Meinung

Trump und Israel: Eine unbequeme Wahrheit

Philipp Peyman Engel Foto: picture alliance/dpa

Es ist eine unbequeme Wahrheit – und trotzdem muss sie klar und deutlich ausgesprochen werden: Ohne die unmissverständliche Drohung des designierten US-Präsidenten Donald Trump hätte es das Abkommen über die Freilassung dutzender israelische Geiseln und über eine Feuerpause in Gaza niemals gegeben.

Genau anderthalb Monate ist es her, als sich Trump auf Social Media mit drastischen Worten an die palästinensische Terrororganisation Hamas wandte: »Diejenigen, die für die Verschleppung der Geiseln verantwortlich sind, werden härter getroffen werden, als irgendjemand in der langen und geschichtsträchtigen Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika jemals getroffen wurde.« In Großbuchstaben fügte Trump hinzu: »Lasst die Geiseln jetzt frei«. Ansonsten werde die Hölle los sein, versprach Trump.

Vergangene Woche wiederholte der Republikaner seine Drohung und gab vor Journalisten in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida auf die Frage, was passiere, wenn die Geiseln nicht bis zu seiner Amtseinführung am 20. Januar zurück seien, die Antwort: »Dann wird im Nahen Osten die Hölle losbrechen, und das wird nicht gut für die Hamas sein, und es wird – offen gesagt – für niemanden gut sein.«

Wenig später zeigte sich, dass die Hamas, die einen Geisel- und Feuerpause-Deal monatelang attackiert hatte, einlenkte und Trump genau das gab, was er forderte. Doch auch Israels Premierminister Benjamin Netanjahu soll politischen Beobachtern zufolge auf Druck von Trump hin von bestimmten Maximalforderungen abgewichen sein.

Das zu konstatieren, mag manchem nicht leichtfallen. Denn Donald Trump wird im Allgemeinen und in Deutschland im Besonderen zu Recht ebenso hart wie hartnäckig kritisiert. Für seinen Politikstil, der für jeden Mitteleuropäer eine Zumutung darstellen muss. Für seine Aussagen über Frauen, Behinderte, Homosexuelle, Schwarze und Juden. Für sein Verhältnis zur Demokratie. Oder genauer: Für seine gefährlichen Attacken auf die demokratischen Institutionen und die Gewaltenteilung. Für seine Nähe zu gewaltbereiten Rechtsextremisten. Für seine Straftaten. Für seine Aufwiegelung zum Hass beim Sturm aufs Kapitol. All das muss jeden, der demokratischen Werten verpflichtet ist, in hohem Maße umtreiben.

Die Hamas ist kein gewöhnlicher politischer Player. Im Umgang mit ihr gelten andere Maßstäbe.

Trumps Nahostpolitik der maximalen Abschreckung und Härte sollten die Europäer und insbesondere das notorisch »israelkritische« Auswärtige Amt in Berlin jedoch nicht reflexartig verurteilen, sondern es sich vielmehr zum Vorbild nehmen. Denn die Hamas ist kein gewöhnlicher politischer Player. Im Umgang mit ihr gelten andere Maßstäbe.

Mit Terroristen, die erklärtermaßen Israel auslöschen wollen – und mit dem jüdischen Staat weltweit jeden Juden –, mit Terroristen, die das schlimmste Massaker an Juden seit dem Holocaust zu verantworten haben, muss naturgemäß anders verhandelt und kommuniziert werden als etwa im NATO-Rat mit ihren 32 fast ausschließlich vorbildlich demokratischen Mitgliedstaaten. Zur Logik des Nahen Ostens gehört es indes, dass nur die glaubhafte Abschreckung und maximale militärische Stärke der USA dazu beitragen, terroristische Aktivitäten in der Region zumindest im Zaum zu halten.

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Umso verwunderlicher klingen vor diesem Hintergrund die Worte von Außenministerin Annalena Baerbock nach der Verkündung des Geiseldeals Mitte dieser Woche im »ARD Morgenmagazin«. Die Grünen-Politikerin hatte in den vergangenen zwölf Monaten keine Gelegenheit ausgelassen, daran zu arbeiten, Israel öffentlich anzuklagen und international zu isolieren, während sie die Rolle des schiitischen Terror-Feuerrings nahezu verschwieg.

Im Ersten und auf einer Parteiveranstaltung in Jena ließ sie jetzt anklingen, dass es auch die Bemühungen der Bundesregierung gewesen seien, die endlich Erfolge erzielt hätten. Mal abgesehen davon, wie dreist ihre emotionalen Einlassungen (O-Ton Baerbock: »Ich habe in der Nacht so bewegende Nachrichten bekommen. Ui, jetzt steigen mir doch fast wieder die Tränen in die Augen.«) angesichts ihrer Nahostpolitik und die durch sie massiv gestörten deutsch-israelischen Beziehungen wirken müssen: Jeder politische Beobachter weiß, dass die Rolle der Bundesregierung bei den Verhandlungen gleich null war.

Hand aufs Herz: Donald Trump hat noch vor seinem Amtsantritt in Israel und Gaza mehr erreicht als die Europäer und sein Amtsvorgänger in den vergangenen 13 Monaten. Mehr als ein Jahr hat die Biden-Administration mit der Hamas und mit Israel über die Freilassung von Geiseln samt Feuerpause verhandelt. Erfolge gab es in diesem langen Zeitraum dahingehend nicht.

Ja, es gibt leider zahlreiche, sehr gewichtige Gründe, Donald Trump zu kritisieren. Seine Israel- und Nahostpolitik gehören indes ganz sicher nicht dazu. Im Gegenteil: Sie sind ein Grund zur Hoffnung. Für Israel, genauso wie auch für all jene Zivilisten in Gaza, die wie ihre jüdischen Nachbarn sich nichts sehnlicher wünschen, als endlich in Frieden und in Freiheit zu leben.

engel@juedische-allgemeine.de

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