Rabbiner Jonah Sievers

Pflicht oder Verpflichtung

Es ist eine Mizwa, sich impfen zu lassen. Wir sollten unsere Autonomie verantwortungsbewusst nutzen

von Rabbiner Jonah Sievers  25.07.2021 08:07 Uhr

Rabbiner Jonah Sievers Foto: Gregor Zielke

Es ist eine Mizwa, sich impfen zu lassen. Wir sollten unsere Autonomie verantwortungsbewusst nutzen

von Rabbiner Jonah Sievers  25.07.2021 08:07 Uhr

Fast von Beginn der Pandemie an – ohne zu wissen, wie sehr sie sich auswirken würde oder wie schnell überhaupt Impfstoffe zur Verfügung stehen würden – schloss die Politik aus, dass es zu einer Impfpflicht kommen würde. Ich habe mich schon damals gefragt, warum die Politik sich – ohne Not – dieses Ins­truments entledigt hat. Immerhin könnte es ja zu einer Situation kommen, in der alle Alternativen zu einer Impfpflicht negativ wären. In diesem Fall ist die Einführung einer Impfpflicht nur unter großem Vertrauensverlust zu erreichen.

Natürlich sind staatlich angeordnete Zwangsmaßnahmen zu vermeiden, wann immer dies möglich ist. Natürlich ist es viel besser, auf die Einsicht einer jeden, eines jeden zu setzen. In einem solchen Fall erübrigt sich die Frage natürlich. Auch wenn es, was zu hoffen ist, wirksame Medikamente gegen Covid-19 geben wird, ist die Frage nach einer Impfpflicht obsolet, da ein solcher Eingriff nicht mehr verhältnismäßig wäre.

Es besteht kein Zweifel daran, dass Impfen das eigene Leben und das Leben anderer schützt.

Es besteht kein Zweifel daran, dass Impfen das eigene Leben und das Leben anderer schützt. Aus diesem Grund habe ich schon immer die Meinung vertreten und in der Manier Cato des Älteren bei jeder Gelegenheit erwähnt, dass es eine Mizwa ist, sich impfen zu lassen. Hieraus folgt, dass aus Sicht der Halacha Gemeinden recht handeln würden, Zugang zu Schulen oder auch Synagogen nur für Geimpfte zu erlauben.

Auch wenn dies Diskussionen sind, die wir alle nicht führen wollen, fürchte ich, dass wir zu den kommenden Hohen Feiertagen wieder schwierige Entscheidungen treffen müssen. Ich vertraue immer noch auf unser aller Einsichtsfähigkeit. Darauf, dass wir unsere Autonomie verantwortungsbewusst nutzen.

Der Autor ist Gemeinderabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Kommentar

Zeit für ein Machtwort, Herr Woidke!

Brandenburg hat immer noch keinen Antisemitismusbeauftragten - dabei ist der jüngste Verfassungsschutzbericht alarmierend

von Michael Thaidigsmann  03.05.2024

Meinung

Propaganda-Krieg vor Gericht

Wie Israel kriminalisiert und das Gesetz zur Waffe im politischen Kampf gegen den jüdischen Staat wird

von Rafael Seligmann  02.05.2024

Nils Kottmann

Steinmeier auf Kuschelkurs mit einem Terrorfreund

Der Bundespräsident untergräbt mit seiner Schmeichelei gegenüber Recep Tayyip Erdogan einmal mehr Deutschlands Staatsräson

von Nils Kottmann  26.04.2024

Michael Thaidigsmann

Die UNRWA-Prüfung hat keine Konsequenzen

Der Prüfbericht liegt vor, Berlin nimmt seine Förderung des Palästinenserhilfswerks wieder auf. Das könnte sich noch rächen

von Michael Thaidigsmann  25.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Meinung

Erinnert euch an Ägypten

Die wenigsten ägyptischen Juden haben ihre Heimat aus religiöser Sehnsucht verlassen – sie wurden vertrieben

von Mascha Malburg  22.04.2024

Saba Farzan

Gezielte Aktionen gegen das iranische Regime werden weitergehen müssen

Warum Teheran nicht nur eine Gefahr für die Region, sondern auch für die Ukraine ist

von Saba Farzan  19.04.2024

Ralf Balke

Den Ball flach halten

Warum die israelische Antwort auf den iranischen Angriff vom vergangenen Wochenende eher verhalten ausgefallen ist

von Ralf Balke  19.04.2024

Franz Zobel

Die Betroffenen nicht im Stich lassen

Es braucht den langfristigen Ausbau der fachspezifischen Gewaltopferberatungsstellen

von Franz Zobel  17.04.2024