Einspruch

Sehen und gesehen werden

Sabine Brandes Foto: privat

Einspruch

Sehen und gesehen werden

Sabine Brandes sieht in der Pride Parade von Tel Aviv und Jerusalem ein Zeichen der Toleranz und Vielfalt in Israel

von Sabine Brandes  15.06.2023 08:39 Uhr

Sie ist ein Vierteljahrhundert alt und kein bisschen leise: die Pride Parade von Tel Aviv. Vor einer Woche feierten wieder mehr als 150.000 Menschen an der Strandpromenade der Mittelmeer-Metropole unter dem Regenbogen – aufgedreht, laut, unübersehbar und voller Lebenslust. Und das zum 25. Mal.

Es gibt viele in Israel, die die Parade der LGBTQ-Gemeinschaft am liebsten nie wieder sehen oder hören würden. Ultraorthodoxe und rechtsextreme Abgeordnete haben sich wiederholt gegen die Parade in Jerusalem ausgesprochen und die in Tel Aviv als »Biester-Show« verunglimpft. Likud-Minister Amichai Chikli bezeichnete die Parade als »schändliche Vulgarität« und schrieb in den sozialen Medien: »Sexualität ist eine banale Angelegenheit.«

gesellschaft Er fände es schöner, so Chikli, wenn sie »gedämpft« sei. Leider verfehlte der Minister mit seinen Aussagen das Thema. Denn bei der Parade geht es nicht vorrangig darum, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Sexualität präsentieren. Oberflächlich mag das so sein, doch in erster Linie geht es ums Sehen und Gesehenwerden – und zwar als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft.

Ich weiß nicht, ob Sarit Ahmed auf der Pride Parade dabei war. Aber einen Tag später war die junge drusische Frau tot. Mit mehreren Schüssen in den Oberkörper ermordet. Vermutlich von einem ihrer Brüder, die ihr mehrfach mit dem Tod gedroht hatten. Immer heimlich, still und leise. Ihr einziges Vergehen war ihre sexuelle Orientierung. Sarit war sieben Jahre jünger als die Pride Parade.

Ihr Tod hat viele Menschen in Israel erschüttert. Er macht gleichzeitig deutlich, dass die Pride Parade nicht nur – noch immer – ihre Berechtigung hat, sondern überlebenswichtig für viele Mitglieder der queeren Gemeinschaft ist. Denn das Motto ist nicht nur sehen und gesehen werden, sondern auch: leben und leben lassen. Gut, dass die Mehrheit in Israel das genauso sieht.

Die Autorin ist Israel-Korrespondentin der Jüdischen Allgemeinen und lebt in Tel Aviv.

Meinung

Die AfD schreckt vor nichts mehr zurück

Im Bundestag bagatellisiert die AfD sogar den Völkermord an bosnischen Muslimen 1995, um gegen Muslime in Deutschland zu hetzen

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  10.07.2025

Meinung

BSW und AfD: Zwei Ausprägungen desselben autoritären Denkens

Sahra Wagenknecht und ihre Partei nähern sich den Rechtsextremen immer weiter an. Spätestens jetzt ist klar: Am BSW gibt es nichts Progressives

von Igor Matviyets  09.07.2025

Meinung

»Demokratie leben« braucht eine Inventur

Die Idee hinter dem Förderprogramm des Bundes mag gut sein, die Umsetzung ist es nicht. Viel zu oft profitieren Extremisten und Israelhasser von den öffentlichen Geldern

von Lennart Pfahler  08.07.2025

Michael Roth

Warum Jean Asselborn nicht mehr mein Freund ist

Luxemburgs langjähriger Außenminister verbreitet bei Tilo Jung Verschwörungstheorien über Israel. Nun kündigt ihm ein sozialdemokratischer Weggefährte die Freundschaft

von Michael Roth  07.07.2025 Aktualisiert

Meinung

New York: Zohran Mamdani und der Clash der Generationen

Der Bürgermeisterkandidat der Demokraten wurde nicht zuletzt wegen seiner antizionistischen Haltung gewählt. Während er unter jungen jüdischen New Yorkern Unterstützer hat, stehen die älteren überwiegend fest an Israels Seite

von Hannes Stein  06.07.2025

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Kommentar

Liebe statt Tod

Die israelische Armee kämpft für unsere Freiheit, auch die der verlorenen Seelen auf dem Glastonbury-Musikfestival, die den Tod israelischer Soldaten gefordert haben

von Frank Schmiechen  03.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025