Boris Moshkovits

Pessach: Freiheit im Lockdown-Jojo

Eine grundlegende Debatte über die Gesellschaft, in der wir leben wollen, ist unumgänglich

von Boris Moshkovits  25.03.2021 08:39 Uhr

Boris Moshkovits Foto: Gregor Zielke

Eine grundlegende Debatte über die Gesellschaft, in der wir leben wollen, ist unumgänglich

von Boris Moshkovits  25.03.2021 08:39 Uhr

Vor rund einem Jahr, kurz nach Purim, begannen wir, die Synagogen zu meiden und die Feste nicht mehr mit der Familie im Ganzen zu feiern, um uns gegenseitig zu schützen. Wie steht es 2021 um unsere Liebsten, unser Miteinander und unsere Freiheit? Sitzen bald wieder Juden gemeinsam am Sedertisch, links angelehnt, und erinnern sich an das Vermächtnis des Auszugs aus Ägypten und die endlich erlangte Freiheit?

Was bedeutet diese Freiheit in Zeiten von Corona? Endlich wieder in Geschäften einzukaufen? Sich endlich wieder mit Freunden und der Großfamilie zu treffen? Endlich die Urlaubsreisen nachzuholen, die abgesagt werden mussten? Oder sind wir frei, wenn wir geimpft sind und zumindest selbst nicht mehr erkranken können?

NORMALITÄT In Israel beispielsweise erlaubt der Impfstatus den Geimpften, sich wieder uneingeschränkt im öffentlichen Raum zu bewegen – wenn auch noch mit Masken. Aber es gibt für sie keine Ausgehverbote oder Sperrstunden. Kultur- und Gastronomiebetriebe nehmen ihre Geschäfte wieder auf, und es gibt einen Hauch von Normalität für eine Gruppe Auserwählter. In Deutschland hingegen bietet sich ein anderes Bild – und auch ein anderes Verständnis von Freiheit und Gerechtigkeit.

Fast, als gäbe es keine Einschränkungen, bewegen sich Teile der Bevölkerung ohne Maske, ohne Reue und ohne Rücksicht, während die Regierung Impfreihenfolgen diskutiert.

Fast, als gäbe es keine Einschränkungen, bewegen sich Teile der Bevölkerung ohne Maske, ohne Reue und ohne Rücksicht, während die Regierung Impfreihenfolgen diskutiert und in einem Lockdown-Jojo gefangen scheint. Demonstrationen gegen die Regierungspolitik und Angriffe auf die demokratischen Institutionen werden geduldet. »Denn die Freiheit ist auch immer die Freiheit der Andersdenkenden«, so das politische Vermächtnis einer anderen Epoche deutscher Geschichte.

DEMOKRATIE Es bleibt die Frage: Wie viel persönliche Freiheiten im Umgang mit der Corona-Bedrohung können wir uns herausnehmen, wenn wir als Gesellschaft wieder in uneingeschränkter Freiheit leben wollen?

Vor allem offenbart die Corona-Krise auch ganz klar: Eine grundlegende Debatte über die Gesellschaft, in der wir leben wollen, ist unumgänglich. Es geht nicht nur um die Interpretation von Freiheit, sondern auch von Demokratie und Gemeinschaft. LeSchana Haba’ah B’Jeruschalajim – nächstes Jahr in Jerusalem!

Der Autor ist freier Berater für digitale Strategien und Unternehmer in Berlin.

Meinung

Die Jüdischen Gemeinden müssen nachhaltiger werden

Auch die jüdische Gemeinschaft ist in der Pflicht, die Umweltverschmutzung zu bekämpfen

von Nathalia Schomerus  17.03.2023

Einspruch

Rechtsextreme als Schöffen verhindern

Doron Rubin plädiert dafür, die Verfassungstreue von Schöffen gesetzlich zu verankern

von Doron Rubin  17.03.2023

Lamya Kaddor

Tödlicher Antijudaismus

Die menschenverachtende und antisemitische Ideologie des Hamburg-Attentäters war bekannt. Hätte der Amoklauf verhindert werden können?

von Lamya Kaddor  14.03.2023

Ruben Gerczikow

Sportvereine: Kein Handschlag mit Nazis

Die Mär vom unpolitischen Sport muss endlich grundsätzlich hinterfragt werden

von Ruben Gerczikow  10.03.2023

Meinung

Die Hoffnung nicht verlieren

Unsere Redakteurin sorgt sich wegen der Justizreform um Israels Zukunft – und will gerade deshalb den Kontakt nicht abreißen lassen

von Ayala Goldmann  07.03.2023

Hajo Funke

Ein Mittel der Holocaust-Leugnung

Der Inhalt der gefälschten Hitler-Tagebücher wurde erst jetzt rekonstruiert und veröffentlicht – sie offenbaren einen Abgrund an Verzerrung, Geschichtsklitterung und Dreistigkeit

von Hajo Funke  03.03.2023

Aras-Nathan Keul

Symbol einer verfehlten Iran-Politik

Das Islamische Zentrum Hamburg ist laut Verfassungsschutz ein Außenposten der Islamischen Republik – und konnte sich dennoch auf der Leipziger Buchmesse für einen Stand anmelden

von Aras-Nathan Keul  03.03.2023

Meinung

Ethisch und moralisch am Ende

Die Reaktion von Rabbiner Walter Homolka auf das Urteil des Landgerichts Berlin lässt einmal mehr tief blicken

von Philipp Peyman Engel  01.03.2023

Reinhard Schramm

Maaßen, Prien und die CDU

Wie führende Parteimitglieder im Süden Thüringens den Spieß umdrehen und dabei der Partei Schaden zufügen könnten

von Reinhard Schramm  27.02.2023