Sabine Brandes

Türkei und Israel: Alte neue Verbündete?

Sabine Brandes Foto: privat

Sabine Brandes

Türkei und Israel: Alte neue Verbündete?

In der Gefahr, in der sich die Welt momentan befindet, sollte jedes Angebot zur Versöhnung in Betracht gezogen werden

von Sabine Brandes  22.03.2022 10:35 Uhr

Gute Worte gab es seit mehr als zwölf Jahren keine. Wenn überhaupt gesprochen wurde, waren es Beschuldigungen, die man einander aus der Ferne an den Kopf warf. Vor Kurzem dann flog der israelische Präsident Isaac Herzog in die Türkei. Es war der erste Staatsbesuch aus Jerusalem seit 2008. Mit ihm in der Maschine war die Hoffnung, dass die einstigen engen Verbündeten wieder zueinander finden könnten.

Bei dem Besuch wurden Nettigkeiten und archäologische Artefakte ausgetauscht, ein Gegenbesuch versprochen. Es ist gut, dass man wieder miteinander redet. Denn Freunde sind wichtig, vor allem inmitten einer der schwersten Krisen, die die Welt in den vergangenen Jahrzehnten gesehen hat, dem Einmarsch Russlands in die Ukraine.

eigennutz Ob der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan allerdings als echter Freund Israels bezeichnet werden kann, ist fraglich. Zwar gab er sich neben Herzog versöhnlich und bezeichnete Antisemitismus als »Verbrechen gegen die Menschlichkeit«, doch es geht dabei eher um Eigennutz als um eine plötzlich gefundene Humanität.

Im Hinblick auf die zunehmende Isolierung der Türkei in der Region und die schwere Wirtschaftskrise im Land muss Erdogan dringend sein Image aufpolieren.

Im Hinblick auf die zunehmende Isolierung der Türkei in der Region und die schwere Wirtschaftskrise im Land muss Erdogan dringend sein Image aufpolieren. Neben Israel versucht er, die Beziehungen zu anderen Nahost-Ländern zu verbessern, allen voran Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate. Jerusalem versteht sich mit ihnen seit den Abraham-Abkommen prächtig, während Ankara immer mehr ins Abseits gerät.

freundschaft Wenn die Israelis den Türken wieder freundlicher gesinnt sein wollen, müssen sie darauf achten, dass das strategische Bündnis mit Griechenland und Zypern keinen Schaden nimmt. Gut, dass Herzog vor seinem Türkei-Besuch nach Athen und Nikosia flog, um klarzustellen, dass die Freundschaft bestehen bleibt.

Israel tut gut daran, in die ausgestreckte Hand Erdogans einzuschlagen. In der Gefahr, in der sich die Welt momentan befindet, sollte jedes Angebot zur Versöhnung in Betracht gezogen werden. Zu schnell könnte die brennende Lunte in Osteuropa auch den Nahen Osten in Brand stecken – und dann ist jeder Feind einer zu viel.

redaktion@juedische-allgemeine.de

Meinung

Nichts als Fußball spielen!

Wie das Grümpelturnier von Maccabi Schweiz in Zürich für Ablenkung sorgt: Betrachtungen einer jüdischen Amateur-Fußballerin

von Nicole Dreyfus  24.06.2025

Meinung

Europa fehlt bei seiner Iran-Politik der Kompass

Wenn wir Israel jetzt allein lassen, riskieren wir nicht nur dessen Zukunft, sondern auch unsere eigene, meint Oliver Rolofs

von Oliver Rolofs  24.06.2025

Israel

Netanjahu: Nach Gespräch mit Trump keine Angriffe mehr auf Iran

Nachdem der Iran die Waffenruhe gebrochen und Jerusalem reagiert hat, betont der Ministerpräsident, von weiteren Attacken abzusehen

 24.06.2025

Meinung

Hamza Howidys Stimme braucht das Land

Dem Friedensaktivisten Hamza Howidy aus Gaza droht die Abschiebung nach Griechenland. Doch dort wäre er in Gefahr. Deutschland sollte dem Hamas-Gegner daher Schutz gewähren

von Sabine Brandes  24.06.2025

Essay

Der Fall des Assad-Regimes und die Folgen für den Nahen Osten

Eine Analyse von Simon Jacob

von Simon Jacob  24.06.2025

Kommentar

Antisemitismus hat leider schon lange einen Platz in Deutschland

Vernichtungsfantasien gegen Juden scheinen konsensfähig zu sein, wie die Ereignisse vom Wochenende in Berlin wieder einmal zeigen

von Sigmount A. Königsberg  24.06.2025

Essay

Resilienz in Flip-Flops und Pyjamas

Eine Besucherin aus der Schweiz schildert ihre Eindrücke aus einem Schutzraum in Tel Aviv

von Joëlle Fiss  23.06.2025

Meinung

Die Schah-Flagge ist kein Symbol für Demokratie

Die Löwenfahne mag für manche iranische Oppositionelle ein Zeichen des Widerstands sein. Doch sie steht für eine repressive Vergangenheit statt für ein progressives Morgen

von Ruben Gerczikow  23.06.2025

Meinung

Frieden nach dem Krieg?

Um den Kampf für Freiheit und Demokratie zu gewinnen, ist ein Ende des mörderischen Regimes in Teheran nötig

von Esther Schapira  24.06.2025 Aktualisiert