staat mit Raketen eindecken. Es ist eben kein »Konflikt«, der »eskaliert«, indem Israel »unverhältnismäßig« reagiert.

IGNORANZ Da es in unserer Medienlandschaft im Unterschied zu Diktaturen nichts Systemisches gibt, also keine politische Autorität steuert, welche Meinung wo erscheinen darf, kann es sich folglich bei dem Verhalten so vieler Kollegen im Fall Israel nur um Ignoranz oder ideologische Tat handeln.

Beides ist schwer zu kurieren. Doch diese Heilung darf nicht die Aufgabe der Juden hierzulande sein. Für den Paradigmenwechsel bei der Wahrnehmung Israels zu sorgen, das ist der Job von Politik und Mehrheitsgesellschaft. Damit der Krieg der Worte nicht von deutschen Journalisten geführt wird. Und auch, damit »Scheiß-Juden« ein Fall für die Gerichte wird.

Der Autor ist freier Redakteur.

Nils Kottmann

Israels Existenzrecht ist keine Provokation, sondern Staatsräson, Frau Özoğuz

Noch während Iran den jüdischen Staat attackierte, gab die Bundestagsvizepräsidentin (SPD) bereits Israel die Schuld an dem Angriff auf seine Bürger

von Nils Kottmann  25.04.2024

Michael Thaidigsmann

Die UNRWA-Prüfung hat keine Konsequenzen

Der Prüfbericht liegt vor, Berlin nimmt seine Förderung des Palästinenserhilfswerks wieder auf. Das könnte sich noch rächen

von Michael Thaidigsmann  25.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Meinung

Erinnert euch an Ägypten

Die wenigsten ägyptischen Juden haben ihre Heimat aus religiöser Sehnsucht verlassen – sie wurden vertrieben

von Mascha Malburg  22.04.2024

Meinung

Gezielte Aktionen gegen das iranische Regime werden weitergehen müssen

Warum Teheran nicht nur eine Gefahr für die Region, sondern auch für die Ukraine ist

von Saba Farzan  19.04.2024

Meinung

Den Ball flach halten

Warum die israelische Antwort auf den iranischen Angriff vom vergangenen Wochenende eher verhalten ausgefallen ist

von Ralf Balke  19.04.2024

Thüringen

Die Betroffenen nicht im Stich lassen

Es braucht den langfristigen Ausbau der fachspezifischen Gewaltopferberatungsstellen

von Franz Zobel  17.04.2024

Frederik Schindler

Zeit für eine neue deutsche Iran-Politik

Deutschland sollte das Mullah-Regime nicht länger hofieren, sondern unter Druck setzen

von Frederik Schindler  17.04.2024

Sigmount A. Königsberg

Ein Dankeschön an die Polizei

Die Verantwortlichen bei der Berliner Polizei und der Senatsverwaltung für Inneres haben im Kampf gegen Antisemitismus viel dazugelernt

von Sigmount A. Königsberg  16.04.2024