Stefan Laurin

PEN Berlin war kurz davor, auf der Seite der Feinde Israels zu stehen

Stefan Laurin Foto: Roland W. Waniek

Am Sonntag beschloss der PEN-Berlin auf einer virtuellen Mitgliederversammlung die Resolution »Für den Schutz von Schriftsteller:innen und Journalist:innen im aktuellen Nahostkonflikt«.

Eine Reihe von Mitgliedern, zu denen auch ich zähle, waren mit dieser Resolution unzufrieden. Unter anderem Ronya Othmann, Anne Lepper, Jörg Phil Friedrich, Marko Martin, Ralf Bönt und Cornelia Fiedler distanzierten sich in einer gemeinsamen Erklärung, weil in ihr durch den Verteidigungskrieg Israels gegen die Hamas Getötete als Kollegen aufgeführt wurden, mit denen sie nichts zu tun haben wollen: Mustafa Al-Sawwaf zum Beispiel war ein Hamas-Funktionär, Refaat Alareer erklärte vor seinem Ableben, dass es keine sexualisierte Gewalt an israelischen Frauen gegeben habe und Berichte darüber israelische Propagandalügen seien.

»Zum Schutz der freien Presse gehört es, Journalismus von Terrorpropaganda zu unterscheiden«, heißt es in der von über 20 PEN-Berlin-Mitgliedern verfassten Stellungnahme.

Doch die angenommene Resolution war ein Kompromiss. Sie benannte deutlich, dass es die Hamas war, die mit ihrem Angriff auf Israel am 7. Oktober für den Krieg verantwortlich war und führte auch die Namen ermordeter israelischer Journalisten auf.

Bei der Abstimmung konnte sie sich nur knapp gegen einen anderen Resolutionsvorschlag durchsetzen, in dem der Angriff der Hamas nicht als Ursache für den Krieg benannt und Israel unterstellt wurde, in seinem Verteidigungskrieg, bei dem es nicht nur um die Vernichtung der Hamas, sondern auch um die Befreiung der noch immer festgehaltenen Geiseln geht, die Verhältnismäßigkeit der Kriegsführung außer Kraft zu setzen und gegen das Völkerrecht zu verstoßen.

Wäre diese an Einseitigkeit kaum zu übertreffende Erklärung angenommen worden, hätte es nicht nur eine öffentliche Distanzierung gegeben, sondern zahlreiche Austritte. Der PEN-Berlin, in Fragen des Umgangs mit Israel fast von Beginn an zutiefst zerstritten, stand vor dem Scheitern. Was bedauerlich gewesen wäre, denn mit seinem Einsatz für verfolgte Autoren, Debattenreihen über Meinungsfreiheit oder der Unterstützung für die Ukraine kann er in den wenigen Jahren seines Bestehens auf eine erfolgreiche Zeit zurückblicken.

Dass allerdings fast die Hälfte aller bei der Mitgliederversammlung Anwesenden eine Resolution unterstützt hat, die, zurückhaltend formuliert, von glühender Israelkritik geprägt war, zeigt ein weiteres Mal, wie sehr der Israelhass in der deutschen Kulturszene zum Alltag gehört.

Sicher, Kulturfunktionäre reden, allein schon aus Sorge vor weniger staatlicher Förderung, die Lage schön. Am Sonntag ist es knapp gelungen zu verhindern, dass der PEN-Berlin zu den Organisationen gehört, die sich auf die Seite der Feinde Israels, der einzigen Demokratie im Nahen Osten, stellen.

Lesen Sie auch

Es war ein Zufallsergebnis. Zwei Stimmen mehr auf Seiten der Feinde Israels, und auch der PEN-Berlin wäre gekippt. Es war wohl auch die Sorge vor wegbleibender staatlicher Unterstützung, die den GAU verhinderte. Wer wissen will, wozu die Antisemitismus-Resolution des Bundestages gut ist: dafür.

Der Autor ist freier Journalist und Herausgeber des Blogs Ruhrbarone.

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  08.12.2025

Vortrag

Über die antizionistische Dominanz in der Nahostforschung

Der amerikanische Historiker Jeffrey Herf hat im Rahmen der Herbstakademie des Tikvah-Instituts über die Situation der Universitäten nach dem 7. Oktober 2023 referiert. Eine Dokumentation seines Vortrags

 07.12.2025

Zwischenruf

Die außerirdische Logik der Eurovision

Was würden wohl Aliens über die absurden Vorgänge rund um die Teilnahme des jüdischen Staates an dem Musikwettbewerb denken?

von Imanuel Marcus  07.12.2025

Los Angeles

Schaffer »visionärer Architektur«: Trauer um Frank Gehry

Der jüdische Architekt war einer der berühmtesten weltweit und schuf ikonische Gebäude unter anderem in Los Angeles, Düsseldorf und Weil am Rhein. Nach dem Tod von Frank Gehry nehmen Bewunderer Abschied

 07.12.2025

Aufgegabelt

Plätzchen mit Halva

Rezepte und Leckeres

 05.12.2025

Kulturkolumne

Bestseller sind Zeitverschwendung

Meine Lektüre-Empfehlung: Lesen Sie lieber Thomas Mann als Florian Illies!

von Ayala Goldmann  05.12.2025

TV-Tipp

»Eigentlich besitzen sie eine Katzenfarm« - Arte-Doku blickt zurück auf das Filmschaffen von Joel und Ethan Coen

Die Coen-Brüder haben das US-Kino geprägt und mit vielen Stars zusammengearbeitet. Eine Dokumentation versucht nun, das Geheimnis ihres Erfolges zu entschlüsseln - und stößt vor allem auf interessante Frauen

von Manfred Riepe  05.12.2025

Köln

Andrea Kiewel fürchtete in Israel um ihr Leben

Während des Krieges zwischen dem Iran und Israel saß Andrea Kiewel in Tel Aviv fest und verpasste ihr 25. Jubiläum beim »ZDF-Fernsehgarten«. Nun sprach sie darüber, wie sie diese Zeit erlebte

 05.12.2025

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025